Fotostory | French Roadtrip – 24 Tage Sonne, Bikes und Freunde
Es ist Mitte September und wir rollen als zwei Mann starke Reisegruppe mit dem vollgepackten VW Bus Richtung Autobahn. Das Ziel war zu diesem Zeitpunkt noch nicht genau definiert, daher ließen wir es erstmal auf uns zu kommen. Nur eines war sicher und zwar, dass das Bike von Fabian zunächst in Koblenz abgeholt werden musste.
Nachdem gegen Nachmittag auch das zweite Mountainbike auf dem Träger befestigt war, ging es bei zunehmend schlechterem Wetter für einen Zwischenstopp nach Karlsruhe.
Freiburg, Basel und Genf ließen wir links liegen und fuhren weiter bis ins französische Annecy. Den selbsternannten “saubersten See Europas” erreichten wir pünktlich zum Sonnenuntergang. Mit klassischem französischen Baguette und deutschem Weizenbier wurde der erste Reisetag gemütlich beendet.
Ein Morgen am See bringt ein buntes Treiben mit sich. Etliche Sportler gehen bereits am frühen Morgen ihren täglichen Übungen nach. Also Bikes vom Bus runter, kurz fahrtauglich gemacht und ab auf die erste Tour unseres Roadtrips. In der Mittagshitze kämpften wir uns auf 18 Kilometern Asphaltstraße von Annecy hoch zum Skigebiet Semnoz – Welch eine Qual!
Am Gipfel jedoch die Entschädigung durch den bezaubernden Blick auf den Mont Blanc. Die Trails der Region sind ein bunter Mix aus dem Trail-Handbuch. Von schroff und technisch bis flowig und schnell findet sich hier wirklich alles. Mit den letzten Sonnenstrahlen und einem fetten Grinsen auf dem Gesicht erreichten wir unseren Ausgangspunkt. Ein Anruf und eine spontane Einladung zum Feiern sorgten für etwas Stress, aber eine Stunde später waren wir bereits in Grenoble.
Neben zwei durchzechten Nächten und einigen verregneten Tagen, welche uns eher auf dem Sofa von Freunden fesselten, kam auch das Biken nicht all zu kurz. Immerhin machten wir fast eine Woche Station in der Stadt, die in alle Himmelsrichtungen von Bergen umgeben ist und einen guten Ausgagspunkt für Touren in der Chartreuse, der Belledonne und vor allem dem Vercors bietet. Eine Ausfahrt führte uns den westlichen Hang hoch zur Le Moucherotte. Leider verwehrten uns die hoch tief hängenden Wolken den ansonsten wohl atemberaubenden Blick auf Grenoble. Ebenso trieb uns die Eiseskälte schnell wieder Richtung Tal. Da der Berg Moucherotte das nördliche Ende einer steilen Bergkette bildet, ist das Biken nicht wirklich einfach. Im oberen Bereich ist es oft sehr technisch mit vielen Kehren, nassen Wurzeln und Absätzen.
Sobald man in den flacheren Teil kommt, entwickeln sich die Trails zu einem wahren Feuerwerk aus schnellen Passagen durch steinerne Rinnen hinab zurück in die Stadt – Der helle Wahnsinn! Der zweite Ausflug führte uns von Grenoble in den etwas nördlich gelegenen Bikepark des Skigebietes Les Sept Laux. Man merkte, dass der Bikepark einer der kleineren Sorte und ein Enduro nicht unbedingt die beste Wahl ist. Nach einigen Abfahrten nutzten wir die letzte Bergfahrt des Liftes und eine kleine Klettereinheit mit dem Rad auf den Schultern, um uns das beste Abendessen der Reise zu erarbeiten. Auf einem Grat angekommen, packten wir unser Proviant und das mitgebrachte Erdinger, natürlich alkoholfrei, aus. Pünktlich zum Sonnenuntergang stießen wir an und genossen das wundervolle Panorama mit Blick auf das, wie üblich im Dunst liegende Grenoble und die gegenüberliegenden Bergketten der Chartreuse und des Vercors. – Ein Traum!
Von Grenoble aus ging unsere Reise weiter nach Westen in die französischen Alpen, Richtung Les 2 Alpes und La Grave, genauer gesagt nach Mizoën. Mit einigen Freunden aus Grenoble fuhren wir hier eine Tour zum Plateau d’Emparis. Vor atemberaubender Kulisse kletterten wir auf die Hochebene, bevor es anschließend über die verschiedensten Arten von Trails bergab ging. Eben noch verblockt und technisch, folgten anschließend flowige Kehren über weite Wiesen. Danach loser Schiefer, bevor es mit viel Geschwindigkeit in das letzte Stück ging. Zurück beim Bus, verabschiedeten wir unsere Freunde und schlugen unser Nachtlager auf.
Da das Wetter am nächsten Tag nicht mehr ganz so überragend war wie zuvor, gönnten wir unseren Beinen etwas Erholung und erkundeten die Stadt Briançon. Als Ziel des Tages hatten wir das Dorf Guillestre ausgesucht, doch aufgrund der fortgeschrittenen Dämmerung entschieden wir uns für einen anderen Schlafplatz am See in La Roche-de-Rame. Während wir unseren Salat noch im Trockenen aßen, fing es in der Nacht an zu regnen. Leider sollte es so schnell auch nicht wieder aufhören.
Das erfrischende Bad im kalten Bergsee am Morgen weckte sämtliche Geister in unseren müden Körpern, doch der anhaltende Regen raubte uns jegliche Motivation für weitere Aktivitäten. Schade, gilt Guillestre und seine Umgebung doch als sehr schöner Bikespot. Egal, der Plan wurde mal wieder über den Haufen geworfen und wir entschieden uns für die Weiterreise nach Finale Ligure. Nach einer schier unendlichen Fahrt erreichten wir am Abend unser neu ausgerufenes Ziel, doch anders als erwartet verfolgte uns der Regen. Es wurde sogar noch mehr. Die Suche nach dem Campingplatz und der Aufbau im Platzregen gaben uns den Rest an diesem Tag.
Der folgende Morgen sorgte für bessere Laune bei uns. War es zu Beginn des Tages noch bewölkt, erkämpfte sich die Sonne im Laufe des Tages so langsam ihren Platz. Endlich wieder rauf auf’s Rad. Dreimal die gleiche Auffahrt gepaart mit drei verschiedenen Abfahrten, um wieder warm zu werden. Am Ende folgte der wohlverdiente Sprung ins lauwarme Mittelmeer.
Am Donnerstag hatten wir zunächst keinen Plan bis um 9 Uhr plötzlich zur Abfahrt geblasen wurde. Eine deutsche Reisegruppe nahm uns erneut mit auf eine Tour. Da wir etwas spät dran waren, mussten wir uns innerhalb kürzester Zeit in unsere Bike-Montur werfen, bevor es knapp 1000 Höhenmetern auf der Straße und weiteren 250 hm durch den Wald zum Startpunkt des Paradieses ging. Es war eine wirklich gelungene Belohnung für die Strapazen der Auffahrt. Kilometerlange Trails wiesen uns den Weg zurück ins Tal. Alles was man von der Region bisher gelesen oder gehört hat, wurde bestätigt. Finale Ligure ist definitiv eine Reise wert.
Nach zwei Tagen auf dem Rad teilten wir uns auf. Fabian folgte dem Ruf des Berge und schloss sich den anderen zum Shutteln an. Währenddessen lag ich in der Sonne und gönnte mir etwas Urlaub vom Urlaub. Am Abend trafen wir uns alle zum Apéritif und anschließendem Abendessen in Finalborgo. Es lebe die italienische Küche!
Enduro World Series. Frühes Aufstehen war am folgenden Tag angesagt. Die letzte Station der EWS war in Finale Ligure und da die ersten Starter bereits um 8 Uhr von der Plaza aufbrachen, hieß es um 6:30 Uhr raus aus den Federn. Wir begleiteten die Fahrer vom Start zur ersten Stage und schossen etliche Bilder. Da das Programm des Tages lang war, entschieden wir uns die zweite Stage auszulassen, um auch am Ende des Tages noch genug Power in den Beinen zu haben. Also ließen wir die Fahrer ziehen und begaben uns zur dritten Stage. Auch dort hielten wir nur für einige Aufnahmen, bevor wir noch vor den letzten Racerinnen unsere Reise fortsetzten. Getrieben von der Angst die letzten Fahrerinnen aufhalten zu können, flogen wir durch die letzten Kurven der Stage. Anschließend der letzte Anstieg des Tages. Im Hinterland kämpften wir uns auf einem schmalen Singletrail hoch zum Start. Die vierte Stage endete in Varigotti direkt am Meer und nach getaner Arbeit rollten wir am Meer zurück zum Campingplatz.
Für den zweiten Tag der EWS wurde ein Shuttle-Service für Fotografen angeboten -welch‘ eine Erleichterung. Während sich die Profis den Berg hochkämpften, fuhr uns der Mini-Van direkt zum Ziel der vorletzten Stage. Aufgrund des engen Zeitplanes konnten jedoch nur die ersten Fahrer eingefangen werden. Die letzte Stage hingegen war fototechnisch gesehen leider kein wirkliches Highlight. Doch plötzlich kam Cedric Gracia vorne nur noch auf der Felge angerollt, damit gab es doch noch einige nette Bilder.
Nach der Krönung von Graves und Mosley zu den Gesamtsiegern und Barel zum Sieger von FinaleLigure, beendeten wir ein grandioses Wochenende mit einigen alkoholhaltigen Kaltgetränken direkt am Strand. Im Laufe des Abends entwickelte sich im Stadtzentrum eine regelrechte Party. Viele Fahrer feierten das Ende der Saison. Plötzlich tauchte auf der Plaza ein Fußball auf und es entstand ein wahres Rugbyspiel. Einige Schrammen und Kratzer später ging es bei lauter Musik noch in die angrenzende Bar für ein letztes Bier.
Der Morgen danach brachte das böse Erwachen. Die Müdigkeit in den Knochen packten wir langsam unsere Sachen und verließen das sonnige Finale Ligure in Richtung Frankreich. Mit einer kurzen touristischen Durchquerung von Monte Carlo, Nizza und Cannes fuhren wir ins relativ kleine Künstler-Städtchen Antibes am Mittelmeer. Nach der Einrichtung auf einem nahe gelegenen Campingplatz, einer der wenigen die zu dieser Jahreszeit überhaupt noch geöffnet waren, rollten wir mit unseren Rädern Richtung Stadtzentrum. Burger und Wein sind zwar keine ansprechende Kombination, aber geschmeckt hat es trotzdem vorzüglich.
Wie bisher jeden Dienstag regnete es auch an jenem Dienstagmorgen in Antibes. Also was tun sprach Zeus? Nach kurzer Diskussion und anschließendem Sport im Pool, starteten wir nach nur einer Nacht den Motor und brachen zu unserem letzten Ziel Fréjus und dem damit verbundenen Rocd’Azur Festival auf.
Nahe dem Festival-Gelände schlugen wir auf einem Campingplatz unser Lager für die letzten Tage unsere Trips auf. Nachdem Fabian schon im Jahr zuvor auf dem Rocd’Azur gewesen ist, kannte er sich etwas aus. Der Mittwoch brachte in den Morgenstunden noch leichten Regen mit sich, welcher sich jedoch gegen Mittag in die ersten zaghaften Sonnenstrahlen verwandelte. Nach einer Stippvisite auf dem Gelände und der Abholung sämtlicher Unterlagen, begaben wir uns auf eine kleine Ausfahrt zum Col de Valdingarde, wo am nächsten Tag auch das Enduro-Rennen stattfand, für welches Fabian sich angemeldet hatte. Der sandige und teilweise auch sehr steinige Untergrund forderte uns gehörig, vor allem dank des ganzen Kameraequipments im Rucksack. Die Nacht erkämpfte sich im Laufe der Tour immer mehr ihren Platz und so fuhren wir im letzten Schein der Sonne etwas orientierungslos zum Camp zurück.
Fabian startete gut in das Rennen am nächsten Tag. Trotz der kräftezerrenden Auffahrt zum Startpunkt, welche nicht alle Fahrer auf dem Rad absolvierten, überholte er immer wieder Fahrer auf den Stages. Doch plötzlich nach einem Fahrfehler und Steinkontakt, riss eine Speiche und die Luft entwich dem Reifen. Statt den Reifen zu Flicken entschied er sich für das Schieben bis in Ziel der Stage, was zu einem erheblichen Zeitverlust führte. Am Ende war nicht mehr als Platz 168 drin, obwohl der Rest gut verlief.
Die restlichen Tage verbrachten wir mit dem Ausprobieren von Testrädern, guten Gesprächen, sowie einigen Bierchen auf dem Festival. Wobei wir feststellten, dass unsere Akkus so langsam leer waren. Wir erschöpft, die Räder gerollt, alle Bike-Klamotten muffig und das Kreditkartenlimit bedrohlich nahe am Limit, traten wir am Sonntag die Heimreise an. Hinter uns lagen 3 grandiose und spannende Wochen, die jeden Tag etwas Neues mit sich gebracht haben. Es war ein unvergesslicher Urlaub, der gerne wiederholt werden will.
Video des Trips
Text & Fotos: Sven Frank, Sven Frank Media
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