Der Winter rückt näher und unser erfahrenes Testteam bereitet sich und seine Testbikes auf die Dauertests in der kalten Jahreszeit vor. Das NICOLAI ION-16 ist dabei ein Bike, das so aussieht, als könne es jeder Widrigkeit widerstehen – aber das kann ja täuschen. Es ist an der Zeit, sich das Bike genauer anzusehen und zu prüfen, wie die klaren Linien, der stabile Eindruck und die erstklassigen Komponenten mit den Herausforderungen auf den Trails umgehen können.
Komponenten des NICOLAI ION-16 Techline
Wie schon zum Bericht unserer ersten Ausfahrt festgestellt, ist das Techline das Flaggschiff der Linie und bei 5.499 € vollgestopft mit SRAM- und Hope-Komponenten. RockShox PIKE RTC3 Solo Air und Monarch Plus RC3 teilen sich das ausgewogene und leicht einzustellende Fahrwerk, die RockShox Reverb-Teleskopsattelstütze ist ein gern gesehener Gast. Der SRAM X1 1×11-Antrieb ist bewährt und hat, wenig überraschend, die letzten Monate problemlos funktioniert. Bremsen, Laufräder, Kurbel und Innenlager kommen von Hope Technology, die für ihre Haltbarkeit bekannt sind – im Laufe des Tests aber etwas Zuwendung einforderten, dazu aber später mehr. Mit 14,1 kg ist das ION-16 kein Leichtgewicht, dafür haben wir es auch über die härtesten Trails geprügelt, die wir finden konnten.
Setup des NICOLAI ION-16 Techline
Das NICOLAI macht seine Tour von den schlammigen Hängen Süddeutschlands bis zu den sonnengeküssten Hügeln der italienischen Rivera. Das ursprüngliche Setup war für unseren Geschmack etwas hart und wurde von den Fahrwerksprofis von Fahrrad Fahrwerk überarbeitet und seitdem so belassen. Die auffälligen Ergon-Bauteile (Sattel und Griffe) waren am Anfang bequem, lenkten aber durch ihre Form nach einiger Zeit ab und wurden gegen einen WTB-Sattel und Sensus-Griffe getauscht. Auch die Continental Trail King-Reifen waren nichts für die härtere Gangart und mussten ONZA CITIUS an der Front und IBEX am Heck weichen. Diese Änderungen machten das NICOLAI zu einem angenehmen Begleiter, auch bei langen und fordernden Ausfahrten.
Das NICOLAI ION-16 Techline auf dem Trail
Die Hope-Kurbeln kamen mit einem 32er-Kettenblatt, das für zügige Abfahrten absolut in Ordnung war, seinem Fahrer bei Anstiegen ab einer halben Stunde aber Kräfte raubt. Es wurde gegen ein 30er-Kettenblatt getauscht. Der Unterschied, den die zwei Zähne weniger machten, gleichte den Rückschlag fürs Ego unseres Testers absolut aus. Mit stimmiger Übersetzung stellten wir fest, dass das Bike gut klettert und das Hinterrad nur selten den Grip verliert. Auch das Vorderrad bleibt – selbst auf steilen Rampen – am Boden und die Plattformen von PIKE und Monarch reduzieren das Wippen auf ein Minimum.
Zwar ist das Bike keine Bergziege, geht die Anstiege aber dem Gewicht entsprechend zügig hoch. Aber wie stellt es sich bergab an? Wir fahren das NICOLAI immer noch mit dem regulären Steuerwinkel von 65,5°, der durch Drehen des „ET“-Schlüssels auf 66,5° verstellt werden kann. Wir sahen aber keinen Grund, die gut funktionierende flache Geometrie zu verändern. Unser Tester fuhr das Bike auf losem Geröll, steilen Abhängen und großen Doubles, musste sich aber nur ein Mal Gedanken um das Bike machen, als er einen unglücklich gebauten Drop ins Flat sprang und die PIKE durchschlug – für das robuste NICOLAI kein Problem. Das Fahrwerk fühlt sich beim „Parkplatz-Test“ etwas hart an, reguliert sich aber auf dem Trail zu einer sehr reaktiven und vorhersehbaren Geschichte, gerade bei hohen Geschwindigkeiten. Die Kombination des effektiven Fahrwerks und der aggressiven ONZA-Reifen macht das Bike stimmig und verlässlich auch im ärgsten Terrain. Es ist schnell und fühlt sich sowohl auf dem Trail als auch in der Luft stabil an. Der Aufprall auf Steinen oder Wurzeln wird mit ihm zum Vergnügen.
Probleme mit dem NICOLAI ION-16 Techline
Während des Tests hatten wir ein paar kleine Probleme. Die Hope-Kurbel löste sich trotz ihrer stabilen Erscheinung und leider braucht man zum Festziehen von Hope-Kurbeln ein spezielles Werkzeug, was die Reparatur neben dem Trail fast unmöglich macht. Klammert man die Komponenten aus, war das NICOLAI ION-16 absolut zuverlässig. Alle Schrauben blieben an Ort und Stelle und die Umlenkungen laufen leise und reibungslos. Es gibt keine Spur von Flex oder Spiel und selbst die gefrästen Kabelführungen sind noch da, wo sie hingehören. Das Unterrohr hat eine kleine Delle von einem aufgewirbelten Stein abbekommen, aber ansonsten sieht das Bike noch aus wie neu. Der Lack hat gut gehalten und weder Kratzer noch Abrieb vom Kontakt mit Klamotten oder Schuhen.
Ist das NICOLAI ION-16 Techline ein gutes Bike?
Insgesamt waren wir mit dem NICOLAI ION-16 Techline sehr zufrieden. Es richtet sich an Fahrer, denen Haltbarkeit und Verlässlichkeit wichtiger sind als Carbon und ein geringes Gewicht – und die es ordentlich krachen lassen wollen. Der aufgeräumte Look des NICOLAI, die Liebe zum Detail und für echte Handwerkskunst, aber auch seine überragenden Abfahrtsqualitäten machen es besonders. Sprünge auch mal ins Flat zu springen bedingt Vertrauen zum Bike, das erst mal verdient sein will. Und das NICOLAI ION-16 hat es sich ohne Frage verdient!
Für weitere Informationen zum ION-16 Techline und NICOLAI lohnt ein besuch auf nicolai-bicycles.com.
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Text: Evan Philipps Fotos: Noah Haxel