Das Beste aus zwei Welten in einem Bike zu vereinen, versprechen viele Hersteller. Auch Canyon schickt sich hier an und kombiniert im Spectral 125 CF 9 ein kurzhubiges Fahrwerk mit progressiver Geometrie. Doch wie schlägt sich dieser Mix auf dem Trail? Und kann das Bike mit seinem großen Bruder, dem Spectral CFR, mithalten?

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Trail-Bike 2022 – 14 Modelle im Test

Canyon Spectral 125 CF 9 | 140/125 mm (v/h) | 13,8 kg in Größe L | 5.799€ | Hersteller-Website

Mit dem Canyon Spectral 125 CF 9 bringt der Direktversender aus Koblenz ein Bike, das gerade einmal 125 mm Federweg am Heck und 140 mm an der Front mit einer abfahrtsorientierten Geometrie kombiniert. Dieses 13,8 kg schwere progressive Trail-Bike teilt sich nicht nur den Namen mit dem preisgekrönten Spectral. Auch der Look und die Detaillösungen sind bei beiden zum Verwechseln ähnlich. Für 5.799 € sind an dem Bike Highend Parts mit hauseigenen Komponenten, wie Cockpit oder Sattelstütze, kombiniert.

Die Ausstattung des Canyon Spectral 125 CF 9

Die Züge des Canyon Spectral 125 CF 9 laufen kurz hinter dem Steuerrohr in das Unterrohr und sind am Eingang sauber geklemmt. Sitz- und Kettenstrebe sind mit einem großen Schutz versehen, vorne ist dieser leider trotzdem etwas zu kurz und hinter dem Kettenblatt haben wir bereits erste Lackschäden durch Schlagen der Kette festgestellt. Hier kann man sich mit einem kleinen Stück Slapper-Tape aber einfach und effektiv aushelfen. Auch am Unterrohr befindet sich ein Schutz, der jedoch eher klein dimensioniert ist. Am Oberrohr findet man einen Toolmount, an den die meisten gängigen Taschen passen oder die für 34,99 € erhältliche hauseigene Load-Rahmentasche, die an unserem Test-Bike angebracht ist.

Langbeinertraum
Bis zu 200 mm Hub und werkzeuglose Verringerung um bis zu 25 mm in Schritten von 5 mm. Mit diesen Daten hat der Canyon G5 Dropper die Tester überzeugt.
Groß, aber nicht groß genug
Der Kettenstrebenschutz ist großzügig dimensioniert. Trotzdem ist er nach vorne etwas zu kurz und der Lack hat hier bereits gelitten.
Fatboy
Die 200 mm große SRAM HS2-Bremsscheibe ist dicker als die herkömmliche und soll so hitzeresistenter sein.

Canyon Spectral 125 CF 9

5.799 €

Specifications

Fork FOX 36 Factory GRIP2 140 mm
Rear Shock FOX FLOAT X Factory 125 mm
Seatpost Canyon G5 Dropper Post 200 mm
Brakes SRAM CODE RSC 200/180 mm
Drivetrain SRAM GX AXS Eagle 1x12
Stem Canyon G5 45 mm
Handlebar Canyon G5 CF 780 mm
Wheelset DT Swiss XMC 1501 29"
Tires MAXXIS Minion DHR II, 3C, MaxxTerra, EXO/MAXXIS DISSECTOR ,3C, MaxxTerra, EXO 2,4/2,4

Technical Data

Size S M L XL
Weight 13,8 kg

Specific Features

Tool-Mount
Flip-Chip


Tuning-Tipp: beide Reifen mit robusterer Karkasse und einer weicheren Gummimischung an der Front montieren | Größere Bremsscheibe am Heck | Slapper-Tape auf Kettenstrebe vorne

Große Ambitionen
G5 steht bei Canyon für die höchste Belastungsfreigabe – ein Zeichen, wofür das Bike gedacht ist.
Schreibfehler?
Nein, das Spectral 125 hat wirklich einen Minion DHR II als Vorderreifen verbaut. Dieser funktioniert auch an der Front tadellos, aber wir hätten uns die weichere MaxxGrip-Gummimischung und eine robustere Karkasse gewünscht.

Das Fahrwerk des Canyon wird von FOX gestellt: Vorne arbeitet die 36er Factory-Federgabel mit GRIP2-Dämpfungskartusche. Bei diesem Topmodell hat man sehr viele Einstellmöglichkeiten und kann die Gabel optimal auf seine Vorlieben anpassen. Auch am Hinterbau findet sich mit dem FLOAT X Factory-Dämpfer eine top Ausstattung, er bietet neben Rebound- und Compression-Einstellung einen Hebel zur Plattformdämpfung. Das Cockpit ist hauseigen und besteht aus einem 40 mm langen Vorbau und einem 780 mm breiten Carbon-Lenker. Gestoppt wird mit der SRAM CODE RSC-Bremse. Die Hebelweite und der Druckpunkt lassen sich werkzeuglos einstellen und die SwingLink-Technologie soll den Leerweg verkürzen und die Bremspower verbessern. Gepaart ist die Bremse mit den neuen SRAM HS2-Bremsscheiben, die dicker sind als die herkömmlichen Modelle und so bessere Hitzebeständigkeit bieten sollen. Mit einer Breite von 200 mm vorne und 180 mm hinten sind sie für ein so potentes Trail-Bike trotzdem noch leicht unterdimensioniert.

Bergziege
Vor allem bei steilen und technischen Anstiegen brilliert das Spectral 125.

Die Gänge wechselt man am Canyon kabellos mit der SRAM GX AXS 12-fach-Schaltung. Diese bietet die gleiche Schalt-Performance wie das X01-Topmodell und bringt lediglich etwas Mehrgewicht mit. Besonders gut gefällt uns der 200 mm lange hauseigene G5-Dropper. Dieser ist der längste im Test und kann nach Bedarf auch werkzeuglos um 25 mm in 5-mm-Schritten abgesenkt werden. So ist er perfekt auf eure individuelle Beinlänge anpassbar und lässt sich dennoch vollständig im Rahmen versenken. Als Laufräder sind die leichten DT Swiss XMC 1501 Carbon verbaut. Die Reifenkombination kommt von MAXXIS mit dem Minion DHR II vorne und dem DISSECTOR hinten. Beide haben eine EXO-Karkasse und sind in der harten MaxxTerra-Gummimischung. Vorne würden wir uns die weichere MaxxGrip-Gummimischung wünschen, um mehr Traktion in den Kurven zu bekommen. Zudem robustere Karkassen wie MAXXIS Doubledown, um mit weniger Druck fahren zu können und so dem Potenzial des Bikes gerecht zu werden und die teuren Carbon-Felgen zu schützen.

Die Geometrie des Canyon Spectral 125 CF 9

Das Canyon Spectral 125 CF 9 ist in 4 Größen von S bis XL erhältlich, was eine Fahrergröße von 163 cm bis 203 cm abdecken soll. Es ist das Bike mit dem geringsten Federweg im Test – abgesehen vom Hardtail –, gleichzeitig ist es mit 64,1° das mit dem flachsten Lenkwinkel. Durch einen Flip-Chip in der Dämpferaufnahmen kann man Lenk- und Sitzwinkel um 0,5° steiler einstellen und das Tretlager um 8 mm erhöhen. Der Reach beträgt 486 und das Sattelrohr ist mit 435 mm sehr niedrig. Das erlaubt in Kombination mit der langen, voll versenkbaren Dropper viel Bewegungsfreiheit.

Größe S M L XL
Sattelrohr 395 mm 420 mm 435 mm 460 mm
Oberrohr 587 mm 615 mm 642 mm 669mm
Steuerrohr 110 mm 120 mm 130 mm 140 mm
Lenkwinkel 64° 64° 64° 64°
Sitzwinkel 76° 76° 76° 76°
Kettenstrebe 437 mm 437 mm 437 mm 437 mm
BB Drop 35 mm 35 mm 35 mm 35 mm
Radstand 1.200 mm 1.230 mm 1.259 mm 1.288 mm
Reach 435 mm 460 mm 486 mm 511 mm
Stack 613 mm 622 mm 632 mm 641 mm
Shirt Patagonia Fitz Roy Horizon | Shorts POC Essential Enduro | Helm Giro Tyrant Spherical MIPS | Brille Melon Optics Alleycat | Knieschoner Chromag Rift | Schuhe Ride Concepts Hellion Clip | Socken Stance | Uhr Garmin Forerunner 945

Das Canyon Spectral 125 CF 9 auf dem Trail

Rollt man in der Ebene, sitzt man angenehm und aufrecht auf dem Canyon Spectral 125 CF 9. Die Position ist leicht handlastig und etwas gestreckt. Der Hinterbau ist straff und wippt nur minimal. Zur Plattformdämpfung des Dämpfers haben wir aber nie greifen müssen. Geht es in den Aufstieg, bleibt die Front auch bei steilen Rampen auf dem Boden und man hat viel Traktion bei technischen Climbs.
Startet man die Abfahrt, fühlt man sich gut in das Bike integriert und bekommt so viel Selbstvertrauen vermittelt. Das Handling ist direkt und Lenkimpulse werden vom Canyon sofort in Richtungswechsel umgesetzt. Das macht es etwas anspruchsvoll zu fahren, passt aber zum Charakter als potentes Trail-Bike. Insgesamt schafft das Spectral 125 den Balanceakt zwischen Agilität und Laufruhe gut. Das Fahrwerk ist sehr straff und hat viel Pop und Gegenhalt.

Durch das direkte Feedback, das das Spectral 125 weitergibt, verzeiht es wenig Fehler und benötigt es einen geübten Fahrer, der damit umgehen kann.

Confidence-Booster
Trotz des geringen Federwegs vermittelt das Spectral 125 viel Selbstvertrauen und scheut auch vor fiesen Steinfeldern nicht zurück.

Wer gerne mit dem Trail spielt und alles gapt, was möglich ist, ist bei dem Spectral 125 goldrichtig. Dennoch hat es ausreichend Reserven für riskante Manöver oder verpatzte Landungen. Diese Eigenschaft rächt sich jedoch im technischen Gelände: In steilen Passagen oder auf Wurzel- und Steinfeldern fehlt es dem Spectral durch den straffen Hinterbau 125 etwas an Traktion am Heck. Im Vergleich zu seinem großen Bruder ist es deutlich agiler, aber auch weniger laufruhig und anspruchsvoller zu fahren.

Das Fahrwerk des Canyon Spectral 125 CF 9 ist straff, vermittelt aber mehr Federweg, als es auf dem Papier mitbringt.

Riding Characteristics

12

Uphill

1
  1. sluggish
  2. efficient

Agility

2
  1. cumbersome
  2. playful

Stability

3
  1. nervous
  2. confident

Handling

4
  1. demanding
  2. balanced

Suspension

5
  1. harsh
  2. plush

Fun Factor

6
  1. planted
  2. poppy

Value for money

7
  1. terrible
  2. very good

Intended Use

XC

8

Trail

9

Enduro

10

Downhill

11

Fazit

Das Konzept des Canyon Spectral 125 CF 9 geht auf und es hat das Zeug zum potenten Trail-Bike: Geometrie, Handling und Fahrwerk werden diesem Anspruch gerecht, die Ausstattung zeigt allerdings Schwächen bei der Bremse und den Reifen. Es ist ein starker Kletterer, besonders bei steilen Aufstiegen. Auf dem Trail vermittelt das Canyon das Gefühl, mehr Federweg als auf dem Papier zu besitzen und liefert so viel Selbstvertrauen. Durch sein direktes Feedback benötigt es aber auch einen erfahrenen Piloten.

Tops

  • vermittelt mehr Federweg und hohes Selbstvertrauen
  • direktes Handling und straffes Fahrwerk
  • antriebsneutral im Uphill

Flops

  • Reifen passen nicht zu Potenzial des Bikes
  • benötigt erfahrenen Piloten

Mehr Informationen findet ihr unter canyon.com

Das Testfeld

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Trail-Bike 2022 – 14 Modelle im Test

Alle Bikes im Test: Atherton AM.150 (Zum Test) | Bold Linkin 135 Ultimate (Zum Test) |
Canyon Spectral 125 CF 9 (Zum Test) | Canyon Spectral CFR (Zum Test) | FOCUS JAM 8.9 (Zum Test) | Mondraker Raze RR SL (Zum Test) | Propain Hugene (Zum Test) | Rocky Mountain Instinct C70 (Zum Test) | ROSE BONERO 3 (Zum Test) | Santa Cruz Bronson CC X01 AXS (Zum Test) | SCOR 4060 ST GX (Zum Test) | Specialized Stumpjumper EVO S-Works (Zum Test) | Specialized Stumpjumper EVO Elite Alloy (Zum Test) | YT JEFFSY UNCAGED 6 (Zum Test)


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Text: Simon Kohler Fotos: Peter Walker, Mike Hunger

Über den Autor

Simon Kohler

Simon liebt Geschwindigkeit. Als Downhill Skater ist er lange Zeit Rennen gefahren und mit seinem Longboard Alpenpässe runtergeknallt. Inzwischen hat er vier gegen zwei Reifen eingetauscht und heizt jetzt mit seinem Mountainbike auf Trails und Bikepark Lines. Bei verschiedensten Roadtrips durch die Alpen hat er seither einige der feinsten Trails Europas ausgekostet. Da er einige Zeit in Österreich gelebt hat, kennt er zudem die lokalen Bikeparks wie seine Westentasche. Durch sein Ingenieurstudium und seine Liebe zum Detail ist er ein echter Technik-Nerd und testet jetzt als Redakteur die aktuellsten Bikes und Parts auf Herz und Nieren. Als Frühaufsteher und selbsterklärter Müsli-Connaisseur lebt er sein Leben frei nach dem Motto „Powered by Oats. And also Legs.“