Aufgebockt und neu definiert kommt das Yeti SB120 T3 2023 auf den Markt und liefert nicht nur mehr Federweg, sondern auch einige vielversprechende Updates und einen gewohnt hochwertigen Look. Wir waren in Colorado, um zu testen, ob das neue SB120 die Raketenantriebs-Gene seines Vorgängers beibehalten hat.

Yeti SB120 T3 2023 | 130/120 mm (v/h) | 13,2 kg (Hersteller-Angabe) kg in Größe XL | 29″ | $ 9,600 | Hersteller-Website

„Pimp my ride“ geht in die nächste Runde, denn nachdem bereits 2020 aus dem SB100 – mit 100 mm Federweg am Heck – das aufgebockte SB115 wurde, gibt es nun ein weiteres Upgrade auf stolze 120 mm am Heck. Somit ist das Yeti SB120 – nach dem neuen Yeti SB160 – das zweite Bike im 2023er-Line-Up, welches mehr Federweg spendiert bekommt. Gepaart werden die 120 mm am Heck mit 130 mm Federweg an der Front und den gewohnten 29“-Laufrädern. Das Credo dabei: verbessern, aber nicht neu erfinden. So wurden sowohl Geometrie als auch Kinematik angepasst und dem ganzen Bike eine neue Silhouette verpasst.

Yeti teilt seine Bikes in zwei Kategorien ein: Race und Rip – also in Bikes zum Fahren von Rennen oder um maximal viel Spaß zu haben. Klar, dass sich beides nicht ausschließt, dennoch gibt der Einsatzzweck eine gewisse Entwicklungsrichtung vor. Das bisherige SB115 wurde der Race-Kategorie zugeteilt und war vor allem für Multi-Day-Stage-Rennen ausgelegt. Das neue SB120 gehört hingegen zur Rip-Gruppe und soll vor allem Spaß machen.

Die Detaillösungen am neuen Yeti SB120 T3 2023

Wie von Yeti gewohnt, macht der Rahmen sowohl im Look als auch in puncto Qualität einen sehr hochwertigen Eindruck und lässt das Bike auch ganz ohne markante Yeti-Schriftzüge als solches erkennen. Doch auch wenn das neue SB120 auf den ersten Blick seinem Vorgänger sehr ähnelt, erkennt man auf den zweiten Blick die überarbeitete Silhouette. Dabei wurde mehr Bodenfreiheit generiert, das Switch Infinity-System sowie die Dämpferanlenkung kompakter gestaltet, und der Rahmen soll eine optimierte Steifigkeit aufweisen.

Das alte Yeti SB115 T3.
Das neue Yeti SB120 T3.

Zusätzlich wurde die Kabelführung am bzw. im Rahmen optimiert, und alle innen verlegten Leitungen werden jetzt an Ein- bzw. Ausgang geklemmt und auf dem Weg zum Hinterbau durch eine Halterung geführt. Sitz- und Kettenstrebenschutz sind weit nach vorne gezogen und decken alle Bereiche ab, an denen die Kette den Rahmen berühren könnte. So ist er optimal geschützt und es herrscht Ruhe.

Die Kabelführung hat ein deutliches Upgrade bekommen. Die Leitungen an Ein- bzw. Ausgang sind jetzt ausreichend geklemmt.
Oben, unten, links und rechts wurde überall ein Sitz-und Kettenstrebenschutz angebracht, sodass der Rahmen ausreichend geschützt ist.

Am Unterrohr befindet sich ebenfalls ein großzügiger Schutz aus Kunststoff, an dem der mittlere Teil entfernt und bei Bedarf ausgetauscht werden kann, um die Montage einer Vario-Sattelstütze zu vereinfachen. Klassisch besitzt das SB120 auch Platz für eine Flasche, allerdings wurde auf ein Tool-Mount oder gar ein Staufach verzichtet.

Durch die Öffnung am Unterrohr wird die Montage der Sattelstütze vereinfacht, und der Schutz kann bei Beschädigung einfach ausgetauscht werden.

Die Ausstattungsvarianten des neuen Yeti SB120 2023

Alle neuen SB120-Modelle kommen mit Vollcarbon-Rahmen, wobei sich die T-Serie von der C-Serie unterscheidet. Im Fall der teureren T-Serie wird ein hochwertigeres Carbon-Layout genutzt, was bei geringerem Gewicht dieselbe Steifigkeit und Haltbarkeit wie die C-Serie aufweisen soll. So sollen pro Rahmen ca. 225 g eingespart werden. Zur Wahl stehen zwei Ausstattungsvarianten der C- und vier Modelle der T-Serie, die sich preislich zwischen 6.300 $ und 12.100 $ bewegen. Für den europäischen und den UK-Markt schrumpft das Angebot etwas und es wird vorerst nur eine T1- und C2-Version geben. Diese kosten 7.890 € (C2) bzw. 9.490 € (T1). Neben dem von Yeti bekannten Turquoise habt ihr die Wahl zwischen Dust, Raw Carbon und Loch als Rahmenfarbe.

Das klassische Turquoise.
Raw Carbon.
Loch.

Das Switch Infinity-System von Yeti

Seit vielen Jahren setzt Yeti an all seinen Fullsuspension-Bikes auf das sogenannte und selbst entwickelte Switch Infinity-System. Was aussieht wie ein doppelter Dämpfer, ist in Wirklichkeit eine Art Gleitlager, das auf Schienen läuft. Es ermöglicht eine Bewegung des Hauptlagers und verändert beim Einfedern des Dämpfers seine Position. Je nachdem, wie tief das Rad gerade im Federweg steht, hat es entsprechend spürbar unterschiedliche Fahreigenschaften.

Nehmen wir als Beispiel den Anti-Squat, der seinen höchsten Wert im SAG erreicht und bis zur Hälfte des Federwegs in etwa beibehält. Federt das SB120 darüber hinaus weiter ein, ändert der Switch Infinity seine Bewegungsrichtung und der Anti-Squat des Hinterbaus reduziert sich rapide. So sollen vor allem die Klettereigenschaften verbessert werden. Für alle T-Serien-Bikes – also nicht bei den günstigeren C-Modellen – wurden zudem Dichtungen, Lager und Hardware verbessert und sollten so länger halten.

Die Ausstattung unseres Testbikes: Das Yeti SB120 T3 2023

An unserem Testbike kommt eine FOX Factory 34 mit GRIP2-Dämpfungskartusche und 130 mm Federweg zum Einsatz. Am Heck der dazugehörige FOX Float DPS. Dieser besitzt drei Schnelleinstellungen, bei denen ihr zwischen offen, mittel und hart unterscheiden könnt. Angesprochen wird er durch eine einteilige – und nicht wie am SB160 eine zweiteilige – Dämpferanlenkung.

Yeti SB120 T3 2023

Specifications

Fork FOX 34 Factory GRIP2 130 mm
Rear Shock FOX FLOAT DPS Factory 120 mm
Seatpost FOX Transfer 200 mm
Brakes SRAM G2 RSC 180/180 mm
Drivetrain SRAM XX1/X01/GX AXS 1x12
Stem Burgtec Enduro MK3 50 mm
Handlebar Yeti Carbon 780 mm
Wheelset DT Swiss XM1700 29"
Tires MAXXIS Minion DHF MaxxTerra EXO/Aggressor DualCompound EXO 2,5"/2,3"

Technical Data

Size XS, S M L XL XXL
Weight 13,2 kg (Hersteller-Angabe)

Geschaltet wird voll elektronisch und kabellos mit einem SRAM XX1 AXS 12-fach-Schaltwerk, was allerdings mit der günstigeren und etwas schwereren X01-Kassette und einer GX-Kette kombiniert ist. Das sieht im Schaufenster schick aus, ist auf den zweiten Blick aber etwas gemogelt, auch wenn kein spürbarer Performance-Nachteil dabei entsteht.
Spürbar sind hingegen die SRAM G2 RSC-Vierkolbenbremsen. Sie kommen zwar bereits mit werkzeugloser Hebel- und Druckpunktverstellung, sind aber im Allgemeinen zu schwach für ein solches, auf Spaß getrimmtes Bike. Kombiniert sind sie mit 180-mm-Bremsscheiben an Front und Heck. Für das Potenzial des Bikes hätten wir uns lieber die 32 g schwerere, dafür aber wesentlich stärkere SRAM Code-Bremse gewünscht.

Die SRAM G2-Vierkolbenbremse wird dem Potenzial des Bikes nicht gerecht und liefert zu wenig Bremspower. Hier würden wir uns eine SRAM Code wünschen.
Kein Regenbogen am T3, da das SRAM AXS XX1-Schaltwerk mit einer X01-Kassette und einer GX-Kette kombiniert wird.

Am Cockpit kommt der hauseigene und 780 mm breite Yeti Carbon-Lenker in Kombination mit einem 50 mm langen Burgtec-Vorbau zum Einsatz. Als Sattelstütze dient eine FOX Transfer Performance, die ab Rahmengröße L bereits stolze 200 mm Hub besitzt. Sie lässt sich an unserem XL-Testbike vollständig im Rahmen versenken. Für Bodenkontakt sorgen die beiden MAXXIS-Reifen mit EXO-Karkasse. Ein 2,5“ Minion DHF an der Front und ein 2,3“ Aggressor am Heck. Leider kommt der vordere in der härteren MaxxTerra-Gummimischung, der hintere sogar nur in einer Dual Compound-Version. Wir hätten uns an der Front eine weichere MaxxGrip-Version und am Heck die MaxxTerra-Variante gewünscht. Für abfahrtsorientierte Fahrer und mehr Bremstraktion durch niedrigeren Luftdruck würden wir zudem am Heck eine robustere Karkasse empfehlen.

Die Geometrie des neuen Yeti SB120 2023

Das neue Yeti SB120 2023 wird in stolzen sechs Größen von XS bis XXL angeboten und soll so für Fahrer zwischen 145 cm und 210 cm passen. Dabei verändert sich der Reach in sinnvollen Abständen und verpasst dem SB120 in Größe L einen moderaten Reach von 475 mm. Cool ist, dass mit steigender Größe auch die Länge der Kettenstrebe wächst. So soll ein gleichbleibendes und ausgewogenes Fahrgefühl für alle Größen ermöglicht werden. Auch der tatsächliche Sitzwinkel wird zwischen den Größen steiler. Allerdings fällt die Sitzrohrlänge – die 440 mm bei einem Reach von 475 mm beträgt – lang aus und schränkt so die Bewegungsfreiheit unnötig ein.

Größe XS S M L XL XXL
Sitzrohr 345 mm 365 mm 400 mm 440 mm 470 mm 485 mm
Oberrohr 540 mm 571 mm 603 mm 625 mm 652 mm 672 mm
Steuerrohr 92 mm 98 mm 104 mm 115 mm 126 mm 147 mm
Lenkwinkel 66.5° 66.5° 66.5° 66.5° 66.5° 66.5°
Sitzwinkel 76.5° 76.5° 76.5° 76.5° 76.5° 76.5°
Kettenstreben 433 mm 435 mm 437 mm 439 mm 441 mm 443 mm
Radstand 1.122 mm 1.157 mm 1.191 mm 1.217 mm 1.249 mm 1.274 mm
Reach 395 mm 425 mm 455 mm 475 mm 500 mm 515 mm
Stack 604 mm 610 mm 615 mm 625 mm 635 mm 655 mm

Unser erster Fahreindruck auf dem neuen Yeti SB120 T3 2023

Wie bereits angesprochen, fällt das neue Yeti SB120 2023 in die Rip-, und nicht wie das SB115 zuvor in die Race-Kategorie von Yeti. Deutlich wird das in der Abfahrt, bei der das Bike vom ersten Moment an mehr Federweg suggeriert und entspannt auch größere Sprünge und Drops mitnimmt. In engen Anliegern lässt es sich mit seinem agilen Charakter leicht von Kurve zu Kurve werfen. Hier spielt auch der straffe Hinterbau seine Stärken aus, und ihr könnt einfach Schwung in Wellen und Kurven generieren, ohne viel Körpereinsatz. Müsst ihr dann jedoch bei harschem Untergrund den Anker werfen, mangelt es dem Heck etwas an Traktion. Hier würde ein Reifen mit dickerer Karkasse – der dann mit geringerem Luftdruck gefahren werden kann – Abhilfe schaffen.

Im Uphill macht das neue SB120 seine Wurzeln deutlich und beweist, dass es – wie sein Vorgänger – ein starker Kletterer ist. Dank des antriebsneutralen Hinterbaus könnt ihr auf den Griff zum Lockout-Hebel verzichten und mit ordentlich Vortrieb zum Trail-Einstieg sprinten. Auch lange Touren sind mit dem SB120 entspannt möglich, denn auch wenn in der Ebene eine leichte Last auf den Händen liegt, wird diese im Uphill neutralisiert und bringt euch bequem durch den Tag.

Unser Fazit zum neuen Yeti SB120 T3 2023

Das neue Yeti SB120 T3 2023 folgt dem Trend mit mehr Federweg, ohne seine gewohnt guten Klettereigenschaften zu verlieren. Die Idee, die bestehende Basis zu verbessern, anstatt sie neu zu erfinden, hat für einige praktische Updates wie die Kabelführung und die neue Silhouette gesorgt. Die Serienausstattung wird dem Bergab-Potenzial des Bikes und der entsprechenden Rip-Einordnung indes nicht ganz gerecht. Das SB120 vermittelt auf dem Trail sogar den Eindruck von mehr Federweg und verwöhnt mit einem agilen und verspielten Handling.

Tops

  • viel Vortrieb im Uphill
  • straffes Fahrwerk zum Speed generieren
  • gewohnt hochwertige Verarbeitung und Look

Flops

  • Bremsen zu schwach für das Potenzial des Bikes

Alle weiteren Infos findet ihr auf der Website von Yeti-Cycles.


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Text: Peter Walker Fotos: Calum McGee / Yeti Cycles

Über den Autor

Peter Walker

Peter ist nicht nur ein Mann der Worte, sondern auch der Taten. Mit ernsthaften Bike- und Schrauber-Skills, seiner Motocross-Historie, diversen EWS-Teilnahmen und über 150 Bikepark-Tagen in Whistler – ja, der Neid der meisten Biker auf diesem Planeten ist ihm gewiss – ist für Peter kein Bike zu kompliziert und kein Trail zu steil. Gravel und Rennrad kann er übrigens auch! Das für unsere redaktionelle Arbeit wichtige Thema Kaufberatung hat Peter in Vancouvers ältestem Bike-Shop von der Pike auf gelernt und setzt sein Know-how auch im journalistischen Alltag um. Wenn er nicht gerade die Stuttgarter Hometrails auf neuen Test-Bikes unsicher macht, genießt er das Vanlife mit seinem selbst ausgebauten VW T5. Dass er dazu noch ausgebildeter Notfallsanitäter ist, beruhigt seine Kollegen bei riskanten Fahrmanövern. Zum Glück mussten wir Peter bislang nie bei seinem Spitznamen „Sani-Peter“ rufen. Wir klopfen auf Holz, dass es dazu auch nie kommen wird!