Nach fünf Jahren Wartezeit präsentiert DT Swiss nicht nur eine neue F 535 ONE-Gabel, sondern auch gleich noch eine abgespeckte und günstigere F 535. Mit 120–160 mm Federweg und teils altbekannter Technik wagt DT Swiss den Angriff auf den Gabelmarkt. Wir haben beide Gabeln getestet und verraten euch, wie die ungleichen Zwillinge performen.

DT Swiss F 535 | 2.029 g (160 mm) | 989 €
DT Swiss F 535 ONE | 2.092 g (160 mm) | 1149 € | Hersteller Website

Nein, auch wenn ihr die letzten Jahre nicht unter einem Stein gelebt habt, muss euch die Überraschung über eine neue DT Swiss-Gabel für den Trail-Einsatz nicht peinlich sein. Die hauptsächlich für ihre Laufräder bekannten Schweizer haben bereits vor 5 Jahren ihre F 535 ONE-Gabel auf den Markt gebracht, allerdings danach nicht mehr viel von sich hören lassen und sind wieder etwas vom Radar verschwunden. Ganz anders sieht das im Cross-Country-Bereich aus. Hier ist DT Swiss ein ziemlich etablierter Player, und auch im Weltcup sind einige sehr erfolgreiche Teams auf den Fahrwerken aus Biel unterwegs – Gesamtweltcup-Siege inklusive. Um sich auch im Markt mit mehr Federweg zu etablieren, der sehr stark von den beiden Platzhirschen RockShox und FOX dominiert wird, wagt DT Swiss einen neuen Angriff und bringt dafür gleich zwei neue Gabeln an den Start. Das Topmodell, die F 535 ONE, kommt in neuem Gewand, dafür funktional fast unverändert daher, während die günstigere F 535 eine komplette Neuentwicklung ist. Auch wenn sich beide Gabeln von außen zum Verwechseln ähnlich sehen, muss die F 535 ohne einige Features der F 535 ONE auskommen, was sich auch im Preis widerspiegelt. Die günstigere F 535 geht für 989 Euro über die Ladentheke, während ihr für die F 535 ONE schon 1.149 Euro berappen müsst. Auf der Waage hat die günstigere F 535-Gabel mit 2.029 g (ohne Steckachse) die Nase etwas vor dem Topmodell F 535 ONE mit 2.092 g, was am weniger komplexen Innenleben liegt. Erhältlich sind beide Gabeln in einem Federwegsbereich von 120 bis 160 mm in 10-mm-Schritten und nur für 29”-Laufräder.

Aus alt mach neu – Die DT Swiss F 535 und F 535 ONE-Gabeln im Detail

Die ganz große Neuerung an den aktuellen Gabeln sind die nun wieder außen liegenden Verstellrädchen. An der alten F 535 ONE waren die Einsteller für die Druckstufe und das Luftventil unter einer schwarzen Kappe versteckt, die zuerst mit einem Torx gelöst werden musste. Das sah zwar super clean aus, war aber fürs Setup eher unpraktisch. Jetzt liegt der Compression-Einstellring wieder sichtbar und das Luftventil unter einer herkömmlichen werkzeuglosen Abdeckung. Einzustellen gibt’s an beiden Gabeln 12 Clicks Lowspeed-Compression und 29 Clicks Rebound, was eine feine Abstimmung zulässt. Hinzu kommen noch verschiedene Lockout-Stufen, doch dazu gleich mehr. Während bei der F 535 ONE intern alles beim Alten geblieben ist, stellt das Innenleben der F 535 eine komplette Neuentwicklung dar. Beide Gabeln teilen sich allerdings das neue, optimierte Casting. Damit sind sie von außen kaum auseinanderzuhalten – nur der kleine ONE-Zusatz und die verschiedenen Lockout-Stufen verraten, welche Gabel man gerade in der Hand hält. Im Lieferumfang der Gabeln ist direkt ein Fender enthalten, der an der Gabel verschraubt wird und perfekt in die Aussparungen der Gabelkrone passt – praktisch. Aus steifem Plastik gefertigt, wirkt er stabil und klappert nicht auf dem Trail. Allerdings dürfte er ein wenig länger sein, weil man auch trotz Fender bei nassen Bedingungen noch etwas Dreck ins Gesicht bekommt. Ein nettes kleines Zusatz-Feature ist der in der Steckachse integrierte 5er-Inbus. Die Steckachse selbst lässt sich übrigens werkzeuglos öffnen.

Im Schnellspanner der Steckachse ist gleich noch ein 5er-Inbus integriert.
Das Einstellrädchen der Compression ist jetzt wieder von außen zugänglich.

Luft oder Stahlfeder – warum nicht einfach beides? Die COILPAIR-Luftfeder in der DT Swiss F 535 ONE-Gabel

Federgabeln mit Stahlfeder haben den Vorteil des feinen Ansprechverhaltens, während Luftfedern dafür individuell in der Progression angepasst werden können. Warum aber nicht einfach beides verbinden, haben sich die Entwickler von DT Swiss gedacht und eine Luftfedereinheit mit einer kleinen Stahlfeder am unteren Ende kombiniert. Das ganze nennt sich COILPAIR und war so auch bereits in der alten F 535 ONE verbaut. Die F 535 muss darauf leider verzichten und setzt auf eine herkömmliche Luftfeder ohne kleine Stahlfeder. Die Stahlfeder soll für ein besonders feines Ansprechverhalten sorgen und das höhere Losbrechmoment der Luftfeder kaschieren – kleiner Spoiler: Das tut es auch! Besonders sehr leichte oder schwere Fahrer können allerdings ein Problem damit bekommen, dass die Federn nicht austauschbar sind. Für ENDURO-Tester Felix mit 75 kg hat es sich aber weder zu weich noch zu hart angefühlt. Die Kennlinie der Luftfeder kann ganz klassisch über Volumen-Spacer angepasst werden. Von Haus aus werden die Gabeln mit einem verbauten Spacer ausgeliefert. Will man hier anpassen, muss man nur mit einer Nuss die Luftseite aufschrauben und kann Spacer hinzufügen oder herausnehmen.

COILPAIR ist leider nur der F 535 ONE-Gabel vorbehalten …

Plush, plusher, PLUSHPORT – Die federwegsabhängige Dämpfung in der DT Swiss F 535 ONE-Gabel

Herkömmliche Dämpfungen, wie man sie kennt, agieren bisher nur auf der Dimension Geschwindigkeit: Entsprechend der Einfedergeschwindigkeit wird Öl durch die Highspeed- oder Lowspeed-Kanäle geleitet und damit die Dämpfung kontrolliert. DT Swiss fügt dem ganzen aber mit der PLUSHPORT-Technologie noch die Dimension Federweg hinzu. Das Prinzip dahinter ist recht einfach: Je weiter die Gabel komprimiert wird, desto stärker wird das Einfedern auf der Ölseite gedämpft. Der Gedanke hat seinen Ursprung darin, dass unterschiedliche Federwegsbereiche unterschiedliche Dämpfungseigenschaften brauchen. Am Anfang des Federwegs wird wenig Dämpfung und dafür viel Sensibilität benötigt, danach dann immer mehr Dämpfung bis zum Durchschlagschutz am Ende des Federwegs. Umgesetzt wird das ganze über Öffnungen im Lowspeed-Compression-Kreislauf, die beim Einfedern immer weiter geschlossen werden. Am Anfang des Federwegs sind die PLUSHPORT-Bohrungen ganz geöffnet und die Dämpfung ist sehr gering. Im Mittelbereich des Federwegs von etwa 30 – 50% werden die Bohrungen der Reihe nach geschlossen, wodurch mehr Öl durch den schmaleren und damit härteren Highspeed-Compression-Channel fließen muss, was für mehr Dämpfung sorgt. Für die letzten 50% des Federwegs werden die Öffnungen komplett geschlossen und alles Öl fließt durch den Highspeed-Channel, wodurch eine deutlich höhere Dämpfung erzielt wird. Das Ergebnis ist eine progressive Dämpfung. Die soll sich auf dem Trail vor allem in Kompressionen positiv bemerkbar machen, genauso wie durch smoothes Ansprechen bei gleichzeitigem Gegenhalt. Zu finden ist die PLUSHPORT-Dämpfung allerdings nur in der F 535 ONE-Gabel, die F 535 muss mit einer herkömmlichen Dämpfung auskommen. Der Druckstufen-Verstellbereich liegt bei beiden Gabeln bei 12 Clicks mit klarer Rasterung. Trägt man beim Verstellen keine Handschuhe, fühlt sich der Versteller allerdings etwas unangenehm und scharfkantig an. Ebenfalls extern verstellbar ist der Rebound an der Unterseite der Gabel über 29 Clicks.

… und einmal ohne PLUSHPORT und COILPAIR.
Einmal mit …

Open, Drive, Lock – Die drei INCONTROL-Modi der DT Swiss-Federgabeln

An der F 535 ONE, genauso wie an der F 535Gabel, findet sich auf der Dämpfungsseite ein Versteller für die INCONTROL-Modi. Während die F 535 ONE die drei Modi Open, Drive und Lock zur Verfügung hat, muss die F 535 ohne den Drive-Modus auskommen. Im Open-Modus arbeiten die Gabeln ganz normal mit geöffneter Dämpfung. Im Drive-Modus der F 535 ONE wird die Lowspeed-Compression komplett geschlossen, die Highspeed-Compression bleibt hingegen offen. Damit soll ein Wippen beim Treten eliminiert werden, Hindernisse wie Steine, Wurzeln oder Kanten aber trotzdem noch abgedämpft werden. Der Lock-Modus sperrt die Gabel dann vollständig. Versucht man hier im Stehen die Gabel mit den Armen zu komprimieren, passiert gar nichts. Damit es bei gröberen Schlägen aber nicht zu Beschädigungen in der Gabel kommt, gibt es hier ein kleines Ventil, das bei zu großem Druck öffnet – dann gibt die Gabel etwas nach. Einen wirklichen Sinn sehen wir in einem Gabel-Lockout allerdings nicht. Im Sitzen wippt die Gabel eh so gut wie gar nicht mit, und auch im stehenden Wiegetritt ist man außerhalb von Rennszenarien sehr selten unterwegs.

Die F 535 verfügt nur über die beiden Modi Open und Lock.
Im Drive-Modus ist die Lowspeed-Compression komplett geschlossen, die Highspeed-Compression bleibt aber offen.

Ungleiche Zwillinge – Die DT Swiss F 535 und F 535 ONE-Gabeln im Praxistest

Um einen umfangreichen ersten Eindruck von den neuen Gabeln zu bekommen, haben wir nicht nur zusammen mit den Ingenieuren von DT Swiss einige Runden auf ihren sprunglastigen Hometrails in Biel gedreht, sondern waren auch danach noch einige Wochen auf den Trails rund um Innsbruck unterwegs. Hier mussten sich die Gabeln auf natürlichen Trails mit fiesen Wurzeln, weichem, rutschigen Waldboden und ordentlichen Stufen beweisen.

Das Setup für beide Gabeln ist schnell und einfach erledigt. Der Setup-Guide auf der Website von DT Swiss liefert nicht nur Empfehlungen zum benötigten Luftdruck, sondern auch für die entsprechenden Clicks Compression und Rebound. Einen Sticker auf der Gabel – falls doch mal dieses Internet nicht geht – gibt es allerdings nicht. Für einen Fahrer mit 75 kg Gewicht hat uns der Setup-Guide einen Druck von 68 psi empfohlen, zusammen mit 16 Clicks Rebound und vollständig geöffneter Compression. Mit diesem Setup sind wir dann auch in unsere ersten Testrunden gestartet.

Im Uphill merkt man im Sattel auch im Open-Modus bei beiden Gabeln fast kein Wippen. Wechselt man an der F 535 ONE-Gabel in den Drive-Modus, ist auch das kleinste bisschen Wippen im Sattel eliminiert. Selbst im Stehen hat man jetzt richtig stabilen Gegenhalt, bleibt aber auch im technischen Uphill nicht an Wurzeln oder Kanten hängen. Der Lock-Modus an beiden Gabeln ist wirklich nur etwas für Asphalt-Uphills oder den gelegentlichen Sprintangriff auf eure Freunde. Auf gröberen Forststraßen landen wirklich alle Unebenheiten direkt in den Händen. Im Open-Modus bekommt man bereits im Uphill einen Vorgeschmack auf die Sensibilität der F 535 ONE. Auf groben Schotterwegen lässt sie kaum Vibrationen durch, und auch im technischen Uphill folgt die Gabel dem Untergrund gut.

Nach dem Sensibilitäts-Vorgeschmack im Uphill bekommt man auf dem Trail dann den Hauptgang serviert. Hier fühlen sich die ersten Meter direkt an wie frisch geshaped. Die F 535 ONE-Gabel spricht sensibel an, und kleine Schläge und Vibrationen werden komplett geschluckt. Dadurch erhält man an der Front viel Bodenhaftung und Grip, und auch in nassen Bedingungen oder auf wurzeligen Offcamber-Stücken ist man wie am Boden festgeklebt. Die F 535 kann da nicht mithalten. Besonders im direkten Vergleich spricht sie spürbar schlechter an, und Vibrationen und kleine Schläge werden deutlicher an den Fahrer weitergegeben, wodurch man am Vorderrad Grip einbüßt. Werden die Schläge größer, macht sich die PLUSHPORT-Dämpfung der F 535 ONE positiv bemerkbar. Auch in der von uns getesteten 160-mm-Variante fühlt sich die Gabel nach mehr Federweg an als sie hat. Besonders in Kompressionen zeigt sich der Rampup der Dämpfung smooth und sorgt für ein bodenloses Gefühl. Mit der im Setup-Guide empfohlenen ganz offenen Druckstufe könnte die F 535 ONE-Gabel allerdings noch etwas mehr Gegenhalt beim Drücken oder Abziehen vertragen. Mit einem Click mehr Lowspeed-Compression war der Gegenhalt bereits spürbar besser. Einige Clicks mehr haben schnell für ein harsches Gefühl gesorgt. Allgemein bringt jeder einzelne Click eine spürbare Veränderung des Dämpfungsverhaltens. Die Luftfeder konnte mit dem einen von Haus aus verbauten Volumen-Spacer nicht ganz mit dem Rampup vom PLUSHPORT mithalten. Besonders bei deftigen Einschlägen sind wir so durch das letzte bisschen Federweg durchgerauscht. Ein zweiter Volumen-Spacer hat hier schnell und einfach Abhilfe geschaffen und für ein smoothes Gefühl über den letzten Federwegsrest gesorgt, ganz ohne harte Durchschläge. Die F 535-Gabel braucht hingegen mehr Druckstufe, um ohne PLUSHPORT genug Gegenhalt aufzubauen. Mit der empfohlenen offenen Druckstufe neigt sie in Kompressionen und beim Pushen etwas zum Durchrauschen. Mit mehr Druckstufe und einem zweiten Volumen-Spacer haben wir aber auch hier das Problem schnell in den Griff bekommen. Nur das bodenlose Gefühl der F 535 ONE haben wir leider auch mit einigen Setup-Experimenten nicht erreicht.

Für wen ist die DT Swiss F 535 ONE? Wer ist mit der F 535 besser bedient?

Beide neuen Gabeln sind nichts für Setup-Nerds, sondern eher nach dem Motto „Set and forget“ konzipiert. Besonders die fehlende Highspeed-Compression werden einige Fahrer mit feinfühligen Armen vermissen. Dafür ist die F 535 ONE-Gabel wegen ihrer Sensibilität ein echter Joker für alle Fahrer mit empfindlichen Fingern und Unterarmen. Fortgeschrittene Fahrer profitieren dazu vom guten PLUSHPORT-Gegenhalt in Kompressionen, genauso wie beim Pushen. Wer auf zusätzliche Sensibilität verzichten kann und nach einer soliden Einsteigergabel sucht, die keine großen Einstellorgien benötigt, ist mit der F 535 gut bedient, auch wenn sich der Aufpreis zur deutlich besseren F 535 ONE mit nur 160 Euro stark in Grenzen hält.

Fazit zu den DT Swiss F 535 und F 535 ONE-Gabeln

Die altbekannte DT Swiss F 535 ONE-Gabel im neuen Gewand belässt im Inneren alles beim Alten. Weiterhin punktet sie dank der COILPAIR-Technologie mit einem starken Ansprechverhalten und der progressiven PLUSHPORT-Dämpfung. Damit vereint sie gekonnt Sensibilität mit jeder Menge Gegenhalt. Das neue Einstiegsmodell F 535 liefert solide Performance, kann aber nicht mit der Sensibilität und der Dämpfungs-Performance der teureren Zwillingsschwester mithalten. Hier lohnt es sich, den Aufpreis von nur 160 Euro zum Topmodell in Kauf zu nehmen.

Tops

  • sensibles Ansprechverhalten der F 535 ONE
  • Progressive Dämpfung der F 535 ONE sorgt für bodenloses Gefühl
  • einfaches Setup

Flops

  • F 535 muss bei Dämpfung und Sensibilität zurückstecken.

Mehr Infos findet ihr unter dtswiss.com


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Text: Felix Rauch Fotos: Julian Schwede