Erster Test: Scott Contessa Genius 710
Das Scott Contessa Genius will ein kompromissloses Bike für alle Mädels sein, die neben den Anstiegen vor allem die Abfahrten genießen wollen. Wir haben einen ersten Blick auf das Contessa Genius 710 geworfen, um herauszufinden, wie es sich auf den Trails so schlägt.
Nachdem wir bereits das Scott Genius 2018 unter uns hatten, ein Trailbike, das Anstiege wie Abfahrten dominierte, hatten wir jetzt Gelegenheit, auch das Contessa Genius zu fahren, die frauenspezifische Version. Was das Contessa zum Frauenbike macht, sind sein Style, die Berührungspunkte und schließlich die Preisspannen, die für Frauen infrage kommen. Die Geometrie unterscheidet sich in keiner Weise von der „Unisex“ Version – Scott ist der Meinung, dass Frauen keine steileren Winkel brauchen, um sich auf dem Bike wohl zu fühlen. Stattdessen sollten sie die gleiche Sicherheit und den gleichen Komfort bekommen, verbunden mit ein paar veränderten Details und einem Look der sagt „Ich bin feminin“, statt „Ich bin eine Prinzessin“.
Die Scott Contessa Genius Linie 2018
Wir testeten das Topmodell der Linie, das Scott Contessa Genius 710 mit FOX 34 Float Performance Elite Air-Gabel und FOX Nude Evol-Dämpfer für 5.199 €. Außerdem finden sich an ihm Shimano XT-Bremsen und ein SRAM X01 Eagle-Antrieb. In der Linie finden sich zudem Contessa Genius 720 und 730 aus Alu (für 3.999 € bzw. 2.599 €). Beim günstigeren Contessa Genius 720 finden sich eine FOX 34 Float Performance Air, der FOX Nude Evol-Dämpfer, Shimano SLX-Bremsen und der SRAM GX Eagle-Antrieb. Das günstigste Bike der Linie, das Scott Contessa Genius 730 kommt mit RockShox Recon RL Solo Air, X-Fusion Nude-Dämpfer, Shimano M396-Bremsen und Shimano FC MT500-Antrieb.
Was kann die Scott Contessa Genius 2018 Linie?
Ein Test des Contessa Genius ist ein Test des Unisex Genius, das für Frauen optimiert wurde. Normale Veränderungen finden sich, wie schmalere Lenker (740 mm), schmalere Griffe (aber nicht absurd kleine), kürzere Kurbeln (170 mm bei S- und M-Rahmen), ein kürzerer Vorbau bei den kleinen Größen (40 mm statt 50 mm), ein Frauensattel, ein 30er Kettenblatt und ein an das leichtere Gewicht angepasster Dämpfer. Veränderungen also, die auf die Fahrerin abgestimmt sind, ohne aufdringlich zu sein. Das Design des Contessa gleicht dem des Unisex-Modells und weiß den meisten Fahrerinnen zu gefallen.
Das Contessa Genius kommt von Werk aus mit 27,5″ Syncros TR 2.0 CL-Laufrädern, doch wenn es danach gelüstet, können auch 29er Laufräder montiert werden. Nichts neues werdet ihr sagen, aber das Contessa erlaubt dies ohne eine Veränderung der Innenlagerhöhe. Dreht einfach den Shock Mount Chip am Dämpfer und montiert eure neuen Laufräder – Gabel und Hinterbau nehmen die größeren Räder bereitwillig auf. Die Eigenschaft, innerhalb weniger Minuten von 27,5″ auf 29″ zu wechseln, unterstreicht die Vielseitigkeit des Contessa Genius. Das „Plus“ hat Scott aus dem Modellnamen gestrichen, das Contassa Genius nimmt 27,5″ Reifen in 2,5er, 2,6er und 2,8er Breite auf, 29″ Reifen passen von 2,4″ bis 2,6″. Von Werk aus montiert sind Maxxis Rekon in 2,8″.
Das Scott TwinLoc-Fahrwerk
Der Trumpf des Contessa ist aber sein Fahrwerk. Die TwinLoc Remote findet sich schon seit einiger Zeit an Scott Rädern, aber die diesjährigen Modelle gehen noch einen Schritt weiter. Freunde eines minimalen Cockpits werden die Remote mit ihren drei Modi als überflüssigen Schnickschnack abtun. Alle, die für Anstiege ein anderes Bike als für die Abfahrten wollen, werden dafür hier ihre Erleuchtung finden.
Die TwinLoc Remote verändert Gabel und Dämpfer gleichzeitig und erlaubt drei Modi. 1/Offen, also die ganzen 150 mm Federweg. 2/Traction, mit 110 mm Federweg, und 3/Lock Out. Das von Scott patentierte TwinLoc System führt auch dazu, dass sich die gesamte Geometrie des Bikes verändert. Im Traction-Modus bleibt das Bike aufrechter und der Sitzwinkel steiler, um es agiler zu halten. Der FOX Nude Evol wird straffer und hat weniger Federweg, was den SAG und die Federkennlinie des Bikes verändert. Es ist eben mehr als ein Lock Out.
Wie fährt sich das Scott Contessa Genius 710?
Scott hat sich lange und intensiv mit dem Thema beschäftigt, was Frauen wollen und was nicht. Wie gesagt ist es nicht für Jederfrau, aber das Contessa Genius macht eine Menge richtig. Bei unserem Test haben wir das Contessa über steinige und alpine Trails manövriert, durch Bikeparks gejagt und technische Anstiege hinauf geführt – ohne dass es irgendwann Schwächen zeigte. Die Veränderung des Fahrwerks geht ohne Gedanken daran oder einen Positionswechsel einher. Etwas zu einfach, da die TwinLoc Remote an der gleichen Stelle montiert ist wie die der Sattelstütze und schon mal aus Versehen gedrückt wird. Sich an die zusätzliche Verstellung zu gewöhnen dauert eine Weile, wird dann aber ganz selbstverständlich.
Das Scott Contessa Genius 710 verdankt seine Fahreigenschaften zum großen Teil seinem langem Reach und dem flachen Lenkwinkel (65,6°), die progressive Geometrie des Scott Genius wurde für Frauen also nicht verwässert. Man kann sich gut auf dem Bike bewegen und dank des langen Radstands hat man stets ein sicheres Gefühl und ein gut geerdetes Vorderrad. Das Heck hat stets Grip und die FOX 34 Float Performance Elite liefert ihre 150 mm Federweg so souverän ab, wie man es erwartet. Egal ob 27,5″ oder 29″, der Grip war auf allen Untergründen stets hervorragend.
Die Contessa Linie hat keine genaue Entsprechung in der normalen Genius Linie. Das Highend 710 Modell reiht sich so unterhalb des besten Unisex-Modells ein, aber Ziel der Ausstattung ist auch, den meisten Frauen zu gefallen. Nur das 710 kommt in Carbon, 720 und 730 sind aus Alu. Das Contessa Genius wird es nicht in XL geben und die Zeit muss zeigen, ob die Komponenten der Zielgruppe gefallen.
Und lasst uns nicht so tun, als wäre die Farbe ohne Belang, egal ob für Männer oder Frauen. Die Scott-Designer haben eine deutliche Sprache gefunden, ohne zu weiblich zu werden, um so auch kleinen Männern den Weg in die Contessa-Linie zu öffnen.
Fazit
Das Scott Contessa Genius 710 ist stark, leicht, vielseitig und gibt Sicherheit, es hat alles, was eine Frau will und alles, was Männer von einem Bike erwarten. Fahrer(innen), die ein Trailbike suchen, das sich an ihre Ansprüche anpasst, werden die Vielseitigkeit des Fahrwerks und der Laufräder lieben, während andere, die so etwas nicht wollen, damit unter Umständen überfordert sein und es als potenzielle mechanische Schwachstelle sehen könnten.
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Text: Fotos: Gaudenz Danuser