Es ist wieder soweit: Die Race-Saison beginnt! Nach längerer Verletzungspause hat unser UK-Redakteur Jim Buchanan alle Register gezogen, um die ultimative Rennmaschine zusammenzustellen und endlich wieder Podiumsluft zu schnuppern. Wie er das Maximum aus dem SCOTT Genius LT herauskitzelt, lest ihr hier.

SCOTT Genius Custom Build Bike Shot 1

Es war ein langer Winter: Das Kingdom-Bike aus Titan hat mich beim letzten Rennen 2015 ganz schön malträtiert und ist mir als schlechtes Omen in Erinnerung geblieben, auch wenn es ein super Bike ist. Während ich mich also nach meiner Verletzung zurück auf die Füße kämpfte und auf dem Vitus Escarpe 29 Pro meine Kondition restaurierte, gedieh der Plan, ein Bike aufzubauen, das meine bisher beste Kreation sein sollte. Manche Teile habe ich aus der letzten Saison für weitere Tests übernommen, darunter die XTR-Kurbeln und den Di2-Antrieb. Beim Rest konnte ich mich austoben. Für mich als bekennende Rampensau, die auf Hingucker und High-End-Komponenten steht, stand fest: Hier musste etwas ganz, ganz Besonderes her!

SCOTT Genius Custom Build Bike Shot 2

Der Aufbau

Fangen wir mit dem Rahmen an. Ein Messe-Freund von mir, auf dessen Bike-Meinung ich mich verlassen kann, war seit einiger Zeit auf einem SCOTT Genius LT unterwegs und versicherte mir, dass es das beste Bike ist, das er je unter sich hatte. Und das, obwohl er zuvor jahrelang von einem anderen Hersteller gesponsert wurde. Mir gefiel der Gedanke von 170 mm am Heck für verblockte Abfahrten, und mit dem leichten Rahmen konnte ich sicherlich nichts falsch machen. Der Lenkwinkel mit der serienmäßigen FOX 36 170 ist von 66,3 bis 66,8° einstellbar und war für mich als Ex-Downhiller nicht flach genug. Also musste ich die Front irgendwie flacher bekommen, was mir mit dem 1,5°-Winkelsteuersatz von Works Components gelang. Da sowohl dieser als auch das Hope-Innenlager eingepresst werden mussten, stattete ich meinem lokalen Bikeshop einen kurzen Besuch ab. Wenn man hier schludert, wird einem das mit lebenslangem Knacken und Quietschen gedankt.

SCOTT Genius Custom Build Bike Shot 3

Kabelführung

Die Kabelführung war als Nächstes dran. Beim SCOTT Genius LT verläuft sie intern, wovon ich – wie viele andere Racer auch – nicht sonderlich angetan bin, da es ein ziemliches Gefummel bei der Installation ist, insbesondere, wenn man (z. B. für Tests) oft Komponenten tauschen muss. Zum Glück hatte ich das Montagekit für interne Kabelführungen von Park Tool zur Hand, das den ganzen Prozess deutlich vereinfachte. Beim SCOTT finden sich am Austritt der Kabel schöne Klemmen aus Aluminium, die das Kabel anständig halten und um Welten besser sind als die Gummi-Pfropfen, die bei anderen Herstellern zu finden sind.

SCOTT Genius Custom Build Bike Shot 4

Setup des Öhlins-Fahrwerks

Mit meinem MX-Background war ich noch bei keinem Fahrwerk so gespannt auf den Einbau wie bei der neuen RXF34-Gabel und dem TTX-Dämpfer von Öhlins. Da das Team von Öhlins noch an seiner 650b-Gabel werkelte, griff ich kurzerhand zur 160-mm-Version der 29er Gabel. Es mag manchen seltsam vorkommen, eine längere Gabel an der Front und 170 mm am Heck zu kombinieren, aber dahinter stand tatsächlich ein Plan! Zum einen hatte ich herausgefunden, dass der Abstand von der Achse zum Ende des Gabelschaftes bei der Öhlins lediglich 10 mm länger war als bei einer 27,5” FOX 36 mit 170 mm. Zum anderen gab mir kein Geringerer als Hopes Woody Hole das Okay, diese Gabel in einem 650b-Bike zu fahren. Woody fuhr genau diese Gabel die gesamte Saison 2015 in einem 650b-Bike, als er bei der EWS den Weltmeistertitel bei den Masters holte – mehr muss ich wohl nicht sagen. (Auch eine neue Gabel gefällig? So montiert ihr eure neue Federgabel.)
Die Differenz der Federwege an Front und Heck konnte mit Öhlins Doppelkammer-Luftfeder gut ausgeglichen werden, eine für die Progression, die andere für die Härte der Luftfeder selbst. Kein Bedarf also für irgendwelche Volumen-Spacer! Direkt zu Beginn wurden Rahmen und Gabel mit dem durchsichtigen Schutztape von InvisiFRAME beklebt und mit einem Bashguard von RockguardZ komplettiert, damit alles schön sauber und geschützt bleibt und die sonst unvermeidlichen Kratzer ausbleiben.

SCOTT Genius Custom Build Bike Shot 5

Das Cockpit

Von Burgtec kamen Vorbau und Carbon-Lenker, wobei ich anfangs nicht so überzeugt vom Backsweep des Burgtec-Lenkers war. Aber ein Versuch schadet ja nicht. Ich wählte einen 50-mm-Vorbau, da das Oberrohr des SCOTT Genius LT mit 625 mm nicht gerade das längste ist. Die XTR-Kurbeln waren gesetzt, nachdem ich letztes Jahr die schicken Race Face SixC-Carbonkurbeln getestet hatte und sie nach einem Bodenkontakt ein beschädigtes Lager davongetragen hatten. Stabilität und ein geringes Gewicht waren also die Prioritäten. Die Fachleute sind sich betreffend der Wirksamkeit von ovalen Kettenblättern noch nicht sicher, da ich aber die Version von AbsoluteBlack getestet habe, kommt mir das Stück ans Rad – auch wenn es vielleicht nur ein Placebo-Effekt ist! Am SCOTT findet sich von Werk aus ein Top-Guide, der die Kette an Ort und Stelle halten soll, und mit dem ich mich zu Anfang begnügen werde. Wenn wir schon über die Kette sprechen: Der Kettenstrebenschutz von SCOTT ist in Ordnung, aber nicht lang genug. Also kam hier noch etwas Gummi-Band dazu.

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Ich bin ein großer Fan der Griffe und Sättel von Ergon und werde dieses Jahr einen ihrer dünneren Griffe fahren. Die Laser Lemon-Farbe war bei diesem Aufbau natürlich ein Muss! Bei den Pedalen werde ich die DH-Version von HT testen, die vom Gefühl her ein guter Mix aus dem definierten Klick der Shimano und der Bewegungsfreiheit der Crankbrothers sind. Zudem geben ihre großen Plattformen und Pins genug Grip, um auch ohne Verbindung noch Halt auf dem Bike zu haben. Und schaut euch diese Farben an! Im Inneren der MAXXIS-Trailreifen (von denen ich eine Auswahl verschiedener Modelle habe) befindet sich das Schwalbe PROCORE-System. Ich bin ein ziemlich eingeschworener MAXXIS-Fan, aber wir werden sehen, wie sich das neue PROCORE-System schlägt. Zwar bin ich auch ein großer Fan der ENVE-Carbonfelgen auf Chris King-Naben, da dort aber das PROCORE-System nicht passt, griff ich stattdessen zu den verlässlichen Hope-Felgen auf den neuen Evo 4-Naben. Die neuen ENVE HV werde ich aber trotzdem testen, das muss einfach sein!
(Unsicher bei der Tubeless-Installation? So montiert man Tubeless-Reifen wie ein Profi.)

Bremspower

Wenn es um Bremspower geht, scheint keiner der limitierten, vierkolbigen MT5 Raceline von MAGURA das Wasser reichen zu können. Sie passt zudem mit ihren knalligen Farben gut ins Konzept. Um sie noch etwas edler zu machen, verpasste ich ihr die Carbonhebel der MT8 XC und Scheiben mit grünen Rotoren von Uberbike Components. Diese Bremse mit den originalen MT5-Hebeln war auch schon Teil des Kingdom-Aufbaus, hatte mir damals aber zu viel Biss. Ich wollte ihr trotzdem eine zweite Chance geben und mit den Carbonhebeln sieht sie auch wirklich klasse aus! Bei der Teleskopsattelstütze griff ich zur Hilo Strate von X-Fusion, deren Einfachheit, leiser Betrieb und aus jeder Richtung bedienbare Fernbedienung mich überzeugt hat.

SCOTT Genius Custom Build Bike Shot 7

Etwa 6 h und ein paar Flüche später war eine wunderschöne Maschine geboren, die der größte Hingucker sein dürfte, den ich je aufgebaut habe. Außerdem werde ich die gesamte Saison damit unterwegs sein, ich werde mich also anständig an diese Waffe gewöhnen und hoffentlich auch ein paar Ergebnisse einfahren können. Mein Baby kommt auf folgende Werte: 64,8° Lenkwinkel, 14,42 kg mit Hope, PROCORE und Uberbike-Scheiben, 13,71 kg mit ENVE-Laufrädern und MAGURA-Scheiben (jeweils mit Pedalen und Tubeless-Milch), der Radstand beträgt 1.223 mm, im Original waren es 1.203 mm.

Ich liebe den Look dieses Bikes mehr als jeden anderen zuvor und bin jetzt schon stolz, es fahren zu dürfen. Aber ich bin auch jetzt schon besorgt, wo es stehen wird und wie ich es unterbringen können werde, vor allem bei einem Schätzwert von etwa 12.700 €. Es wird das „Versuchskaninchen“ für die High-End-Parts der Saison werden, die entsprechenden Langzeit-Testberichte werden in einigen Monaten hier bei ENDURO zu finden sein. Schaut also regelmäßig hier vorbei, wenn ihr wissen wollt, was am Bike bleibt und was getauscht wird, während ich es die Saison über durch die Lande treibe.

Mehr Infos zum Bike, das Jim aufgebaut hat, gibt es auf der SCOTT Website.

Text: Jim Buchanan Bilder: Isac Paddock / Jim Buchanan


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