Keine Lust auf Nieselregen, Nebel, Schlamm und kalte Temperaturen? Dann kehre dieses Jahr doch einfach dem deutschen Winter den Rücken und flieg zum Biken nach Gran Canaria!

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Droht im nasskalten Dauergrau wieder einmal die nächste Winterdepression, ist es an der Zeit, schleunigst den verbleibenden Resturlaub zu beantragen, die Spardose zu plündern und sich auf den Weg in sonnigere Gefilde zu machen. Jeden Tag steigen unzählige Urlaubsflieger gen Himmel, um Erholungssuchende in Richtung Süden zu befördern. Insgesamt 2,6 Millionen von ihnen wählen dabei jährlich Gran Canaria als Reiseziel. Dennoch ist die Insel bei Mountainbikern bisher noch relativ unbekannt und fristet ein Schattendasein neben der Bike-Hochburg La Palma – zurecht? Aufschluss kann hier nur ein Selbstversuch geben. Wir haben uns also auf den Weg gemacht und der Insel des ewigen Frühlings einen Besuch abgestattet – so wird Gran Canaria aufgrund seines ganzjährig milden Klimas mit einer durchschnittlichen Temperatur von 18–26 Grad und der geringen Anzahl an Regentagen (4 Tage/Monat) nämlich auch genannt.

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Als Basislager für unseren Trip wählten wir das traumhaft gelegene 2000-Einwohner-Dörfchen Tejeda mitten im Herzen der nahezu runden Insel. Der noch sehr traditionelle Ort liegt strategisch perfekt zwischen den großen Bergen. Hier scheint die Zeit stehengeblieben zu sein, die Hektik und Eile unserer westlichen Welt ist nicht nur Kilometer, sondern gefühlte Lichtjahre entfernt.

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BRAAAAP!! DAvid gibt auf den staubigen Trails Vollgas! Gebremst werden kann er nur von scharfkantigen Steinen und der traumhaften Aussicht
BRAAAAP!! David gibt auf den staubigen Trails Vollgas! Gebremst werden kann er nur von scharfkantigen Steinen und der traumhaften Aussicht

Diesen besonderen Charme versprüht auch unser Hotel, ein Landhaus aus dem 19. Jahrhundert, das vor Jahren mit viel Liebe zum Detail umgebaut wurde und eine schicke Symbiose aus alter Architektur und moderner Einrichtung darstellt. Es nicht nur schön anzuschauen, sondern stellt auch logistisch einen Traum für jeden Biker dar: Quasi direkt hinter dem Haus startet bereits der erste Trail. Allerdings muss man für den erst einmal gewappnet sein. Wie viele der Wege auf Gran Canaria ist auch er übersät mit spitzen, scharfkantigen Steinen, die nur darauf warten, die Karkasse dünnwandiger Reifen zu zerschneiden. Robuste Pneus – am besten mit doppelter Seitenwand – im Reisegepäck sind ein Muss!

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Wer sich darauf vorbereitet hat, wird allerdings beim Biken auf der Insel mit einer großartigen Stimmung und malerischen Ausblicken entschädigt. Die Trails sind teilweise schon jahrhundertealt und schlängeln sich langsam gen Tal. Wir fuhren auf unserem Trip durch eine ganze Reihe kleiner Dörfer und fühlten uns dabei teilweise wie Rockstars, weil die einheimischen Kinder uns so frenetisch begrüßten. Aber so schön die Gegend auch ist: Man kann ja nicht immer nur dastehen und Gebäude und Landschaft bewundern. Deshalb haben wir die historisch-urbane Umgebung dann direkt für einige Trial-Einlagen zweckentfremdet. Egal ob Treppen, Geländer oder Bänke – es gab kaum ein Hindernis, über das wir nicht springen, manualen oder droppen konnten.
Zur Abkühlung ging es im Anschluss auf einen absolut abgefahrenen Bootstrip mit drei Locals, die einmal mehr unsere Begeisterung von der Gastfreundlichkeit und Offenheit der Bevölkerung bestätigten. Diesmal pedalierten wir zur Abwechslung mal nicht auf dem Bike, sondern paddelten mit einer Art Katamaran hinaus aufs Meer und surften dann auf dem Weg zurück zur Küste die hohen Wellen – ein irres Gefühl!

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Akupunktur 2.0: Ein Sturz ist hier oft doppelt schmerzhaft, wenn es darum geht, die Kakteen-Stacheln wieder zu entfernen
Akupunktur 2.0: Ein Sturz ist hier oft doppelt schmerzhaft, wenn es darum geht, die Kakteen-Stacheln wieder zu entfernen

Unglaublich, aber wahr:

Gran Canaria verfügt über insgesamt vierzehn Mikroklimazonen. War man eben noch in einer kargen, wüstenähnlichen Umgebung, fährt man wenig später schon durch dichten, dschungelartigen Wald, um sich kurz im Anschluss wieder in alpinem Terrain zu bewegen. Mehrere Klimazonen an einem Tag zu erleben ist also nichts Ungewöhnliches und das bekamen wir auf unseren Touren auch deutlich zu spüren: Einmal ging es direkt von feuchter Nebelstimmung in den Wäldern zu warmen Sonnenstrahlen auf dem Gipfel eines Berges über den Wolken. Dort erlebten wir einen fantastischen Sonnenuntergang, ehe wir bergab über 1400 Höhenmeter wieder durch die unterschiedlichsten Vegetationszonen fuhren.

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Diese Abfahrt hätte abwechslungsreicher nicht sein können: Alpines Gelände, ein Dschungel-Abenteuer und offene Highspeed-Sektionen über sandigen Untergrund – es wurde alles geboten!

Zur Abkühlung ging es im Anschluss auf einen absolut abgefahrenen Bootstrip mit drei Locals, die einmal mehr unsere Begeisterung von der Gastfreundlichkeit und Offenheit der Bevölerung bestätigten.
Zur Abkühlung ging es im Anschluss auf einen absolut abgefahrenen Bootstrip mit drei Locals, die einmal mehr unsere Begeisterung von der Gastfreundlichkeit und Offenheit der Bevölerung bestätigten.
Zur Abwechslung pedalierten wir mal nicht auf dem Bike, sondern paddelten mit einer Art Katamaran hinaus aufs Meer und surften dann zurück zur Küste - ein irres Gefühl!
Zur Abwechslung pedalierten wir mal nicht auf dem Bike, sondern paddelten mit einer Art Katamaran hinaus aufs Meer und surften dann zurück zur Küste – ein irres Gefühl!

Und genau das ist auch das Besondere an Gran Canaria. Die Insel vereint Widersprüche auf eine überraschend stimmige Art. Seien es die unterschiedlichen Klimazonen, die stark wechselnde Vegetation oder der Unterschied zwischen dem tourismusgeprägten Süden und der Abgeschiedenheit im Norden – die Möglichkeiten auf der gerade einmal 1.500 km² kleinen Insel scheinen unbegrenzt und bieten so für jeden etwas. Das Eiland ist also perfekt geeignet für die Flucht vor der nächsten Winterdepression, egal ob allein, mit Freunden oder der Familie.

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Text: Christoph Bayer Fotos: Ismael Ibanez


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