High-Pivot-Bikes liegen stark im Trend. Auch der kanadische Hersteller Devinci Bikes setzt beim neuen budgetbewussten Chainsaw Enduro-Bike auf das Hinterbaukonzept mit hohem Drehpunkt. Was das Bike mit Downhill-Legende Stevie Smith zu tun hat und wie es auf dem Trail abliefert, haben wir für euch getestet.

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: North America’s Finest – 7 Modelle im Test

Devinci Chainsaw GX Enduro | 170/170 mm (v/h) | 16,3 kg in Größe M | 4.799 $ | Hersteller-Website

Devinci Bikes sollte den meisten von euch ein Begriff sein, der Hersteller aus Kanada ist vor allem aus dem Downhill World Cup und dem Mountainbike-Segment bekannt. Geprägt wurde die Bike-Marke vor allem auch durch die kanadische DH-Legende Stevie Smith, der sich einige World Cup-Siege und den Gesamtsieg im Jahr 2013 sichern konnte. Neben potenten Downhillern, Enduro- und Trail-Bikes hat Devinci auch Gravel- und Road-Bikes im Portfolio – mit den Rennrädern hat übrigens 1987 alles angefangen. Devinci Bikes hat ihr Headquarter in Quebec, die meisten Bikes werden dort gefertigt. Auch das neue Devinci Chainsaw, das das Vermächtnis von Stevie „Chainsaw“ Smith fortführen soll, wird in Kanada hergestellt. Das Alu-Bike ist – wie soll es auch anders sein – in einer DH-Version oder in einer Enduro-Version erhältlich. Die von uns getestete Enduro-Variante rollt auf 29”-Rädern daher und verfügt über 170 mm Federweg an Front und Heck. Der Hinterbau kommt mit einem High-Pivot-Design, was bedeutet, dass sich der Drehpunkt, um den sich das Hinterrad beim Einfedern bewegt, weiter oben befindet als gewöhnlich. Das führt dazu, dass sich das Hinterrad beim Einfedern nicht nur nach oben, sondern auch nach hinten bewegt, wodurch es Hindernisse am Boden besser überrollen soll. In der von uns getesteten Größe M bringt das Devinci Chainsaw GX Enduro 16,3 kg auf die Waage und ist ab 4.799 kanadischen Dollar zu haben, das sind umgerechnet ca. 3.265 €. Wer Eigentümer des Chainsaw werden will, muss sich wohl noch etwas gedulden oder sich selbst auf nach Kanada machen und das Bike vor Ort kaufen, denn es wird so erst mal nicht in Europa verfügbar sein.

Das Devinci Chainsaw GX Enduro im Detail

Das Devinci Chainsaw GX Enduro macht direkt auf den ersten Blick klar, dass es den Fokus auf Performance statt auf Optik legt. Der Alurahmen kommt mit sichtbaren Schweißnähten und versucht sie nicht mal im Ansatz zu kaschieren. Die Leitungen laufen am Steuerrohr in den Rahmen und treten kurz am Übergang vom Hauptrahmen zum Hinterbau ans Tageslicht. Die Umlenkrolle des High-Pivot-Hinterbaus wird komplett von einer Kunststoffabdeckung umschlossen. So ist das Röllchen nicht nur vor Dreckbeschuss geschützt und die Kette an Ort und Stelle gehalten, sondern auch eure Bike-Hose dankt es euch, bei Kontakt nicht zermalmt zu werden. Zusätzlich sorgt die Kettenführung unterhalb des Kettenblatts dafür, dass die Kette das Kettenblatt stark umschlingt und die Kette gar keine Chance hat, vom Kettenblatt zu rutschen. Ein Sitz- und Kettenstrebenschutz schützt den Lack vor Beschädigungen und sorgt für ein leises Bike. Am Unterrohr hält ein kurzer Protektor aus Kunststoff herumfliegende Steinen vom Rahmen fern. Einen Toolmount gibt es am Chainsaw leider keinen und so müssen nützliche Tools entweder daheim bleiben oder anderweitig verstaut werden.

Raw
Der Alurahmen des Devinci Chainsaw Enduro zeigt seine Schweißnähte ganz offen, was zum rauen Look des Bikes beiträgt
Dach
Die Umlenkrolle ist durch ein Kunststoff-Cover geschützt, das die Kette führt und vor Dreckbeschuss schützt.

Das Devinci Chainsaw macht direkt auf den ersten Blick klar, dass es den Fokus auf Performance statt auf Optik legt.

Die Ausstattung des Devinci Chainsaw GX Enduro

Das Devinci Chainsaw Enduro gibt es in den zwei Ausstattungsvarianten SX und GX. Die von uns getestete GX-Variante setzt auf ein RockShox-Fahrwerk: Die ZEB Rush RC kommt mit der günstigen Rush RC-Dämpfungskartusche, die nicht so feinfühlig anspricht wie die hochwertige Charger 3-Kartusche aus dem RockShox-Sortiment. Zudem bietet sie nur beschränkte Einstellmöglichkeiten von Druck- und Zugstufe. Am Heck verwaltet der Super Deluxe Select R die 170 mm Federweg, der nur über eine Rebound-Einstellung verfügt. Die TranzX Dropper bietet mit 150 mm deutlich zu wenig Hub und schränkt die Bewegungsfreiheit auf dem Bike ein. Der Name der Ausstattungsvariante verrät, dass die Gangwechsel präzise mit der SRAM GX 12-fach-Schaltgruppe erfolgen, gebremst wird mit SRAM G2 RE-Vierkolbenbremsen in Kombination mit 200-mm-Bremsscheiben vorne und hinten. Trotzdem bietet die G2 zu wenig Bremspower, hier würden wir ein Upgrade auf die deutlich stärkere SRAM CODE RSC empfehlen. Der V2 Pro-Vorbau ist mit einem 800 mm breiten Race Face Aeffect 35-Alulenker kombiniert. Ebenfalls von Race Face sind die AR30-Alu-Laufräder, auf denen Reifen von MAXXIS aufgezogen sind: vorne ein 29 x 2,5” Minion DHF in der harten MaxxTerra- Gummimischung und der pannenanfälligen EXO+ Karkasse, hinten ein Minion DHR II in der robusten Doubledown-Karkasse und der weichen MaxxGrip-Mischung. Wir würden zumindest an der Front auf ein Upgrade zur robusteren Doubledown-Karkasse und der weicheren MaxxGrip-Mischung für mehr Grip empfehlen. In diesem Zug kann auch der hintere Reifen zugunsten eines besseren Rollwiderstands und längerer Haltbarkeit gegen die härtere MaxxTerra-Gummimischung getauscht werden. Der DHR II macht sich auch als Vorderreifen nicht schlecht, wenn ihr den an die Front packt, reicht es, einen neuen Reifen für das Heck zu kaufen ;)

Unsensibel
Die RockShox ZEB Rush RC-Federgabel bietet neben der geringen Einstellbarkeit auch nur wenig sensibles Ansprechverhalten auf dem Trail.
Etwas zu kurz gekommen
Die TranzX Dropper bietet mit 150 mm zu wenig Hub für ein Bike in Rahmengröße M und schränkt die Bewegungsfreiheit auf dem Bike ein.
Zwei Fliegen mit einer Klappe
Der MAXXIS Minion DHF kommt in der harten MaxxTerra-Gummimischung und der pannenanfälligen EXO+ Karkasse. Mit dem Upgrade auf einen Reifen mit robuster Doubledown-Karkasse und MaxxGrip-Mischung schlagt ihr gleich zwei Fliegen mit einer Klappe.

Devinci Chainsaw GX Enduro

4.799 €

Specifications

Fork RockShox ZEB Rush RC 170 mm
Rear Shock RockShox Super Deluxe Select R 170 mm
Seatpost TranzX Dropper 150 mm
Brakes SRAM G2 RE 200/200 mm
Drivetrain SRAM GX Eagle 1x12
Stem V2 Pro 40 mm
Handlebar Race Face Aeffect 35 780 mm
Wheelset Race Face AR30 29"
Tires MAXXIS Minion DHF MaxxTerra EXO+/Minion DHR ll MaxxGrip DD 2,5"/2,4"

Technical Data

Size S M L
Weight 16,3 kg

Specific Features

Flip-Chip

Die Geometrie des Devinci Chainsaw Enduro

Das Devinci Chainsaw Enduro ist in vier Größen von S–XL verfügbar und soll Fahrergrößen zwischen 160 cm und 198 cm abdecken. Zwar fällt das Sitzrohr in Größe M mit einer Länge von 435 mm bei einem Reach von 469 mm normal aus, schränkt aber zusammen mit der kurzen Dropper die Bewegungsfreiheit ein und der Sattel ist bei der Abfahrt schnell mal im Weg. Die Kettenstrebenlänge beträgt bei Rahmengröße M sehr kurze 430 mm und wächst jeweils um 5 mm mit. Mit einem Flip-Chip in der Dämpferaufnahme kann das Bike ohne Geometrieveränderungen auf ein Mullet-Setup umgebaut werden.

Größe S M L XL
Sattelrohr 405 mm 435 mm 450 mm 470 mm
Oberrohr 558 mm 586 mm 619 mm 651 mm
Steuerrohr 95 mm 105 mm 115 mm 125 mm
Lenkwinkel 62,9° 62,9° 62,9° 62,9°
Sitzwinkel 79,5° 79,4° 78,9° 78,4°
Kettenstrebe 425 mm 430 mm 435 mm 440 mm
Radstand 1.228 mm 1.257 mm 1.292 mm 1.327 mm
Reach 449 mm 469 mm 494 mm 515 mm
Stack 614 mm 623 mm 632 mm 641 mm
Helm TLD A3 | Brille 100% Glendale | Hip Pack San Util Whirlpool | Shirt T-Shirt White | Hose FOX Flexair | Schuhe Crankbrothers Mallet

Das Devinci Chainsaw GX Enduro auf dem Trail

Schwingt man sich auf den Sattel des Devinci Chainsaw Enduro, sitzt man bequem und durchaus tourentauglich. Bei Uphills ist man jedoch weit hinten Richtung Heck positioniert. Die Front bleibt zwar am Boden, aber es lohnt sich dennoch, den Sattel nach vorne zu schieben, um weniger nach vorne arbeiten zu müssen – vor allem, wenn man steilere Climbs in Angriff nimmt. Das hohe Gewicht und die spürbare Reibung in den Umlenkrollen des High-Pivot-Hinterbaus machen das Chainsaw zu einem gemütlichen Kletterer.

Harte Arbeit
In flachen offenen Kurven muss stark nach vorne gearbeitet werden, um den Grip an der Front aufrechtzuerhalten.

Tuning-Tipp: Reifen mit weicherer MaxxGrip-Gummimischung an der Front | Cockpit absenken für mehr Traktion in offenen Kurven | standfestere Bremse

Startet man auf den Trail, steht man leicht hecklastig und mehr auf als im Bike. Auf flachen Trails langweilt sich das Devinci Chainsaw und man muss viel nach vorne arbeiten, um ausreichend Druck auf die Front zu bekommen. Gerade in offenen Kurven auf losem Untergrund rutscht das Vorderrad leicht weg. Dazu tragen auch die wenig sensible Federgabel mit ihrer günstigen Dämpfungskartusche, die hohe Front und die harte Gummimischung am Vorderreifen bei. Hier kann man Abhilfe schaffen, indem man ein paar Spacer unter dem Vorbau herausnimmt, um die Front tiefer zu bekommen, und indem man ein Upgrade auf eine weichere Gummimischung für mehr Traktion vornimmt. Wird der Trail steiler, erwacht das Chainsaw zum Leben und macht seinem Namen alle Ehre. Durch die hohe Front verleiht es hier ein hohes Sicherheitsgefühl und selbst steile Rockslabs fühlen sich entspannt an. Das Chainsaw animiert dazu, die Bremsen offen zu lassen, und brettert über ausgebombte Trails, ohne mit der Wimper zu zucken. So hat man in Highspeed-Passagen sehr viel Selbstvertrauen und der High-Pivot-Hinterbau bügelt das Gelände unter den Füßen platt. Allerdings erfordert das Bike in engen Passagen etwas mehr Körpereinsatz, um es in die gewünschte Richtung zu dirigieren – trotz der sehr kurzen Kettenstreben.

In steilen Passagen macht das Chainsaw seinem Namen alle Ehre und punktet mit einem hohen Sicherheitsempfinden.

Aus der Bahn
In steilen Sektionen erwacht das Chainsaw so richtig zum Leben und punktet mit hoher Laufruhe und lässt sich kaum aus der Ruhe bringen.

Das Fazit zum Devinci Chainsaw GX Enduro

Das Devinci Chainsaw Enduro tritt in große Fußstapfen. Es wirkt mit seinem Alurahmen und sichtbaren Schweißnähten massiv, aber zugleich auch rau. In flachen Sektionen hat das Bike mit Traktionsproblemen an der Front durch das unsensible Fahrwerk zu kämpfen und erwacht erst in steilen Passagen zum Leben. In langsamen und engen Sektionen benötigt das Chainsaw jedoch viel Körpereinsatz, um bewegt zu werden, und gehört auch im Uphill zu den gemütlichen Kletterern.

Tops

  • hohes Sicherheitsempfinden
  • leise in der Abfahrt

Flops

  • Schwächen in der Ausstattung
  • Traktionsprobleme durch unsensibles Fahrwerk an der Front
  • benötigt hohen Körpereinsatz in engem Terrain

Mehr Infos unter devinci.com

Das Testfeld

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: North America’s Finest – 7 Modelle im Test

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Text: Mike Hunger Fotos: Peter Walker

Über den Autor

Mike Hunger

Von Slopestyle und Landschaftsfotografie, hin zu Enduro und Actionfotografie. Mike probiert gerne neue Dinge aus und hat eine Vorliebe für Action. Und Handwerk: So zieht es ihn mit seinem Syncro-Van, den er selbst restauriert und umgebaut hat, regelmäßig auf verschiedenste Roadtrips. Natürlich immer mit dabei ist sein Bike und seine Kamera, um die feinsten Trails von Italien bis in die Alpen unter die Stollen zu nehmen und die schönsten Momente festzuhalten. Durch seine Ausbildung als Industriemechaniker, seiner Erfahrung aus dem Radsport und seinen Foto-Skills kann er das Know-How perfekt in den journalistischen Alltag umsetzen und testet jetzt als Redakteur die neuesten Bikes und Parts. Als “Foto-Nerd” hält er außerdem die Tests fotografisch fest und sorgt im Magazin für geiles Bildmaterial.