Yeti SB6c XO1 2015 Test

Die wahrhaft wunderschöne Rahmenform und das unverwechselbare Türkis lassen keinen Zweifel aufkommen: Beim SB6c handelt es sich um ein echtes Yeti. Es basiert, wie es sich für die Schmiede aus Colorado gehört, auf einer rennerprobten Geometrie, kommt mit allerhand technischen Neuerungen an und möchte die glorreiche Firmengeschichte fortsetzen.
Dieser Artikel ist Teil unseres Enduro Vergleichstests 2015.


Was auf den ersten Blick aussieht wie ein zweites Federbein, ist das Herzstück des neuen, Switch Infinity genannten Federungssystems. Es besteht im Wesentlichen aus zwei kashimabeschichteten Führungen, auf denen der untere Schwingendrehpunkt schwimmend gelagert ist. In der Theorie klingt das relativ kompliziert, funktioniert aber in der Praxis erstaunlich gut und simpel. Design und Verarbeitung des extrem seitensteifen Rahmens sind so, wie man es von einem Bike in dieser Preisklasse durchaus auch erwarten darf. Besonders gefallen haben uns die großzügig dimensionierten Lager an der Schwinge sowie die durchdachte Zugführung. Leider lösten sich die Gummiprotektoren zum Schutz der Kettenstrebe sehr schnell ab. Diese waren auch zwar schnell wieder angeklebt, aber es widerstrebte uns, an einem derart hochpreisigen Bike mit Klebstoff hantieren zu müssen.
Das Fahrgefühl des Yeti SB6c gleicht einer Offenbarung. Unbeirrbar drängt es schon ab der kleinsten Pedalbewegung vorwärts und selbst bei komplett offenem Dämpfer gibt es aufgrund der hervorragenden Kraftübertragung für das Rad nur eine Richtung: vorwärts. Die Sitzposition ist kompakt und zentral. Durch den flachen Lenkwinkel erfordert die Front zwar etwas mehr Kontrolle, aber wenn man darauf achtet, stets genug Druck aufs Vorderrad zu bringen, entpuppt sich das türkisfarbene Wunderbike als einer der besten Kletterer in seiner Federwegsklasse.

Das kommt nicht von ungefähr. Das hervorragende Ausstattungspaket sorgt für ein sagenhaftes Gesamtgewicht von 12,88 kg. Das Cockpit von Easton, bestehend aus einem 50-mm-Havoc-Vorbau und einem Havoc 35-Carbonlenker mit einer beachtlichen Breite von 800 mm (dieser kann bei Bedarf gekürzt werden), ein kompletter SRAM X01-Antrieb, die funktionelle und formschöne Thomson-Teleskopsattelstütze sowie die kraftvollen Shimano XT-Bremsen halten das Gewicht zwar niedrig, aber leider auch den Preis hoch.
Die große Stunde des Yeti schlägt bei der Abfahrt. Hier zeigt der souveräne Switch Infinity-Hinterbau seine ganze Klasse, egalisiert selbst gröbste Hindernisse und stellt die 152 mm Federweg so geschickt bereit, dass man stets das Gefühl hat, auf einem viel langhubigeren Bike zu sitzen. Trotz der hervorragenden Nehmerqualitäten bekommt der Fahrer stets ausreichend Rückmeldung über die Beschaffenheit des Untergrunds. Der FOX FLOAT X CTD harmoniert mit der Testsiegergabel unseres Vergleichstest, der FOX FLOAT 36, einfach perfekt.

Das ausbalancierte Fahrwerk macht sich besonders in Kurven bezahlt. Dank des kompakten Cockpits trifft man mit dem Rad jede noch so aggressive Linie. Anders, als es die Geometriedaten vermuten lassen, fühlt sich das Bike nicht an wie ein Downhiller, wirkt aber auch zu keiner Zeit nervös oder gar überfordert. Es vereint das Beste aus zwei verschiedenen Charakteren und ermutigt den Piloten stets dazu, alles zu geben.
Bei all den Superlativen drängt sich einem förmlich die Frage nach dem Haken an der Sache auf. Fahrverhalten, Komponentenauswahl und Fahrwerk bieten jedenfalls keinerlei Anlass zur Kritik. Mit diesem Bike ist man für jede Art von Gelände gerüstet und selbst die Downhillstrecke in Fort William stellte das Yeti vor keinerlei Probleme. Aber doch gibt es schließlich einen Wermutstropfen, nämlich den enorm hohen Preis. Dieser beträgt nahezu das Doppelte von dem, was die Bikes einiger Mitbewerber kosten. Sicher gibt es im Leben nichts geschenkt und wer das Beste vom Besten sein eigen nennen will, muss dafür tief in die Tasche greifen. Im Falle des Yeti heißt das 7.390 €. Aber wenn man ehrlich ist und sich fragt, ob das doppelt so teure Yeti auch doppelt so gut ist, gibt es nur eine richtige Antwort. Und die lautet „nein“.
Details




Spezifikation: Yeti SB6c XO1 2015
- Gabel: FOX 36 FLOAT Factory 152mm
- Dämpfer: FOX FLOAT X CTD 160mm
- Antrieb: SRAM X01 / X1
- Bremsen: Shimano XT
- Sattelstütze: Thomson Covert
- Vorbau: Easton Havoc 35
- Lenker: Easton Havoc 35 Carbon
- Reifen: MAXXIS Highroller II
- Laufradgröße: 27,5″
- Felgen: DT Swiss EX 471
- Naben: DT Swiss 350
- Preis: 7.390 €

Tops
- Switch Infinity-System mit überragender Funktion
- das Bike macht dich schneller
Flops
- geklebter Kettenstrebenschutz löst sich
- verdammt teuer [/emaillocker]
Fazit
Egal ob bergab oder bergauf, das Yeti SB6c ist über jeden Zweifel erhaben. Im Downhill eine Rakete, zieht es mit enormem Antritt wieder bergauf, um sich mit aberwitzigem Speed erneut in die Abfahrt zu stürzen. Keine Kurve ist ihm zu eng, keine Linie zu absurd, um sie nicht souverän meistern zu können. Eine hochwertige Ausstattung, die ihresgleichen sucht, macht es zum perfekten Allrounder – wenn es nur nicht so verdammt teuer wäre!
Mehr Informationen zum Yeti SB6c findest du auf der Yeti Cycles Webseite.
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Dieser Artikel ist Teil unseres Enduro Vergleichstests 2015.
Text & Bilder: Trevor Worsey
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