Das Wettrüsten der Federgabelhersteller nimmt kein Ende. FOX hat die bewährte RC2-Dämpfung in Frührente geschickt und stellt stattdessen die neue Highend-FOX 36 FLOAT mit GRIP2-Dämpfung vor. Wir haben die Federgabel bereits seit einem Monat im Test.
Letztes Jahr hat sich FOX mit der 36 EVOL-Federgabel die Krone für die beste Federgabel fürs Grobe zurückerobert – Orange war die Farbe der Begierde unter den Performance-orientierten Fahrern. Zumindest bis RockShox versuchte, die 36er mit der überarbeiteten Lyrik vom Thron zu stoßen. FOX’ Antwort darauf ist die heute vorgestellte GRIP2-Dämpfung mit dem neuen Variable Valve Control-System, umfangreichen Einstellmöglichkeiten und reduzierter Reibung. Orange oder Rot? Das ist die Frage – und die Entscheidung fiel noch nie schwerer.
Die Luftfeder der neuen FOX 36 FLOAT GRIP2
Mit der GRIP2 löst FOX die jahrelang bewährte Highend-RC2-Dämpfung ab. In der neue 36 GRIP2-Gabel ist die EVOL-Luftfeder mit einer deutlich größeren Negativfeder verbaut. Außerdem kommt sie mit weniger beweglichen Dichtungen aus. Je größer die Negativfeder ist, desto größer ist die Kraft, mit der sie gegen die Positivfeder drückt. Dadurch reduziert sie das Losbrechmoment und sorgt für eine linearere Kennlinie zu Beginn des Federwegs. Das soll vor allem das Ansprechverhalten verbessern, weil die Gabel schneller und feinfühliger auf kleine Schläge reagieren kann und dabei weniger innere Reibung überwunden werden muss. Die Progression gegen Ende des Federwegs kann nach wie vor mit Volumenspacern angepasst werden.
FOX 36 FLOAT GRIP 2
- FOX FIT GRIP2-Dämpfung
- vierfache Einstellbarkeit (High- und Lowspeed-Compression und -Rebound)
- FLOAT EVOL-Luftfeder
- Steckachsen mit 15 QR x 110 mm, 15 QR x 100 mm oder 15/20 mm
- 29” 150 and 160 mm
- 27,5” 160, 170 and 180 mm
- 26” 100, 160 and 180 mm
- Gabelschaft: 1,5” tapered or 1-⅛ (nur 26”)
- 1.399 €
Die neue FOX 36 FLOAT GRIP2-Dämpfung
Anstatt die RC2 zu überarbeiten, hat FOX die GRIP2-Dämpfung von Grund auf neu entwickelt und dabei neue Einstellmöglichkeiten hinzugefügt. Die neue Dämpfung verfügt nun über vier Einstellrädchen für HSC, LSC, HSR und LSR. FOX setzt im Rebound auf das neu entwickelte Variable Valve Control System (VVC). Dadurch soll es sich beim Fahren eher so anfühlen, als hätte man Shims des Rebound-Shimstacks verändert und nicht die Rebound-Dämpfung erhöht oder verringert.
Die FOX 36 FLOAT GRIP2 auf dem Trail
Die vier Einstellmöglichkeiten der Gabel machen das Setup nicht gerade einfacher. Deshalb waren wir heilfroh über den durchdachten Tuning-Guide von FOX, mit dessen Hilfe wir die Gabel für einen Fahrer mit 80 kg eingestellt haben. Mit 80 psi Druck in der Luftfeder landeten wir bei 16 % SAG, was mit dem verbauten Token super zum aktiven Fahrstil unseres Testers passte. Mit 6/5 Klicks High-/Lowspeed-Rebound und 6/10 Klicks High-/Lowspeed-Compression (von ganz geschlossen) sind wir die Gabel eine Weile eingefahren. Schon nach kurzer Eingewöhnung hat uns die FOX GRIP2 mit ihrer Performance beeindruckt: Die Gabel bewegt sich wahnsinnig geschmeidig durch den Federweg und bietet ausgezeichnete Dämpfung im Übergang zwischen dem Ein- und Ausfedern. Das bekannte „Schlag-auf-Schlag-Gefühl“ bleibt dadurch aus.
In Sachen Federkennlinie ähnelt die neue Gabel sehr ihrem Vorgänger. Sie steht hoch im Federweg und gibt einem nie das Gefühl, den Federweg tatsächlich auszunutzen. Erst am Fuße des Trails wird beim Blick auf den O-Ring klar, dass die Gabel ordentlich für uns einstecken musste. In der Setup-Phase haben wir die Gabel letztendlich doch etwas mehr an unsere persönlichen Vorlieben angepasst. Für mehr Sensibilität haben wir den Druck auf 76 psi reduziert und einen Token hinzugefügt, um genug Progression für harte Einschläge zu haben. Da wir im Winter einfach etwas langsamer unterwegs sind, haben wir die Druckstufe um 2/2 Klicks reduziert und auch die Zgstufendämpfung leicht zurückgedreht. Weil unser Testbike, das Pole EVOLINK 140, ohnehin schon extrem satt und stabil auf dem Trail liegt, schadet ein etwas schnelleres Ausfedern überhaupt nicht. Schon nach kurzer Zeit haben wir ein klasse Setup gefunden, mit dem wir voller Selbstvertrauen ans Limit gehen können. Das Ergebnis: schier unendlicher Grip, kein Absacken und hundertprozentige Sicherheit im Grenzbereich.
Müssen wir High- und Lowspeed-Rebound überhaupt einstellen können?
Wenn du nicht zu den Nerds gehörst, die sich mit der schwarzen Magie des Suspension-Tunings auseinandersetzen, solltest du dieses Kapitel einfach überspringen und beim Fazit weiterlesen … Okay, noch da, du bist wohl genauso ein Nerd wie wir! Die bedeutendsten Änderungen der neuen GRIP2 sind die voneinander unabhängigen Kreisläufe des High- (HSR) und Lowspeed-Rebound (LSR). Beim Rebound beziehen sich High- und Lowspeed nicht auf den „Speed“ des Schlages, sondern auf dessen Größe bzw. darauf, wie weit die Gabel eingefedert ist. Der Highspeed-Kreislauf kommt dann zum Einsatz, wenn die Gabel sehr weit eingefedert ist und die Luftfeder deshalb mit großer Kraft zurückdrückt. Wenn die Gabel weiter ausfedert, verringert sich der Druck in der Luftkammer und dadurch auch die Kraft der Feder, wodurch der Ölfluss vom HSR- auf den LSR-Kreislauf wechselt.
In den meisten Situationen auf dem Trail (in etwa die ersten ⅔ des Federwegs) kontrolliert der LSR-Kreislauf die Ausfedergeschwindigkeit der Gabel, weshalb der HSR-Kreislauf der meisten Gabeln ab Werk voreingestellt ist. Obwohl die beiden Ölkreisläufe unabhängig voneinander arbeiten, überlappt sich ihr Einfluss bei extremen Einstellungen – dadurch beeinflussen sie dann die gesamte Rebound-Dämpfung. Es ist vermutlich besser und einfacher, wenn du dir vorstellst, dass du mit der HSR-Dämpfung das Spektrum der LSR-Dämpfung bestimmst. Als schwerer Fahrer gibt dir eine stärkere HSR-Dämpfung einen größeren sinnvollen Einstellbereich der LSR-Dämpfung, was in umgekehrter Weise auch für leichtere Fahrer gilt. Das Ergebnis ist eine Art Custom-Tune für Fahrer, die deutlich schwerer oder leichter sind als der 80-kg-Durchschnittsbiker. Für die meisten ist es wahrscheinlich am besten, die HSR-Dämpfung nach den Vorgaben im Tuning-Guide von FOX einzustellen, um sich nicht komplett im Gewirr der Einstellmöglichkeiten zu verrennen. Danach kann man dann den Rebound über die LSR-Dämpfung einstellen. Suspension-Nerds oder sehr leichte bzw. sehr schwere Fahrer profitieren durch die einstellbare HSR-Dämpfung von einem größeren nutzbaren Einstellbereich der Rebound-Dämpfung.
Ist sie besser als die 2018er FOX Factory FLOAT EVOL RC2?
Um ganz ehrlich zu sein: Es ist unmöglich, das zu sagen, weil die Performanceunterschiede von Jahr zu Jahr geringer werden. Die abgelöste FOX Fit4 RC2 ist schon so gut, dass es journalistischer Bullshit wäre, nach so kurzer Zeit auf der brandneuen FOX GRIP2 zu behaupten, sie wäre viel besser. Nach einem Monat intensiven Testens können wir aber festhalten, dass die GRIP2 eine phänomenale Dämpfung ist. Dank der kaum spürbaren Reibung und dem unauffälligen Übergang vom Ein- zum Ausfedern fühlt sich die Gabel wie eine Stahlfeder an – nur besser, weil sie sich über den Luftdruck feiner einstellen lässt. Die Gabel erholt sich sehr schnell von harten Schlägen und macht auch größere Gewichtsverlagerungen ohne Probleme mit.
Was ist jetzt besser: die FOX 36 FLOAT GRIP2 oder die RockShox Lyrik RC2?
FOX-Orange oder RockShox-Rot? Die Frage werden sich dieses Jahr alle mit fettem Bankkonto stellen. Die FOX 36 GRIP2 oder die neue, fast perfekte RockShox Lyrik RC2? Wir hatten leider noch nicht die Möglichkeit, die beiden Gabeln direkt gegeneinander zu vergleichen. Aber um ganz ehrlich zu sein, bekommt man bei beiden Herstellern das Beste vom Besten und beide Gabeln liefern eine überragende Performance, wie man es angesichts ihres Preises aber auch erwarten darf. Egal ob man sich dafür entscheidet, die gleiche Marke wie beim Dämpfer zu fahren, oder ob man zum Konkurrenzmodell greift, beide Gabeln werden auf dem Trail glänzen. Als Mountainbiker waren wir noch nie so glücklich – wenn die Gabeln nur etwas günstiger wären …
Die neue FOX GRIP2-Dämpfung übernimmt alles, was die FIT4 RC2-Dämpfung schon zum Klassenprimus gemacht hat, und sie verbessert den Vorgänger mit geringerer Reibung und mehr Einstellmöglichkeiten im Rebound. Das Ergebnis ist eine messerscharfe Performance auf dem Trail. Viele Fahrer werden zwar anfangs von der Masse der Einstellmöglichkeiten etwas überfordert sein, das Setup nach den Vorschlägen des Tuning-Guides passt in den meisten Fällen aber schon ziemlich genau und fühlt sich bereits verdammt gut an.
Mehr Infos unter: ridefox.com
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