Das Canyon Factory Team auf entlegenen Pfaden in Südamerika. Ines Thoma erzählt von ihren Abenteuern und den ersten beiden Austragungen der Enduro World Series 2016.

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EWS #1: Corral – Chile

Im vierten Jahr der Enduro Weltserie kann ich mit Recht behaupten, dass Corral der wohl entlegensten Rennorte aller Zeiten ist. Das Auftaktrennen in Chile, an einem winzig kleinen Ort an der Pazifikküste, ist nur mit einer Fähre zu erreichen, charmant, bunt und vollkommen ab vom Schuss. Doch dies ist noch nichts im Vergleich zu unserer Unterkunft, die mitten in einem Nationalpark liegt. Nach 35 Autominuten grober Schotterpiste liegt die „Gayana Ecolodge“ idyllisch auf einer kleinen Anhöhe. Drei futuristische Zelte ohne Strom, Handyempfang oder sonstigem neumzeitlichen Schnickschnack.

Doch einmal raus aus dem Zelt, beginnt auch schon die „Rennrealität“. Mit über 200 km Gesamtlänge und 3600 Höhenmeter standen uns in Chile vier große Enduro Tage bevor, in denen die Sonne anhaltend aber wenngleich unbarmherzig strahlte. Obwohl ich mich gesundheitlich etwas angeschlagen fühlte, haben mir die physischen und schnellen Stages Spaß gemacht. Die Strecken beginnen allesamt auf einer Art Plateau, schlängeln sich schnell in tiefen Rinnen durch den dichten Wald, um dann am Ende sehr steil und technisch Richtung Strand abzufallen.

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Die beiden Trainingstage zogen mir viel Energie und so stand ich mit etwas mulmigem Gefühl am Start des ersten Renntages. Nun geht es also wieder los. Monatelange Vorbereitung im Winter, ein perfekt präpariertes Bike. Jetzt liegt es an mir.

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Die Renntage verliefen dann doch besser als gedacht. Die Spritzigkeit und Sprintstärke war nicht auf dem Punkt aber mit meinem vierten Platz war ich mehr als zufrieden. Ein sehr gelungener Auftakt, der Hunger macht auf mehr!

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EWS #2: Cerro Catedrale – Argentinien

Ein kurzer Roadtrip über die Anden, vorbei an Vulkanen und streng dreinblickenden argentinischen Grenzsoldaten und wir erreichten Montag Abend müde aber voller Vorfreude den Skiort Cerro Catedral bei Bariloche. Das größte Skigebiet in ganz Südamerika, ca. 7 Stunden südöstlich von Corral. Was uns hier erwartete, habe ich noch nie auf einem Bike erlebt. Nach 3 Monaten ohne richtige Regenfälle, ist die Erde so trocken, dass sich die Rennstrecken in gigantische Sanddünen verwandelten.

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Nach zwei Trainingstagen, an denen wir die Skilifte benutzen durften, ist die Enduro Gemeinschaft gespalten wie selten. Man findet es wahnsinnig aufregend. Biken fühlt sich hier eher an wie Skifahren in frischem Pulverschnee. In tiefen Sandrinnen geht es unglaublich schnell bergab. Die Downhillstages verlangen alles an Arm- und Oberkörperkraft.

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Einmal aus der Balance und den Pedalen geflogen, gibt es kein Halten mehr. Selten gab es so viele Stürze. Jedoch landeten wir meistens in Meter tiefem und weichem Sand und bis auf eine Ladung Staub im Gesicht, passierte nichts schlimmes. Viele Fahrer bangten um ihr Rennen. Es ist einfach sehr unberechenbar hier zu fahren. Die Linien verändern sich andauernd, man braucht viel Feingefühl, um kein zu hohes Risiko einzugehen aber muss doch am Limit fahren.

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Ich genieße das Surfen im Sand. Mit 6 Stürzen muss ich aber leider doch zugeben, zu viel Risiko eingegangen zu sein. Ich wollte einfach alles geben an diesem Wochenende und habe damit eventuell etwas zu hoch gepokert. Trotzdem, wer nicht wagt, der nicht … Super glücklich bin ich über meine Performance bei der physisch anspruchsvollsten Stage 5. Mit nur 3 Sekunden Rückstand zur Bestzeit auf dieser „Tretetappe“, weiß ich auf jeden Fall, dass das Wintertraining Früchte getragen hat.

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Der Downhill Speed ist auch in Ordnung, zumindest zwischen den Stürzen. Am Ende erneut Rang 4. Ich kann um das Podium mitkämpfen und freue mich auf die kommenden Herausforderungen.

Text: Ines Thoma Bilder der Galerie: Max Schumann Einzelbilder: Matt Wragg


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