Was Bremsen anging, hatte Hayes früher einfach alles. Sie waren der Platzhirsch, derjenige, den es zu schlagen galt. Doch dann gerieten sie fast in Vergessenheit. Nun haben sie, gleich einem Phönix aus der Asche, ihre neue Hayes Dominion A4 Bremse herausgebracht. Der Fehdehandschuh wurde geworfen und Hayes will die Herrschaft wieder an sich reißen.

Die Hayes Dominion A4 besitzt ein von Grund auf neues Design: Kraftvolle 4 Kolben und einen kaltgeschmiedeten Bremssattel, der mittels Kevlar-Schlauch mit einem wuchtig aussehenden Hauptzylinder verbunden ist. Hayes’ Marketing-Jargon gibt sich sexy: QuickBite2, MRC, LoFi, aber unter dem ganzen Hype steckt ein richtiger Wolf im… Wolfspelz! Während der letzten 2 Monate fuhren wir ein Paar der Dominion A4 Bremsen und nahmen sie ordentlich ran. Obgleich dieser Zeitraum zu kurz ist, um etwas über die Dauerhaltbarkeit sagen zu können, können wir hinsichtlich der Bremsleistung gewiss einiges beurteilen.

Die Hebel der Hayes Dominion sind sehr ergonomisch und kommen mit wenig Platz am Lenker aus
Wir lieben die leicht zu bedienende Griffweiten-Verstellung
Die Verstellschraube für den Leerweg war weniger beeindruckend und schwierig zu erreichen
Die Lagerung des Hebels ist hervorragend

Schon bei der Montage der 307 g schweren Stopper beginnt man zu verstehen, warum Hayes so stolz auf diese neue Bremse ist. Nicht nur ist die Technik der 470 € teuren Bremse ausgeklügelt und der Ausgang des Bremsschlauches am Sattel für eine elegante Montage perfekt abgewinkelt, sondern die Crosshair-Ausrichtungshilfe ist einfach eine ingenieurtechnische Meisterleistung. Dieses Feature ist wirklich cool und beendet das Rätselraten bei der Montage der Bremsen. Zwei kleine 2 mm Madenschrauben befinden sich seitlich am Bremssattel. Um schleiffreien Betrieb zu garantieren, muss man lediglich den Bremssattel so weit an die Scheibe drücken, dass er deren äußere Oberfläche berührt, bevor man die Schrauben am Bremssattel wieder so stark befestigt, dass er in seiner Position fixiert wird. Dann dreht man einfach die 2 mm Ausrichtungs-Schrauben jeweils eine halbe Umdrehung, um den Bremssattel akkurat zurück über die Scheibe zu bewegen, bevor man die Haupt-Befestigungsschrauben endgültig festzieht. Dies ist eine deutlich ausgeklügeltere und elegantere Lösung, als den Bremshebel zu ziehen und zu hoffen, dass der Sattel korrekt justiert ist. Man braucht also lediglich 30 Sekunden für eine präzise und schleiffreie Ausrichtung – in einer Welt voller unmerklicher Verbesserungen gleicht dies einer Offenbarung.

Die Crosshair-Ausrichtungshilfe ist genial, ein High Five an Hayes!

Fahreindruck der Hayes Dominion A4

Bei unserem Test haben wir die Dominions wahrhaftig auf die Probe gestellt. Viele Lift-unterstützte, halsbrecherische Abfahrten auf super steilen, technischen Trails und eine Vielzahl an epischen Ausfahrten in den Bergen mit genug Tiefenmetern und Abrieb, um fast alles zum kochen zu bringen. Alles in allem war die Performance der Hayes Dominions wirklich sehr beeindruckend, Abfahrt für Abfahrt begegnete uns nichts als beständiges und präzises Bremsen. Hayes hat eine beträchtliche Zeit bei der Konstruktion darauf verwendet, die Reibung innerhalb des Systems zu verringern und die wunderbar leichtgängige und ausgewogene Funktion des Hebels darf als großer Erfolg angesehen werden. Spätes Bremsen ist sehr intuitiv, einfach zu dosieren und äußerst effektiv. Auf langen Abfahrten erlebten wir keinerlei merkliches Fading, allein die standardmäßig verwendete T106 Belagmischung quietschte ein wenig bei Nässe (selbst nach einem sehr aufmerksamen Einbremsen) – Leute, die die Bremse schleifen lassen, können sich also nicht verstecken.

Mit ihrer ausgezeichneten Dosierbarkeit lässt sich die Gewschwindigkeit sehr präzise kontrollieren

Die Ergonomie der Hebel ist überragend und der kräftige, kugelgelagerte Bremsgriff wandert derart mühelos durch seinen Hebelweg, dass er so ziemlich der leichtgängigste Hebel auf dem Markt sein dürfte. Das breite Hauptdrehgelenk bewirkt, dass es keinerlei wackeln oder kippeln gibt, sogar nach einigen Wochen Geballer und einer beträchtlichen Kollision mit einem Baum. Die Hauptzylinder liegen satt auf dem Lenker auf und verbrauchen nicht zu viel Platz und eine „Peacemaker” Schelle ist für jene verfügbar, die Brems- und Schalthebel kombinieren wollen. Die Hebelweitenverstellung ist sehr gut konzipiert, ein großes und komfortables Einstellrad erlaubt eine präzise Justierung der Hebelweite für ein perfektes Hebelgefühl. Allerdings waren wir von der Einstellung des Leerweges nicht ebenso begeistert: Eine 2 mm Inbusschraube unter dem Hebel, die sich umständlich erreichen lässt und bei welcher die eine verfügbare Umdrehung den Leerweg um ca. 6 mm verstellt. Die Länge des Hubes hängt zudem mit dem Hebelweg zusammen – bei weit herausgedrehtem Hebel ist weniger Weg zu überbrücken, bevor das System Druck aufbaut, hereingedreht ist das Bremsverhalten linearer. In puncto Einstellung ist sie nicht ganz so fein abstimmbar wie die Druckpunkteinstellung an der SRAM Code. Am besten lässt man sie so, wie sie ab Werk ausgeliefert wird: in der Einstellung des kleinsten Leerweges.

Einbremsen ist äußerst wichtig, die Bremsscheiben belohnen die Mühe mit geringer Geräuschentwicklung

Wir fuhren die Bremsen mit einer 203 mm / 180 mm Scheibengrößen-Paarung und selbst an einem knallharten 29er hatten wir nie das Gefühl, zwei 203 mm-Scheiben montieren zu müssen. Die ab Werk installierten, halbmetallischen T106 Beläge lieferten eine großartige und ausgewogene Performance, aber letztendlich entschieden wir uns für die gesinterten, metallischen T100 Beläge, da viele der Abfahrten bei Nässe stattfanden und die T100 Mischung für uns die Nase vorn hatte. Hayes behauptet, seine 1,95 mm dicken D-Series Scheiben würden ein Oberfläche besitzen, die so konzipiert ist, dass sie beim Bremsen die Harmonisierung zwischen Scheibe und dem Belagmaterial verhindert. Kurz gesagt: Nicht quiekt wie ein angestochenes Schweinchen. Wir werden Hayes an dieser Stelle Glauben schenken, da die Hayes Dominion A4 Bremsen bei Trockenheit beeindruckend leise bleiben und die T100 Beläge sich bei Nässe besser schlugen.

Wir haben die Bremsen nicht geschont und auf EWS-Strecken und in den schottischen Highlands getestet

Zwei Entlüftungsöffnungen am Bremssattel, wozu braucht man das?

Die beiden „Two Stroke“ genannten Entlüftungsöffnungen am Bremssattel zu erblicken, ließ uns zunächst etwas nervös werden. Unzuverlässige Bremsen sind immer rarer gesät, und Entlüftungen müssen seltener durchgeführt werden, von daher sollte das Entlüften einfacher werden, nicht komplizierter. Jedoch ist die Hayes Dominion tatsächlich kein Stück komplizierter als jede andere Bremse. Während des kurzen Testzeitraums gelangte keine Luft in das System und wir mussten die Bremse nicht entlüften, daher ließen wir manuell Luft durch die Öffnungen eindringen, bis sich die Bremsen schrecklich anfühlten. Das Entlüften der Hayes Dominion empfanden wir als genauso wenig aufwendig wie bei jedem anderen Druck-/Zug-Spritzensystem und man benötigt nur eine der Entlüftungsöffnungen am Sattel, um eine perfekte Entlüftung zu erhalten. Das schöne am „Two Stroke“ System ist, dass man die beiden Öffnungen nutzen kann, um den Bremssattel unabhängig vom System „durchzuspülen“, wenn man dies wünscht – falls zum Beispiel genau dort etwas Luft eingeschlossen ist. Es ist also ein nettes optionales Feature, falls man es mal braucht.

Nein, ihr seht nicht doppelt: Die Hayes Dominion verfügt über zwei Entlüftungsöffnungen am Bremssattel

Sind sie besser als SRAM’s Code, die Shimano Saint oder Magura’s MT7?

Zur Zeit gibt es phänomenale Bremsen auf dem Markt, also wo platziert sich die Hayes Dominion A4 im Vergleich mit der Konkurrenz? Sie ist in der Tat sehr gut. Mit 304 g positionieren sich die Hayes Dominion A4 sicher auf der schwereren Seite des Marktes, aber auf unserer Waage schlugen Hebel und Bremssattel mit dem gleichen Gewicht zu Buche, wie jene der SRAM Code RSC und die Performance ist ebenso spitzenmäßig. Hebelgefühl und Modulation sind so gut wie bei SRAM’s Code RSC, welche bislang in dieser Klasse führend waren, aber die Hayes Dominion A4 sind in puncto Power überlegen. Wenn es um absolute Power geht, fühlen sich die Hayes Dominion A4 nicht so brutal wie die Shimano Saint und Magura MT7 an, bieten dafür aber eine deutlich bessere Dosierbarkeit und ein besseres Gefühl. Abgesehen davon gehören sie auf dem Trail eindeutig in die Kategorie „Anker“ und liefern eine kräftige Verringerung der Geschwindigkeit – genug, um die Mutter aller Stoppies zu vollführen. Mit 470 € und circa 50 € pro Scheibe ist sie natürlich eine Premium-Bremse, reiht sich neben der SRAM Code RSC, Shimano Saint sowie TRP G-Spec Quadiem ein und ist teurer als die Magura MT7, aber beurteilt man sie anhand Konstanz, Kraft und Hebelgefühl, so stellt die Dominion die Königsklasse des Marktes dar.

Die Hayes Dominion sind die perfekte Wahl für Fahrer die nach einer kraftvollen aber gut dosierbaren Bremse suchen

Fazit

Die Hayes Dominion A4 macht ihrem Namen alle Ehre. Hayes hat versucht, die Herrschaft über den Scheibenbremsen-Markt zu erlangen und wenn sich die Zuverlässigkeit als ebenso beeindruckend wie die Leistung erweist, sind sie definitiv auf der Siegerseite. Mit genug Bremspower, um es mit den besten aufzunehmen, erstklassiger Verarbeitungsqualität und branchenführendem Gefühl, sind sie eine sehr empfehlenswerte Anschaffung für Fahrer, die nach einer ausgewogenen Bremse mit sehr viel Feinfühligkeit suchen.

Mehr Infos findet ihr auf der Hayes website


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