Mit dem Strive CFR schickt der Direktversender sein neues Enduro-Race-Bike in den Test. Mit dem verbauten Shapeshifter lassen sich Geometrie und Kinematik per Remote während der Fahrt ändern. Es hat sich bereits in vielen EWS-Rennen unter dem Canyon Collective Factory Team bewiesen. Doch kann es sich in unserem Test behaupten?

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Enduro-Bike 2023 – 14 Modelle im Test

Canyon Strive CFR | 170/160 mm (v/h) | 29″
15,7 kg in Größe M | 6.299 € | Hersteller-Website

Das Canyon Strive CFR ist für Geschwindigkeit entwickelt. Im großen Line-up des Koblenzer Direktversenders steht es als Enduro-Race-Bike und hat bereits unzählige EWS-Rennen unter dem Gürtel. Mit einem Preis von 6.299 € ist es das günstigste Bike im Test, gleichauf mit dem Specialized Stumpjumper EVO. Es bringt 170 mm Federweg an der Front und 160 mm am Heck sowie ein Gewicht von 15,7 kg mit. Das Besondere an dem Bike ist der Shapeshifter, der bereits seit Langem am Strive zu finden ist und für das neueste Modell nochmal überarbeitet wurde. Mit dieser Gasdruckfeder lassen sich die Geometrie des Bikes und die Kinematik des Hinterbaus per Knopfdruck zwischen Uphill und Downhill ändern. Es ist sozusagen ein Flip-Chip, der sich per Lenker-Remote aktivieren lässt.

Das Canyon Strive CFR 2022 im Detail

Der Rahmen des Canyon Strive CFR ist aus dem hochwertigeren CFR-Carbon gefertigt. Das soll im Vergleich zu dem günstigeren CF-Carbon eine höhere Qualität besitzen und dem Rahmen so bei gleicher Steifigkeit zu weniger Gewicht verhelfen. Vorerst gibt es das Strive nur in dieser teureren Material-Variante. Die Leitungen verlaufen im Inneren des Rahmens und sind am Ein- und Ausgang geklemmt. Sitz- und Kettenstrebe sind mit einem großen Schutz versehen und sorgen für Ruhe auf dem Trail. Zusätzlich sind die Streben mit Rahmenschutzfolie abgedeckt, um sie vor Schuhabrieb zu schützen. Unterhalb des Oberrohrs ist ein Toolmount angebracht und das Unterrohr wird mit einem Plastikteil vor hochfliegenden Steinen geschützt.

Spagat
Das Strive schafft eine gute Balance aus Agilität und Laufruhe und ist dadurch für Highspeed ebenso gut geeignet wie für schnelle Kurvenkombis.

Die Ausstattung des Canyon Strive CFR 2022

Das Canyon Strive CFR bietet eine top Ausstattung für einen fairen Preis: Als Federgabel ist eine FOX 38 Factory mit GRIP2-Dämpfungskartusche verbaut, als Luftfederdämpfer der FOX X2 Factory. Die Shimano XTR-Bremse ist mit 200-mm-Bremsscheiben an Front und Heck ausgestattet. Auch die 12-fach-Schaltung stammt aus der XTR-Reihe, wobei sie mit einer Kassette aus der günstigeren XT-Reihe kombiniert ist. Diese ist etwas schwerer, hat sonst aber keine Nachteile auf dem Trail. Die Canyon G5-Dropperpost bietet mit 170 mm Hub zu wenig Bewegungsfreiheit für ein Bike mit einem so langen Reach. Ab Rahmengröße L wird allerdings eine Sattelstütze mit 200 mm Hub verbaut. Sie kann bei beiden Hublängen in 5-mm-Schritten um bis zu 25 mm abgesenkt werden. Der Canyon G5 Alu-Lenker hat eine Breite von 780 mm. Ein Bashguard und eine Kettenführung schützen euer Kettenblatt. Das Strive rollt auf Laufrädern, die aus der DT Swiss EX 511-Alu-Felge in Kombination mit der 350er-Nabe des Herstellers bestehen. Das ist die gleiche Kombination wie bei den EX 1700-Alu-Laufrädern, mit denen wir gute Erfahrungen gemacht haben. Der Unterschied ist, dass sie nicht von DT Swiss gebaut wurden, sondern von Canyon. Die Reifen kommen von MAXXIS: vorne ist ein 29 x 2,5” ASSEGAI mit weicher MaxxGrip-Gummimischung verbaut, hinten ein 29 x 2,4 “ Minion DHR II mit härterer MaxxTerra-Gummimischung. Die Kombination aus Grip an der Front und Haltbarkeit am Heck ist top, allerdings haben beide Reifen die pannenanfällige EXO+ Karkasse verbaut. An einem so potenten Bike wie dem Strive hätten wir uns Modelle mit robusterer Doubledown-Karkasse vorne und hinten gewünscht.

Eindeutige Beschriftung
Der Shapeshifter wird mit den zwei oberen Hebeln gesteuert. Durch die Anordnung nebeneinander ist nur eine minimale Eingewöhnungszeit nötig.
Same same, but different
Die DT Swiss EX 511-Felge kombiniert mit der 350er-Nabe sind die gleichen Teile, die auch in dem DT Swiss EX 1700-Laufrad verbaut sind. Allerdings wird das verbaute Laufrad von Canyon zusammengebaut.
Zwei in einem
Mit einer Gasfeder kann man die Geometrie des Bikes und das Hebelverhältnis des Hinterbaus ändern.
Fichten-Slalom-approved
Mit einer Breite von 780 mm ist der Canyon G5 Alu-Lenker schmaler als die meisten anderen Lenker im Test. Das Strive ist dennoch sehr laufruhig.
Knapp daneben
Die weiche Gummimischung an der Front ist top, für ein so potentes Bike hätten wir uns allerdings Reifen mit robusterer Doubledown-Karkasse gewünscht.

Canyon Strive CFR

6.299 €

Specifications

Fork FOX 38 Factory GRIP2 170 mm
Rear Shock FOX X2 Factory 160 mm
Seatpost Canyon G5 170 mm
Brakes Shimano XTR 200/200 mm
Drivetrain Shimano XTR 1x12
Stem Canyon G5 40 mm
Handlebar Canyon G5 Alu 780 mm
Wheelset DT Swiss EX 511 29"
Tires MAXXIS ASSEGAI, EXO+, 3C MaxxGrip/MAXXIS Minion DHR II, EXO+, 3C MaxxTerra 2,5/2,4

Technical Data

Size S M L XL
Weight 15,7 kg

Specific Features

Shapeshifter
verstellbaren Reach
Toolmount

Die Geometrie des Canyon Strive CFR 2022

Das Canyon Strive CFR ist in vier Größen von S bis XL erhältlich und soll so eine Körpergrößenspanne von 163 cm bis 200 cm abdecken. Allerdings fallen die Reach-Werte bei dem Bike sehr lang aus und Rahmengröße M entspricht eher Größe L anderer Hersteller – oder auch anderer Bikes von Canyon. Man kann den Reach mit Austausch der inkludierten Steuersatzkappen variieren, in unserer getesteten Größe M zwischen 475 mm, 480 mm und 485 mm. Wir sind vornehmlich im mittleren Reach-Setting gefahren. Das Sattelrohr ist im Vergleich dazu mit 420 mm sehr kurz. Durch den kurzhubigen Dropper kann man die Vorteile davon jedoch nicht ganz nutzen. Schaltet man den Shapeshifter in den Uphill-Modus, hebt sich das Tretlager um 15 mm und Sitz- und Lenkwinkel werden um 1,5° auf 78° bzw. 64,5° steiler. Zusätzlich wird das Übersetzungsverhältnis des Hinterbaus verändert, sodass er straffer ist und nur noch 140 mm Federweg bereitstellt.

Größe S M L XL
Sattelrohr 400 mm 420 mm 435 mm 460 mm
Oberrohr 601 mm 627 mm 654 mm 684 mm
Steuerrohr 105 mm 110 mm 120 mm 140 mm
Lenkwinkel 63/64,5° 63/64,5° 63/64,5° 63/64,5°
Sitzwinkel 76,5/78° 76,5/78° 76,5/78° 76,5/78°
Kettenstrebe 435 mm 435 mm 435 mm 435 mm
BB Drop 36 mm 36 mm 36 mm 36 mm
Radstand 1.234 mm 1.262 mm 1.291 mm 1.325 mm
Reach 450/460 mm 475/485 mm 500/510 mm 525/535 mm
Stack 629 mm 634 mm 642 mm 660 mm
Helm Giro Insurgent | Goggle Fox Main Stripe | Hip Pack Canyon Hip Bag | Shirt POC Pure LS Jersey | Hose SQLab ONE10 S | Schuhe Specialized 2FO ClipLite

Das Canyon Strive CFR auf dem Trail

Im Uphill ist das Canyon Strive CFR eines der besten Bikes im Test. Es ist vergleichbar mit dem MERIDA und nur das straffe Mondraker fühlt sich im Uphill noch lebendiger an. Einen großen Teil für die gute Performance verantwortet natürlich der Shapeshifter. Durch ihn hat man eine sehr zentrale Sitzposition über dem Bike und der Hinterbau wippt deutlich weniger. Die Bedienung bedarf einer minimalen Eingewöhnungszeit, durch die Anordnung der beiden nebeneinander liegenden Hebel weiß man jedoch schnell, wo was passiert. Zum Aktivieren des Pedal-Modus muss man den entsprechenden Hebel drücken und das Fahrrad kurz entlasten, um den Downhill-Modus zu aktivieren, drückt man den anderen Hebel und belastet das Bike kurz. Damit das Umschalten zwischen den Modi richtig funktioniert, muss der Druck in der Gasfeder mit einer Dämpferpumpe zuvor auf das Fahrergewicht angepasst werden. Es ist also ein Bauteil, das ein Extra an Komplikation in das Strive bringt, aber auch einen deutlich spürbaren Effekt auf die Fahr-Performance hat.

Durch den Shapeshifter sitzt man zentral auf dem Strive und das Fahrwerk ist straff. Das macht das Canyon zu einem der besten Kletterer im Test.

Doppelter Spagat
Das Fahrwerk schafft den doppelten Spagat: Es bietet Traktion, Gegenhalt und ausreichend Reserven.

Aufspringen und wohlfühlen – das ist das Motto des Canyon Strive. Im Vollgas Trails zu heizen, hat sich noch nie so sicher angefühlt.

Startet man bergab, fühlt man sich auf dem Strive sofort wohl. Es ist super einfach zu fahren und bietet ein gutmütiges Handling. Dadurch braucht man nur eine minimale Eingewöhnungszeit und auch nach einem langen Tag auf dem Bike kommt man mit dem Canyon sicher – aber dennoch schnell – ins Tal herunter. Das Fahrwerk ist sehr gut und bietet eine top Balance aus Gegenhalt, Reserven und Traktion. Bei Letzterem kann es allerdings nicht ganz mit dem Yeti mithalten. Dennoch zeigt es herausragende Allround-Qualitäten. Egal, was man mit dem Strive in Angriff nehmen möchte, es macht alles nicht nur mit, sondern scheint sichtlich unbeeindruckt, unabhängig davon, wie steil und technisch die Abfahrten werden. Denn trotz der hohen Laufruhe bringt es eine sehr gute Agilität mit und Highspeed-Geballer liegen dem Bike genauso gut wie schnelle Richtungswechsel oder flotte Änderungen der Linie. Das Strive zeigt hier ein Gesamtpaket, das es mit jedem Trail aufnehmen kann – und das zum halben Preis mancher anderen Bikes im Test. Aber Augen auf bei der Größenwahl!

Tuning-Tipp: Reifen mit robusterer Karkasse vorne und hinten

Riding Characteristics

12

Uphill

1
  1. sluggish
  2. efficient

Agility

2
  1. cumbersome
  2. playful

Stability

3
  1. nervous
  2. confident

Handling

4
  1. demanding
  2. balanced

Suspension

5
  1. harsh
  2. plush

Fun Factor

6
  1. planted
  2. poppy

Value for money

7
  1. terrible
  2. very good

Intended Use

XC

8

Trail

9

Enduro

10

Downhill

11

Fazit

Als Versender-Bike ist das Canyon Strive das günstigste Bike im Test, strotzt aber dennoch mit einer starken Ausstattung. Es ist ein super Allrounder und durch den Shapeshifter einer der besten Kletterer im Test. In der Abfahrt zeigt das Strive eine sehr gute Balance und gutmütiges Fahrverhalten, kombiniert mit einem sehr starken Fahrwerk. Es ist ein Bike, das mit den Besten mithalten kann und es shreddet die Trails und nicht euer Konto ;). Somit ist das Canyon der Kauftipp unseres Enduro-Tests!

Tops

  • sehr fairer Preis
  • sehr starker Allrounder
  • sehr kurze Eingewöhnungszeit

Flops

  • Reifen werden dem Potenzial des Bikes nicht gerecht
  • kurzer Dropper schränkt Bewegungsfreiheit ein

Mehr Informationen findet ihr unter canyon.com

Das Testfeld

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Enduro-Bike 2023 – 14 Modelle im Test

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Text: Simon Kohler Fotos: Peter Walker, Mike Hunger

Über den Autor

Simon Kohler

Simon liebt Geschwindigkeit. Als Downhill Skater ist er lange Zeit Rennen gefahren und mit seinem Longboard Alpenpässe runtergeknallt. Inzwischen hat er vier gegen zwei Reifen eingetauscht und heizt jetzt mit seinem Mountainbike auf Trails und Bikepark Lines. Bei verschiedensten Roadtrips durch die Alpen hat er seither einige der feinsten Trails Europas ausgekostet. Da er einige Zeit in Österreich gelebt hat, kennt er zudem die lokalen Bikeparks wie seine Westentasche. Durch sein Ingenieurstudium und seine Liebe zum Detail ist er ein echter Technik-Nerd und testet jetzt als Redakteur die aktuellsten Bikes und Parts auf Herz und Nieren. Als Frühaufsteher und selbsterklärter Müsli-Connaisseur lebt er sein Leben frei nach dem Motto „Powered by Oats. And also Legs.“