Kona ist eine Traditionsmarke aus Kanada, die sich vor allem in den 90ern mit ihren Downhill-Bikes bekannt gemacht hat. Damals wurden mit den Kona-Bikes dicke Drops und wilde Stunts abgezogen. Heute ist das Process X das Bike mit dem meisten Federweg im Line-up. Kann es in die großen Fußstapfen seiner Vorfahren treten?

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: North America’s Finest – 7 Modelle im Test

Kona Process X CR | 170/162 mm (v/h) | 15,8 kg in Größe L | 5.999 € | Hersteller-Website

Kona Bikes wurde 1988 in Vancouver gegründet, von Bikern, die das Ziel hatten, hochwertige Custom-Bikes zu fertigen. Heute haben sich die Kanadier auf die Fahne geschrieben, langlebige Fahrräder herzustellen, die den harten Bedingungen ihrer Test-Trails im pazifischen Nordwesten trotzen können. Denn nasses Wetter und anspruchsvolles Terrain stellen Mountainbikes dort ganz schön auf die Probe. Neben Mountainbikes bietet Kona heutzutage ein riesiges Portfolio, das auch City-, Kids- und Road-Bikes beinhaltet.
Das Fully Process wird von Kona als „das Mountainbike für Mountainbiker“ bezeichnet. Dabei gehören dazu drei verschiedene Varianten, eine mit 134 mm und eine mit 153 mm Federweg hinten sowie das von uns getestete Process X, das zwischen 158 mm und 164 mm umgestellt werden kann und mit einer 170-mm-Federgabel kombiniert ist. Das Process bringt 15,8 kg auf die Waage und geht für 5.999 € über die Theke. Allerdings gibt es in Deutschland nur wenige (Online-)Händler, die Kona im Programm haben, einen Direktversand aus Nordamerika gibt es nicht.

Das Kona Process X CR im Detail

Das Kona Process X CR bietet einen klassischen Look mit einem stehenden Dämpfer, der mit dem Single-Pivot-Hinterbau zusammenspielt. Durch die auffällige, metallic-pinke Lackierung sticht das Bike dennoch aus der Masse hervor. Alle Züge sind innenverlegt und weder am Eingang noch am Ausgang geklemmt, weshalb sie auch leicht klappern. Zudem schlagen die langen, zu wenig gekürzten Leitungen vor dem Cockpit aneinander, sodass der Look des Bikes etwas messy wirkt. Das Unterrohr ist im Tretlagerbereich großzügig mit einem Schutz versehen und weiter oben befindet sich zudem ein Shuttle-Guard. Der Kettenstrebenschutz ist nur über die Kettenstrebe gestülpt und hat sich bei uns bereits nach den ersten Test-Laps etwas abgelöst – dafür dämpft er Kettenschlagen zuverlässig. Im Rahmendreieck befinden sich zwei Anschraubpunkte für einen Flaschenhalter, aber keine für einen Toolmount oder Ähnliches.

Das Kona Process X CR zeigt schlichte Rahmenlinien, fällt mit seiner auffälligen metallic-pinken Lackierung dennoch auf.

Die Ausstattung des Kona Process X CR

Das Kona Process X CR besitzt nicht den Top-Spec, stattdessen setzt das Bike auf eine Ausstattung, die Trail-Performance bringen soll, ohne euer Konto zu sprengen. Die FOX Performance-Gabel ist mit der günstigen GRIP-Kartusche ausgestattet, die allerdings nur begrenzte Einstellbarkeit hat und in puncto Performance nicht mit der High-End GRIP2 mithalten kann. Am Heck ist der FLOAT X Performance Elite-Luftdämpfer verbaut. Gebremst wird der Shimano DEORE Vierkolbenbremse, die zwar keine Verstellbarkeit bietet, dafür aber ordentlich Biss. Kombiniert ist sie mit 200-mm-Bremsscheiben an Front und Heck. Allerdings setzt Kona hier auf die günstigen, gestanzten Scheiben, die in Sachen Bremspower nicht ganz mit den ICE-Tech-Scheiben von Shimano mithalten kann. Auch geschalten wird mit japanischer Technologie: Beim Process X ist eine Schaltung aus einem XT-Hebel, gemischt mit Schaltwerk und Kassette aus der günstigeren SLX-Serie verbaut. Dadurch hat man die Multishift-Technologie des Hebels kombiniert mit günstigerer Kassette und Schaltwerk – smart. Die TranzX +RAD-Dropper bietet mit 200 mm ordentlich Hub und ist kombiniert mit einem ergonomischen Shimano-Trigger. Als Laufräder sind die WTB KOM Trail i30 TCS aus Alu verbaut, bei den Reifen setzt Kona auf MAXXIS: Vorne arbeitet ein ASSEGAI in weicher MaxxGrip-Gummimischung, hinten ist ein Minion DHR II in härterer MaxxTerra-Gummimischung verbaut. Diese Kombination der Gummimischungen von Grip an der Front und Haltbarkeit am Heck ist top, allerdings haben beide Reifen die pannenanfällige EXO+ Karkasse und ein Enduro-Bike wie das Process X könnte locker robustere Doubledown-Reifen vertragen.

Chamäleon
Durch einen Flip-Chip in der Achsaufnahme hinten kann man die Kettenstrebenlänge zwischen 435 mm und 450 mm variieren.
Mullet ready
Mit einem Flip-Chip kann man das Process X CR von einem 29er zu einem Mullet-Bike konvertieren.
X gonna give it to you
Woher der Namenszusatz des Process X genau kommt, weiß niemand so genau.
Haftungsprobleme
Der Kettenstrebenschutz ist nur aufgesteckt und kann sich deshalb leicht ablösen.
Guter Hüftschwung
Das niedrige Sitzrohr in Kombination mit der 200 mm langen, voll versenkbaren Dropperpost bringen euch massig Bewegungsfreiheit auf dem Bike.

Kona Process X CR

5.999 €

Specifications

Fork FOX 38 Performance GRIP 170 mm
Rear Shock FOX FLOAT X Performance Elite 162 mm
Seatpost TranzX Dropper +RAD 200 mm
Brakes Shimano DEORE 200/200 mm
Drivetrain Shimano SLX/XT 1x12
Stem Kona XC/BC 35 mm
Handlebar Kona XC/BC 800 mm
Wheelset WTB KOM Trail i30 29"
Tires MAXXIS ASSEGAI MaxxGrip EXO+/Minion DHR ll MaxxTerra EXO+ 2,5"/2,4"

Technical Data

Size S M L XL
Weight 15,8 kg

Specific Features

Flip-Chip

Die Geometrie des Kona Process X

Das Kona Process X ist in vier Größen von S bis XL erhältlich. Damit soll es für Fahrer zwischen 152 cm und 196 cm geeignet sein. Mit gerade einmal 420 mm ist das Sitzrohr superniedrig, vor allem bei einem recht langen Reach von 490 mm. Zusammen mit der langen 200-mm-Dropperpost hat man dadurch sehr viel Bewegungsfreiheit auf dem Bike. Es gibt zwei Flip-Chips, die die Geometrie des Process X anpassen: Mit dem ersten kann man das Bike auf ein Mullet-Setup mit kleinem 27,5”-Laufrad umbauen, ohne die sonstige Geo zu ändern. Der zweite Flip-Chip ändert die Länge der Kettenstrebe von 435 mm auf 450 mm. Damit die Bremszange noch an der richtigen Stelle ist, muss man den Bremsadapter dabei umdrehen.

Größe S M L XL
Oberrohr 569 mm 594 mm 623 mm 662 mm
Steuerrohr 94 mm 94 mm 105 mm 116 mm
Lenkwinkel 63,5° 63,5° 63,5° 63,5°
Sitzwinkel 78,2° 78,2° 78° 77,9°
Kettenstreben 435 mm 435 mm 435 mm 435 mm
BB Drop 20 mm 30 mm 30 mm 30 mm
Radstand 1.213 mm 1.238 mm 1.268 mm 1.308 mm
Reach 440 mm 465 mm 490 mm 525 mm
Stack 615 mm 615 mm 625 mm 635 mm
Helm Smith Forefront 2 | Brille POC Devour | Shirt Patagonia P-6 Logo | Hose Rapha Lightweight Trail | Schuhe Ride Concept Hellion Clip | Socken Stance Baron Crew

Das Kona Process X CR auf dem Trail

Steigt man auf das Kona Process X CR, sitzt man je nach Sattelauszug recht weit hinter dem Tretlager. Denn obwohl der effektive Sitzwinkel – gemessen zwischen Tretlager und Sattel – auf dem Papier ziemlich steil ist, ist der tatsächliche Winkel des Sitzrohrs eher flach. Dadurch kommt der Sattel bei langem Auszug also ziemlich weit über das Hinterrad. Die Sitzposition ist immer noch sehr angenehm, in steilen Uphills steigt dadurch allerdings das Vorderrad schnell. Der Hinterbau ist ziemlich soft und auf langen Forstweg-Climbs lohnt sich auf jeden Fall der Griff zum Climb-Switch.

Wackelig
Beim Pedalieren wippt der Hinterbau des Process X spürbar und auf langen Forstweg-Climbs lohnt sich der Griff zum Climb-Switch.

Auf langsamen Trails fühlt sich das Process X CR etwas unterfordert an, sobald es steil und rough wird, erwacht es dann zum Leben.

Geht es bergab, steht man zentral und ausgeglichen in dem Process X. Es lässt sich intuitiv fahren und man fühlt sich bereits nach kürzester Zeit wohl auf dem Bike. In langsamen Passagen fühlt sich das Kona zunächst etwas unterfordert an. Man spürt, dass das Bike für schnellere, roughere Trails gemacht ist und es gibt sich in engen Sektionen etwas sperrig. Das Fahrwerk ist recht weich und schluckt Impulse weg, die man in das Bike gibt. Auf flowigen Strecken mit vielen Rollern und Anliegern ist es deshalb schwer, Schwung zu generieren. In starken Kompressionen rauscht man so auch schnell durch den gesamten Federweg durch. Wird der Trail steiler und die Wurzeln größer, ist das Process X deutlich mehr in seinem Element. Es klebt förmlich am Boden und gibt euch viel Selbstvertrauen und Kontrolle. Gerade auf schnellen, verblockten Trails bügelt man mit dem Kona einfach durch, als wäre es nichts.

Tuning-Tipp: Reifen mit robusterer Doubledown-Karkasse

Klebstoff
Der softe Hinterbau des Kona bietet wenig Gegenhalt, dafür klebt man auf roughen Trails förmlich am Boden.

Unser Fazit zum Kona Process X CR

Das Kona Process X CR bietet einen klassischen Look und eine Ausstattung, die auf ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis setzt. Dadurch muss man allerdings auch ein paar Abstriche bei der Trail-Performance machen – vor allem bei der Gabel spürt man einen Unterschied. Auf dem Trail ist das Process X CR auf langsamen, engen Trails zunächst etwas sperrig und fühlt sich mit seinem weichen Fahrwerk unterfordert an. Wird es dafür schnell und steil, ist das Kona in seinem Element und bietet hohe Laufruhe und viel Grip.

Tops

  • traktionsstarkes Fahrwerk
  • hohe Laufruhe
  • niedriges Sitzrohr und lange Dropper bringen viel Bewegungsfreiheit

Flops

  • klappernde Kabel
  • Fahrwerk bringt zu wenig Gegenhalt
  • in engen Sektionen etwas sperrig

Mehr Informationen findet ihr unter konaworld.com

Das Testfeld

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Text: Simon Kohler Fotos: Peter Walker

Über den Autor

Simon Kohler

Simon liebt Geschwindigkeit. Als Downhill Skater ist er lange Zeit Rennen gefahren und mit seinem Longboard Alpenpässe runtergeknallt. Inzwischen hat er vier gegen zwei Reifen eingetauscht und heizt jetzt mit seinem Mountainbike auf Trails und Bikepark Lines. Bei verschiedensten Roadtrips durch die Alpen hat er seither einige der feinsten Trails Europas ausgekostet. Da er einige Zeit in Österreich gelebt hat, kennt er zudem die lokalen Bikeparks wie seine Westentasche. Durch sein Ingenieurstudium und seine Liebe zum Detail ist er ein echter Technik-Nerd und testet jetzt als Redakteur die aktuellsten Bikes und Parts auf Herz und Nieren. Als Frühaufsteher und selbsterklärter Müsli-Connaisseur lebt er sein Leben frei nach dem Motto „Powered by Oats. And also Legs.“