Troy Lee ist vielen ein Begriff. Doch dass es die Person Troy Lee hinter der Marke wirklich gibt, wissen nur wenige. Wir haben uns mit der ruhigen Seele hinter der legendären Marke zusammengesetzt und erfahren, was ihn antreibt, was er noch lernen muss und was es braucht, eine für die Bikerszene so bedeutende Marke wie Troy Lee Designs aufzubauen.

In unserer Serie „A coffee with …” setzen wir uns und euch mit faszinierenden Persönlichkeiten aus der Fahrradwelt zu entspannten Gesprächen bei einer Tasse Kaffee zusammen. In jeder Episode tauchen wir ein in ihr Leben, tauschen witzige Anekdoten aus und entdecken die Geschichten hinter Legenden, Tasse für Tasse. Setzt euch doch dazu. Ein Schuss Milch für euch?

Treffpunkt: Troy’s neues Zuhause in Sintra/Portugal.

Bevor wir anfangen, eine wichtige Frage zuerst: Sollte das Leben schnell oder langsam sein?

TROY LEE: Beides! Das Leben ist nie schwarz oder weiß. Manchmal müssen wir es ruhig angehen lassen, während wir andere Male Vollgas geben müssen. Der Schlüssel dazu ist, zu erkennen, wann wir die Gänge wechseln müssen, um die Balance zwischen den beiden zu finden und die Fahrt zu genießen!

Wer ist Troy Lee? Beschreibe dich in drei Worten.

TROY LEE: Schnell, langsam und bunt. Meine Welt dreht sich um Rennen und Farben!

Wie und wann hast du mit Troy Lee Designs angefangen?

TROY LEE: In meinen jungen Jahren habe ich hobbymäßig Motocross-Helme für ein paar Kumpels customisiert. Die Helme kamen gut an und bald standen mehr und mehr Rennfahrer Schlange, um ihre Helme von mir bemalen zu lassen. Ich verdiente damit ein bisschen Geld und musste somit Steuern zahlen. Das war der Zeitpunkt, an dem ich einen Firmennamen brauchte. Meine Mutter sprang ein und entwarf einige Visitenkarten mit dem Namen Troy Lee Designs darauf. Zuerst dachte ich, es sei eine schreckliche Idee, aber im Nachhinein gesehen, wohl die beste, die mir je passiert ist. Danke, Mama!

Hast du diesen riesigen Erfolg von Troy Lee Designs vorausgesehen?

TROY LEE: No way! Aber ich habe immer daran geglaubt, dass, wenn man sich mit talentierten, ehrgeizigen Menschen umgibt, alles möglich ist. Aber ohne kokettieren zu wollen, habe ich das Gefühl, dass ich gerade erst anfange, denn ich hoffe, dass mit meinen Ideen noch viel mehr geht. Wir produzieren derzeit neun verschiedene Helme gleichzeitig, was ein großer Unterschied zu den ein oder zwei Helmen ist, die wir früher hergestellt haben. Wir erweitern unser Angebot auf Straße und MotoGP, unterstützen mehr Racer und bauen unsere Produktionsstätten in Portugal, Italien, Ungarn und Thailand aus. Dazu arbeite ich gerade mit einem fantastischen Team von Mitarbeitern und Partnern zusammen und habe Bock, weiter voranzugehen und coole Dinge passieren zu lassen!

Was war entscheidend für deinen Erfolg?

TROY LEE: Die Liebe zu dem, was ich tue! … Und mich mit besseren Künstlern und großartigen Menschen zu umgeben. Dabei sage ich meinen Mitarbeitern immer: „Wenn ich etwas besser kann als du, muss ich dich gehen lassen. Beeindrucke mich!”.

Was hast du auf deinem Weg (dazu-)lernen müssen?

TROY LEE: Ich lerne definitiv immer noch dazu, aber Respekt gegenüber allen Menschen zu zeigen, ist einer der wichtigsten Aspekte. Ich glaube auch daran, dass man sich treu bleiben sollte und trotz Rückschlägen an Dingen dranbleiben muss, um Erfolg zu erzielen. Wenn’s mal nicht klappt, ist es wichtig, weiterzumachen und es erneut zu versuchen, denn eventuell wird es irgendwann klappen. Meine persönliche Philosophie besteht darin, „Art” und „Soul” in alles einzubringen, was ich tue. Wenn man Herzblut in seine Arbeit steckt, wird es sich letztendlich auszahlen.

Bist du nach wie vor im Tagesgeschäft involviert? Welche Aufgaben machen dir dabei immer noch Spaß?

TROY LEE: Ja klar! Meine Lieblingsaufgabe ist es, mit meinen Künstlern und Partnern an sicheren, stylischen und hochwertigen Produkten zu arbeiten.

Und was magst du nicht?

TROY LEE: Zweifellos ist der schwerste Teil meiner Arbeit zu sehen, wie Menschen in unserem Sport verletzt werden. Zu viele meiner Freunde haben Verletzungen und Querschnittslähmungen erlitten oder sogar ihr Leben verloren, während sie mit Autos und Bikes ihren Träumen auf der Rennstrecke nachgejagt sind. Aber anstatt mich von diesen Momenten runterziehen zu lassen, inspirieren sie mich, bessere Produkte zu schaffen, die dazu beitragen können, dass andere nicht dasselbe Schicksal erleiden. Ich experimentiere ständig mit neuen Materialien, wie dem Prototypen, den ich dir gestern auf unserer Ausfahrt gezeigt habe. Sicherheit steht an allererster Stelle und wir müssen weiterhin nach innovativen Lösungen suchen, die uns helfen können, am Leben zu bleiben, während wir unsere Leidenschaften weiterverfolgen. Das Risiko wird immer da sein, aber wir schulden es uns selbst und unseren Lieben, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um diese Sportarten so sicher wie möglich zu machen.

Fahrradbekleidung wird immer subtiler und geradliniger. Wo siehst du hier die Zukunft von TLD?

TROY LEE: Meine Philosophie ist, dass man auch hier ein Gleichgewicht zwischen beiden Enden des Spektrums finden muss. Deshalb sage ich meinen Künstlern immer: „Go mild, go wild!”. Wir verkaufen vielleicht mehr subtile schwarze Kleidung mit kleinen Logos, aber es gibt Zeiten, in denen es cool ist, wild zu werden. Wenn man zum Beispiel auf der Rennstrecke ist, ist es doch supercool, kräftige Farben zu tragen und ein Statement zu setzen. Klar bevorzuge ich beim Training, die Dinge subtil zu halten, aber am Renntag liebe ich es, mich „wild” zu kleiden. Racing macht Spaß und das sollte das Race Kit hervorheben.

Wie hältst du die Integrität aufrecht, während das Unternehmen wächst?

TROY LEE: Die Rennfahrer geben mir bzw. uns Integrität. Ohne die Rennfahrer wäre TLD heute nicht, was es ist.

Irgendwelche Lebensziele?

TROY LEE: Ich habe noch keine Helme für Astronauten gemacht. Ich habe also noch einen langen Weg vor mir (*lacht*).

Was war dein größter Fehler und was hast du daraus gelernt?

TROY LEE: (braucht einen Moment, um zu antworten) Ehrlich gesagt, habe ich noch nie wirklich darüber nachgedacht. Fehler passieren und ich habe sicherlich genug davon gemacht – besonders auf der Rennstrecke. Es gibt Momente, in denen ich mir wünschte, ich hätte andere Entscheidungen getroffen, besonders solche, die zu Verletzungen geführt und mich sechs Monate lang in den Rollstuhl gesetzt haben.

Was geschäftliche Entscheidungen betrifft, haben einige Leute meine Entscheidung kritisiert, ein Haus in Portugal zu kaufen und die Produktion unserer Helme teilweise nach Europa zu verlagern. Aber ich fand es wichtig, nicht alles auf ein Pferd zu setzen. Es war viel Arbeit, alles umzustellen und die Produktionskosten sind jetzt viel höher, aber es lohnt sich zu wissen, dass wir nicht von heute auf morgen mit nichts dastehen, sollte mal wieder was passieren.

Andere haben mir gesagt, dass es ein Fehler ist, meine Familie in die Firma zu holen, aber ich bin anderer Meinung. Mein Sohn Max ist bereits für das Rennteam verantwortlich sowie meine Tochter, Schwester, Schwager und Neffen ebenfalls Teil des Unternehmens sind. Es schafft eine coole Atmosphäre und viel Vertrauen. Außerdem ist es mir wichtig, ihnen beizubringen, wie man das Geschäft am Laufen hält, falls mir etwas passieren sollte. Das nimmt mir irgendwie den Druck.

Wofür bist du dankbar?

TROY LEE: Für meine Frau und Kinder, dass sie meine Verrücktheiten stand- und aushalten.

Eine seltsame Frage, aber wenn dein Leben morgen früh enden würde, wärst du mit deinem Leben im Einklang?

TROY LEE: Auf jeden Fall! Ich habe genug erreicht, aber dennoch viel mehr zu geben und werde nicht aufhören, den Pinsel zu schwingen und weiterhin alles zu geben.

Kreativer Stillstand! Was tust du?

TROY LEE: Ich habe das gegenteilige Problem, denn mein Kopf ist konstant voll mit neuen Ideen. Ich versuche sie alle aufzuschreiben, kritzel hier etwas auf einen Bierdeckel oder da etwas auf eine alte Rechnung, aber die Zeit am Ende, alle Ideen umzusetzen, reicht dann leider nicht aus. Doch eine Herausforderung, der ich konstant ausgesetzt bin, ist, dass ich spezifische Farben in meinem Kopf habe, die aufgrund fehlender Pigmente schwer zu reproduzieren sind. Zum Beispiel gibt es keine einfache Möglichkeit, fluoreszierendes Türkis zu erstellen. Selbst das Anpassen von Farben kann schwierig sein, wie bei dieser Mauer, auf der ich sitze, die einen anderen Grauton als die neue Hauswand hat. Ich habe versucht, sie auf die gleiche Weise zu streichen, aber es ist einfach nicht möglich, diese Farben perfekt abzustimmen.

Wenn du beruflich etwas komplett Anderes oder Neues tun könntest, was wäre das?

TROY LEE: Oh Gott! Es wäre das Schlimmste auf der Welt für mich. Ich liebe Racing und Bikes zu sehr. Ich bin sehr glücklich, wo ich bin. Aber es gibt etwas, das ich ein wenig bereue … Abgesehen davon, nicht genug Zeit mit meiner Familie zu verbringen, ist es, dass ich nicht genug Zeit in das Erlernen neuer Skills gesteckt habe, wie zum Beispiel ein Instrument zu spielen oder fließend mehrere Sprachen zu sprechen – ich spreche ja kaum korrektes Englisch (*lacht*). Manchmal träume ich davon, Schreiner zu sein und coole Möbel von Grund auf zu kreieren. Das ist etwas, worauf ich richtig Bock hätte und ich wünschte, ich hätte es schon viel früher angegangen.

Abgesehen von der Familie, wofür möchtest du in deinem Leben mehr Platz haben?

TROY LEE: Mehr von der Welt zu sehen.

Wenn du unseren Lesern einen Rat geben könntest, was wäre es?

TROY LEE: Folge deinen Träumen und mach das, was du liebst! … Ah, und gib den Menschen Liebe, die dir die Möglichkeit geben, dich weiterzuentwickeln.

Last but not least, zeichne schnell eine Skizze von meinem Assistenten Bonnie.

Danke dir für deine Zeit!


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Text: Julian Lemme Fotos: Julian Lemme

Über den Autor

Julian Lemme

Julian hat schon mit Haien den Pazifik erkundet, der Höhenangst im Himalaja die Hand geschüttelt, ein paar Stunden im ältesten Knast Uruguays gesessen und im brasilianischen Regenwald Weltfrieden gefunden. Als digitaler Nomade hat er die halbe Welt bereist und ganz nebenbei die Layouts für unsere Magazine gemacht. Heute ist er schon fast sesshaft geworden und lebt mit seinem Hund Bonnie im sonnigen Lissabon, um dort zu biken, zu surfen und den entspannten Lebensstil zu genießen. Als Art Director haben wir ihm die geilen Layouts und Styles zu verdanken, die unsere Magazine auszeichnen.