Anfangs gehörte es bei Mountainbikern noch zum guten Ton, Downhill und Crosscountry gleichermaßen zu fahren. In den letzten Jahren hat sich jedoch eine immer tiefer werdende Kluft zwischen den einzelnen Disziplinen gebildet. Die Folge einer allmählichen technischen Spezialisierung, mit der die Entstehung modischer Trends in der jeweiligen Disziplin einhergingen. Ein Blick auf die Bikes genügt heutzutage, um die Unterschiede zu erkennen: Außer zwei Rädern haben Crosscountry und Downhillbikes kaum mehr etwas gemeinsam.

Zwei Extreme, die eigentlich schwer zusammen passen. Eigentlich. Enduro kehrt dahin zurück, wo sich die anderen Disziplinen einst trennten. Denn auf eine einzigartige Weise vereint Enduro die wesentlichen Aspekte des ursprünglichen Mountainbikens und fügt darüber hinaus noch neue hinzu: Ausdauer, Fitness, technische Skills, Style, Wettkampf und Spaß. Man könnte behaupten, Enduro verkörpert die Vielfalt des Mountainbikes, indem es die schönsten Aspekte aller Disziplinen verbindet. Enduro ist nicht so extrem konditionell wie Crosscountry oder technisch anspruchsvoll wie eine Dowhillstrecke, sondern stellt viel mehr einen Kompromiss aus diesen Disziplinen dar und fordert vom Fahrer einen genau solchen Kompromiss.

Oder besser gesagt: Ein Allround-Können und Allround-Bike für ein Rennen mit Allround-Strecken. Dass Enduro die Kluft zwischen den Fahrern der einzelnen Disziplinen wieder schließen kann, zeichnete sich beim Superenduro Rennen in Finale Ligure schon ab: Dort waren Downhill-, Fourcross- und Crosscountry – Worldcupfahrer aller Disziplinen vertreten und hatten ein gemeinsames Ziel: Spaß haben am Mountainbiken.

Die Umstände waren perfekt: Sonne, Strand und italienisches Flair.

Am Vorabend des Hauptrennens fand der publikumsfreundliche Prolog statt. Ein Nacht-Sprint in der historischen Altstadt von Finale Ligure, den die meisten Fahrer mit einem kühlen Bier bei leckeren Antipasti ausklingen ließen.

Am nächsten Tag hieß es dann morgens Rucksack packen und ab auf die Piazza principale, wo sich der Start des Rennens befand. Dort: Entspannte Gesichter der Fahrer – von Rennatmosphäre war wenig zu spüren. Warum auch?

SuperEnduro ist ein Rennformat das aus mehreren Stages besteht, das heißt es wird jeweils nur auf den Downhills die Zeit genommen; die Transferfahrten zu den einzelnen Stages müssen dabei lediglich in einem gewissen Zeitrahmen absolviert werden. Am Schluss entscheidet die Zeitsumme der Stages wer der Gewinner ist. 2012 heißt dieser Dan Atherton.

Das Schöne daran: So kann man mit den Kumpels gemeinsam zu den Starts der einzelnen Downhillwertungen hochfahren, quatschen und einfach Spaß haben. Energieriegel sollte man zwar dabei haben, aber viel köstlicher ist es, an einer der Verpflegungsstationen anzuhalten und ein Stück Pizza, Focaccia, Obst oder Kuchen zu verspeisen.

Oben am Start dann angekommen kommt sofort die Anspannung. Schnell für kleine Jungs in die Büsche, Vollvisierhelm an, ab auf’s Rad. Kette!

Ruppig, flowig, kurzer Gegenanstieg, dann flach – verdammt, treten! Endlich Ziel! Die Strecken sind nicht nur technisch ein Leckerbissen, die Trailbauer haben auch das Panorama und den Flow keine Sekunde zu kurz kommen lassen. Dass Vollviesierhelmpflicht besteht ist bei solchem Downhillcharakter durchaus sinnvoll!

Nach der Abfahrt wartet man schließlich, bis die Kumpels auch die Stage absolviert haben und fährt in der Gruppe gemeinsam zur nächsten. Gegen Ende des Rennens werden die Zeitfenster dann immer kürzer und dementsprechend härter. Aber geteiltes Leid ist ja bekanntlich halbes Leid.


Der Portugiese Marco Fidalgo von Berg Cycles

Einen halben Tag, 50 Kilometer und 2000 Höhenmeter später ist man im Ziel angekommen und hat rund 30 Minuten Rennfahrzeit in den dicken Waden. Sichtlich erschöpft, aber dennoch mit einem Lächeln im Gesicht. Endurorennen verlangen den Fahrern alles ab – gleich aus welcher Disziplin sie stammen. Schließlich fahren sie wieder zusammen, in einer gemeinsamen Disziplin.

In Ausgabe #002 gibt es einen Bericht darüber, um was es in Finale Ligure 2012 tatsächlich ging! Seid gespannt!

Mehr Info: www.superenduromtb.com Text: Robin Schmitt


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Über den Autor

Robin Schmitt

Robin ist einer der zwei Verlagsgründer und Visionär mit Macher-Genen. Während er jetzt – im strammen Arbeitsalltag – jede freie Sekunde auf dem Bike genießt, war er früher bei Enduro-Rennen und ein paar Downhill-Weltcups erfolgreich auf Sekundenjagd. Nebenbei praktiziert er Kung-Fu und Zen-Meditation, spielt Cello oder mit seinem Hund (der eigentlich seiner Freundin gehört!), bereist fremde Länder und testet noch immer zahlreiche Bikes selbst. Progressive Ideen, neue Projekte und große Herausforderungen – Robin liebt es, Potenziale zu entdecken und Trends auf den Grund zu gehen.