Jetzt ist die Katze aus dem Sack: Das FOX Live Valve-System wird offiziell vorgestellt. Dass FOX bereits seit Längerem an einem elektronischen Fahrwerk arbeitet, war bekannt – doch was das System kann, wie es funktioniert und ob es wirklich sinnvoll ist, wusste bisher niemand. Wir liefern Antworten auf die wichtigsten Fragen.
FOX Live Valve, was ist das?
In einem Satz gesagt: Das Fox Live Valve ist ein elektronisches System, das das Fahrwerk mithilfe von Sensoren an der Federgabel und am Hinterbau automatisch an die Begebenheiten auf dem Trail anpasst.
Wie funktioniert das FOX Live Valve-System?
Das FOX Live Valve-System besteht aus mehreren Bauteilen: drei Sensoren, einem Akku, einem Controller und den beiden Live Valve-Ventilen. Während der Fahrt messen die Sensoren 1.000 mal pro Sekunde, ob ein Schlag vorliegt. Ist das der Fall, öffnen sich die Live Valve-Ventile innerhalb von 3 Millisekunden – das ist 100 mal schneller als ein Wimpernschlag! Sprich: Wenn ein Schlag die Federgabel trifft, öffnet sie sich schneller, als man als Fahrer überhaupt etwas vom Schlag bemerkt.
Der Sensor im Controller erkennt obendrein Frei-Fall-Phasen und öffnet das Fahrwerk so z. B. auch bei einem Sprung oder Drop zuverlässig. Außerdem weiß der Sensor, ob man gerade im Flachen, bergauf oder bergab unterwegs ist. Das wiederum hat Einfluss darauf, bei welcher Schlagintensität das System sich öffnet und wie lange es dann offen bleibt.
Was macht der Algorithmus mit den Informationen?
Das FOX Live Valve-System besitzt zwei Positionen: offen und geschlossen. Aufgrund der Informationen der Sensoren steuert der Algorithmus die Ventile. Tritt an der Federgabel ein Schlag auf, öffnet er automatisch Federgabel und Dämpfer. Je nach gewähltem Modus (fünf stehen zur Wahl) bleiben die Federelemente dann unterschiedlich lang geöffnet. Kommt es in der offenen Phase zu einem weiteren Schlag, bleibt das System offen. Tritt kein Schlag mehr auf, verhärtet das Fahrwerk automatisch wieder. Treten allerdings ständig Schläge in einer Abfahrt auf, bleibt das System auch die ganze Zeit offen.
Wie bedient man das FOX Live Valve-System?
Das FOX Live Valve-System ist so konzipiert, dass man sich als Fahrer auf Tour eigentlich gar keine Gedanken darüber machen sollte. „Einschalten und losfahren“ lautet die Devise. Versehentlich blockierte Federgabeln in der Abfahrt gehören mit dem Live Valve-System der Vergangenheit an. Doch neben dem Ein-/Ausknopf befinden sich noch ein weiterer Button zum Verstellen der Modi sowie fünf LEDs auf dem Controller, ganz ohne Einstellungen kommt das System also doch nicht aus.
Diese fünf Modi werden aktuell vom Bike-Hersteller konfiguriert. Je höher der Modus, umso größer muss der Schlag sein, damit sich das System öffnet. Außerdem verändert sich bei den Modi auch das Gefälle, bei dem das System vom Uphill- in den Downhillmodus wechselt, sowie die Zeit, die das Ventil nach einem Schlag offen bleibt.
In Zukunft könnte es natürlich sein, dass man als Kunde die Modi auch selbst konfigurieren kann.
Die gewohnten Verstellmöglichkeiten von Rebound, Federhärte, Kennlinie (via Spacer) und Lowspeed-Druckstufe (via 3-mm-Inbus) am Fahrwerk sind weiterhin vorhanden. Allerdings funktioniert das Live Valve-System nicht mit der neuen GRIP2-Kartusche und auch nicht mit einem DPX2- oder FLOAT X2-Dämpfer. Basis des Fahrwerks ist die bisherige FIT4-Kartusche an der Federgabel und die DPS-Technologie am Dämpfer.
Das System braucht doch garantiert Strom, wie lang hält der Akku?
Den meisten Strom verbraucht bei dem System das Ventil beim Wechsel der Modi. Die Sensoren selbst brauchen nur wenig Energie. FOX gibt an, dass die Akkulaufzeit je nach Terrain zwischen 16–20 Stunden beträgt. Das deckt sich auch mit unseren Praxiserfahrungen. Wir mussten den Akku in der Regel alle 2–3 Wochen einmal laden. Wird das Rad für mehr als 1,5 Stunden nicht bewegt, schaltet sich das System automatisch ab.
Was passiert, wenn auf einer Tour plötzlich der Akku leer ist?
Anders als bei einer elektronischen Schaltung ist die Tour mit einem leeren FOX Live Valve-System nicht komplett ruiniert. Das System schaltet dann nämlich einfach nur in den Open-Mode, wodurch man bergab noch genauso viel Spaß hat, bergauf allerdings natürlich weniger effizient unterwegs ist. Sobald man wieder in der Nähe einer Steckdose ist, kann man in nur 15 Minuten genug Energie für eine 2-Stunden-Tour in den Akku laden.
Für wen ist das System gedacht?
Einen fixen Einsatzbereich gibt es derzeit nicht. Am meisten werden vermutlich Trail- und Endurobike von dem System profitieren. Allerdings ist gut möglich, dass es auch bei XC- und möglicherweise auch bei Downhillbikes zum Einsatz kommt.
Wie viel wiegt das System?
Das genaue Gesamtgewicht des Systems lässt sich schwer bestimmen, da es je nach Dämpfer und Federgabel variiert. Die Batterie wiegt 72 g, der Controller inkl. Sensoren 104 g. Das gesamte System ist laut FOX 144 g schwerer als das mechanische TwinLoc-System bei einem SCOTT Genius.
Kann ich das FOX Live Valve-System an meinem Bike nachrüsten?
Es gibt schon jetzt einige Bikes, die mit dem FOX Live Valve-System kompatibel sind, z. B. Modelle von SCOTT, Pivot, Giant und Rocky Mountain. Außerdem haben viele weitere Marken angekündigt, Live Valve-kompatible Bikes vorzustellen.
Was kostet das FOX Live Valve-System?
Das komplette Aftermarkt-Kit inkl. Federgabel und Dämpfer kostet zwischen 3.000–3.250 USD, je nachdem, ob man eine FOX 32 Step-Cast-, 34-, 34 Step-Cast- oder 36-Federgabel verbaut. Bikes, die das FOX-Live-Valve System bereits serienmäßig eingebaut haben, werden im Schnitt wohl ca. 2.000 € teurer.
Die wichtigste Frage: Wie fährt sich das FOX Live Valve-System und ist es den Mehrpreis wert?
Um das herauszufinden, haben wir ein Rocky Mountain Altitude mit Live Valve-System über mehrere Monate ausführlich getestet. Unseren Fahrbericht lest ihr auf der nächsten Seite.