Aller guten Dinge sind zwei. Deshalb stellt Specialized das neue Epic 8 XC Racebike gleichzeitig mit dem Epic 8 EVO vor, das zwar auf den gleichen Rahmen setzt, mit mehr Federweg, robusteren Parts und einem anderen Fahrwerk aber deutlich potenter sein soll. Geht die Rechnung auf? Und warum bevorzugen wir trotzdem die Epic-XC-Variante?
Das Specialized Epic EVO war letztes Jahr das Bike der Wahl der meisten XC Teamfahrer bei den World-Cup-Rennen. Um den steigenden Anforderungen der Cross Country-Strecken gerecht zu werden, wurden also sowohl das Epic als auch das Epic EVO deutlich potenter gemacht und so bringt die EVO-Variante jetzt 130 mm Federweg an der Front und 120 mm am Heck mit. Das von uns getestete Pro-Modell wiegt 12,1 kg und geht für 9.000 € über die Theke. Eine S-Works-Version gibt es vom neuen Specialized Epic EVO 2024 nicht und das ist gleichzeitig auch das Topmodell, nur eine Comp-Version wird daneben noch angeboten.
Das neue Specialized Epic 8 EVO im Detail
Da beide Bikes sich den gleichen Rahmen teilen, ist die Ähnlichkeit vom Specialized Epic 2024 zum EVO-Modell sehr groß. Letzteres bringt an der Front jedoch 10 mm mehr Federweg mit und verzichtet mit seinem FOX-Fahrwerk auf das elektronisch gesteuerte RockShox Flight Attendant-Fahrwerk. Dass der Fokus hier klar auf Abfahrt liegt, sieht man auch daran, dass die Gabel mit der starken GRIP2-Dämpfungskartusche ausgestattet ist, die super Trail-Performance bietet, dafür aber etwas mehr Gewicht mitbringt. Auf eine Remote am Lenker zum Wechsel zwischen dem offenen und Lockout-Modus verzichtet Specialized. Schade: Einen Magic-Middle-Modus, wie beim Epic 8, gibt es am EVO nicht. Zudem sind mit der Reifenkombi aus Specialized Purgatory an der Front und Ground Control am Heck mit robusterer GRID-Karkasse und weicherer Gummimischung noch mehr Zeichen in Richtung Abfahrt gestellt. Um es ganz eindeutig zu machen, ist zudem die SRAM CODE Silver Stealth-Bremse mit 200-mm-Scheibe an der Front und 180er am Heck verbaut. Bremspower satt! Abgerundet wird das Ganze mit einer kabellosen SRAM X0 Eagle AXS Transmission-Schaltgruppe und Roval Control-Carbon-Laufrädern.
Genau wie das Specialized Epic 2024 kommt das Epic EVO jetzt mit Staufach im Unterrohr. Doch auch wenn die beiden Bikes auf den gleichen Rahmen setzen, so unterscheiden sie sich in einigen wichtigen Punkten. Vor allem die Front des EVO ist durch die längere Gabel und das zweiteilige Cockpit rund 4,5 cm höher als das Epic. Zudem wird das Epic EVO standardmäßig in der niedrigen Flip-Chip-Position ausgeliefert, während das Epic in der Höhe daherkommt. Beide Modelle gibt es in fünf Rahmengrößen: von XS bis XL.
Das neue Specialized Epic EVO 2024 im Test – Mehr Federweg = mehr Spaß?
Wie erwartet, fällt die Sitzposition auf dem Specialized Epic EVO 2024 deutlich aufrechter aus als bei seinem rennorientierten Bruder. Das bringt Komfort bei langen Tagen im Sattel und nimmt dem Bike direkt auf den ersten Metern das Race-Bike-Feeling. Nur die Dämpfer-Einstellung will da nicht mitmachen. Denn statt auf eine dreistufige Einstellung mit Magic-Middle-Tune, verfügt das neue Epic EVO nur über einen deutlich strafferen Open-Modus, der nicht mehr „wide” im Namen trägt wie beim Epic. Und über einen Lockout. Einen Magic-Middle-Tune gibt es nicht. Ja, der offene Modus wippt kaum und gibt sich sehr neutral, ist auf dem Trail jedoch nicht mehr so feinfühlig, teils sogar bockig – auf einer langen und ruppigen Transfer-Schotterstraße hätten wir uns deutlich mehr Komfort gewünscht (oder einfach das Epic mit Flight Attendant). Da konnte die schöne chilenische Landschaft mit Pazifikblick auch nicht von ablenken! Für ein Trailbike wie das Epic EVO wäre ein Wide-Open-Modus und ein mittlerer Tune wünschenswert. Den Lockout-Modus braucht man selten bis gar nicht. Denn ernsthaft sprinten will man mit dem Epic EVO eh nicht – da ist der Unterschied zum deutlich leichtfüßigeren Epic S-Works sowieso zu groß.
Geht der Trail dann in Richtung Tal, lässt sich das Specialized Epic EVO präzise und leichtfüßig steuern und man fühlt sich sehr schnell wohl darauf. Im Vergleich zum Epic hat man durch die hohe Front und die potentere Gabel spürbar mehr Confidence, vor allem in ruppigen Steinfeldern oder überall, wo es grob und steil wird. Durch die stärker profilierten, robusteren Reifen hat man zudem spürbar mehr Grip und bessere Bremstraktion. Aber das geht natürlich zulasten des leichtfüßigen Fahrverhaltens. Hier hat das XC-Racebike deutlich die Nase vorne. Auch in der Abfahrt kann uns der Hinterbau nicht komplett überzeugen. Der offene Modus ist für ein Trailbike, bei dem es nicht unbedingt auf Vortrieb ankommt, für unseren Geschmack zu straff und auch wenn Grip und Kontrolle auf dem Trail spürbar besser sind als beim Epic, so ist es im Vergleich zu anderen Trailbikes dennoch eher unsensibel.
Specialized Epic 8 S-Works 2024 oder Epic 8 EVO 2024?
Wir dachten, das Specialized Epic EVO 2024 würde unser Favorit werden, aber hätten wir die Wahl, wir würden das Epic S-Works nehmen! Nein, nicht weil es nochmal teurer ist, sondern weil es unserer Definition von schnellem Spaß deutlich näher kommt und auch schon sehr potent ist. Zudem bietet es ein variableres Fahrwerk und eine deutlich bessere Beschleunigung und Leichtfüßigkeit. Auf dem Epic fühlt man sich richtig wie auf einem Racebike, während man auf dem EVO zwischen den Welten fährt: Der offene Modus ist uns für ein traillastigeres Bike zu straff, der Lock unnötig. Eine mittlere Plattform-Dämpfung wäre hingegen wünschenswert. Aber hey – mit einem anderen Dämpfer bzw. Fahrwerks-Tune sähe die Welt schon wieder anders aus. Für unsere Hometrails in Stuttgart ist – Status quo – das S-Works Epic klar das Bike unserer Wahl!
Das Fazit zum Specialized Epic EVO 2024
Das Specialized Epic EVO 2024 ist ein Bike zwischen zwei Welten. Es setzt auf den Epic-Rahmen mit eleganten Linien, praktischem Staufach und potenter GRIP2-Gabel – eine Seltenheit bei Short-Travel-Bikes. Durch den straffen Dämpfer-Tune bietet es jedoch wenig Komfort in der Ebene und gleichzeitig weniger Sensibilität in der Abfahrt. Auch wenn es deutlich mehr Selbstvertrauen bringt als das Epic, wird es seinem Ziel als flinkes Trailbike allerdings nicht ganz gerecht.
Tops
- mehr Confidence als das Epic
- Short-Travel-Bike mit Staufach
Flops
- Dämpfer-Tune
- wenig Komfort für ruppige Schotterstraßen
Mehr Infos findet ihr auf der Website von Specialized.
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Text: Simon Kohler, Robin Schmitt Fotos: Etienne Schoemann, Robin Schmitt