Chain Reaction Cycles sind auf dem besten Weg, sich zum unangefochtenen Oberhaupt der Online-Shops aufzuschwingen. Der Internetriese bietet nicht nur mehr Marken an als je zuvor, seine Hausmarke Vitus ist mittlerweile ebenfalls etabliert. Wir waren schon vom Vitus Sommet beeindruckt und deshalb umso gespannter aufs neue Vitus Escarpe 29 Pro mit 135 mm Federweg.

The Vitus Escarpe 29 Pro. An attractive price tag given the spec, but with performance to match?
Das Vitus Escarpe 29 Pro. Ein attraktiver Preis für eine gute Ausstattung, aber passt auch die Performance?

Vitus hat seinen Sitz im nördlichen Irland und gehört nicht unbedingt zu den Namen, die ganz oben auf der Wunschliste der Käufer stehen. Die Bikes für 2016 wurden allerdings ausstattungstechnisch noch mal ordentlich aufgestockt, bekamen einen coolen Look und bieten sowohl eine moderne, lange und flache Geometrie als auch absolute Kampfpreise. Schon beim Auspacken und Montieren merkt man, dass dieses Bike schnell sein und vor allem aussehen soll. Die verrucht wirkende Farbkombination aus Schwarz und dunklem Grau, gepaart mit fast ausschließlich schwarzen Parts, macht dieses Bike zum echten Hingucker. Noch besser wird das durch den Kontrast mit den weißen Decals und silbernen Naben.

Ausstattung des Vitus Escarpe 29 Pro

  • Gabel: RockShox Pike RCT3 Solo Air 150 mm
  • Dämpfer: RockShox Monarch RT3 Debon Air (135 mm rear wheel travel)
  • Antrieb: SRAM X01/X1
  • Bremsen: Shimano XT BR-M8000
  • Sattelstütze: RockShox Reverb Stealth 125 mm
  • Vorbau: Funn Strippa 45 mm
  • Lenker: Nukeproof Warhead 760 mm
  • Reifen: WTB Vigilante TCS 2.3/Trail Boss TCS 2.25
  • Laufradgröße: 29″
  • Laufräder: Mavic Crossmax XL
  • Gewicht: 14,20 kg
  • Preis: 4.469,99€

Die Ausstattung des Vitus Escarpe 29 Pro kann sich auf jeden Fall sehen lassen! An der Front kommt die verlässlich funktionierende RockShox PIKE RCT 3 Solo Air mit 150 mm zum Einsatz, am Heck kümmert sich der passende Monarch RT3 um die 135 mm Federweg. Beim Antrieb kommen ein SRAM X01-Schaltwerk und ein X1 11-fach-Schalthebel zum Einsatz, eine E13-Kettenführung hält die Kette im Zaum. Für die Verzögerung sorgt eine Shimano XT mit 180-mm-Scheiben im edlen grauen Look.

Ein ordentlicher 1x11 Mix aus SRAM X01 und SRAM X1.
Ein ordentlicher 1×11 Mix aus SRAM X01 und SRAM X1.
Der RockShox Monarch RT3 sorgt für Dämpfung am Heck.
Der RockShox Monarch RT3 sorgt für Dämpfung am Heck.
Das Cockpit mit 760 mm Nukeproof Lenker und 45 mm FUNN Vorbau gefiel uns sehr gut.
Das Cockpit mit 760 mm Nukeproof Lenker und 45 mm FUNN Vorbau gefiel uns sehr gut.
WTB rubber came with the lightweight TCS version.
WTB Reifen in der leichten TCS Variante.

Die Laufräder sind unserer Meinung nach der größte Hingucker an diesem Rad: Die super stabilen Mavic Crossmax XL spielen dem anrüchigen Look des Bikes zu. Beim Grip verlässt man sich auf den Vigilante von WTB an der Front, am Heck findet sich der Trail Boss, beide in TCS-Gummimischung. Ein Sattel von Vitus sitzt auf der Reverb Stealth-Sattelstütze mit 125 mm Hub, am Cockpit finden sich ein Nukeproof Alu-Lenker in 760 mm und ein 45 mm langer FUNN-Vorbau. Die Ausstattung ist für (die oft im Sonderangebot von Chain Reaction Cycles reduzierten) 4.469 € absolute Spitze. Aber wird das 14,20 kg schwere Bike halten, was es verspricht?

Geometrie des Vitus Escarpe 29 Pro

Für einen Fahrer mit 178 cm Körpergröße ist der Rahmen in Größe Large perfekt. Das Bike fühlt sich trotz des 1.210 mm langen Radstands nie zu lang für enge Kurven an und sorgte auch nie für Rückenschmerzen. Der Überstand ist in Ordnung, für die meisten Fahrer würde eine 150-mm-Sattelstütze statt der verbauten 125 mm das Handling allerdings deutlich verbessern – etwas, das wir zuerst ändern würden.

Größe S M L XL
Empfohlene Körpergröße 152 – 170 cm 170 – 180 cm 180 – 190 cm 190 – 201 cm
Empfohlene Schrittlänge 67 – 76 cm 76 – 81 cm 81 – 86 cm 86 – 94 cm
Sitzrohr 382 mm 433 mm 483 mm 523 mm
Oberrohrlänge 575 mm 600 mm 620 mm 640 mm
Reach 409 mm 432 mm 449 mm 466 mm
Stack 613 mm 622 mm 631 mm 641 mm
Kettenstreben 450 mm 450 mm 450 mm 450 mm
Steuerrohr 100 mm 110 mm 120 mm 130 mm
Lenkwinkel 67° 67° 67° 67°
Sitzwinkel 74.5° 74.5° 74.5° 74.5°
BB Drop 30 mm 30 mm 30 mm 30 mm
Radstand 1162 mm 1189 mm 1210 mm 1231 mm

Setup des Vitus Escarpe 29 Pro

Bei einem Körpergewicht von etwa 88 kg fuhr Jim die PIKE mit 80 psi und einem Bottomless Token. Bei 260 psi im Dämpfer kamen wir auf 30 % SAG. Um den Vorbau näher an den Steuersatz zu kriegen, kann man einen der 10-mm-Spacer darunter entfernen. Dadurch bekommt man den Druck aufs Vorderrad, der vorher gefehlt hat. Das Bike fühlt sich dann deutlich zentraler, komfortabler und stimmiger an. Die Ingenieure des Escarpe haben gute Maße gefunden, um das Maximum aus dem Horst-Link herauszuholen, der Dämpfer wurde im Unterrohr platziert. Bergauf gibt sich das Escarpe 29 Pro sehr effizient, sobald der Umschalthebel am Dämpfer auf „Climb“ steht. Die meisten Hindernisse schluckt er trotzdem und macht so auch schwierige Anstiege zum Kinderspiel.

Das Vitus Escarpe 29 Pro auf dem Trail

Der Hinterbau des Escarpe fühlt sich eher progressiv als linear an, was zu einem aktiven Kurvenverhalten führt – das Bike lässt sich ohne viel Mühe von Line zu Line wuchten, gerade für ein 29er. Die Kehrseite dieses aktiven Fahrverhaltens ist, dass sich die Sensibilität für kleinere Schläge bestenfalls als durchschnittlich beschreiben lässt. Das Zusammenspiel zwischen der langhubigen Gabel mit 150 mm und den 135 mm am Hinterbau ist erstaunlich gut, trotzdem führt der etwas geringere Federweg dazu, dass man im raueren Gelände deutlich mehr auf seine Linienwahl achten muss als bei einem Bike mit 160 mm. In der Mitte des Federwegs bietet das Escarpe hervorragende Performance bei perfekter Balance. Wenn der Luftdruck auf einem Testtrail erst einmal anständig eingestellt ist, nutzt das Bike seinen gesamten Federweg, und eine „Rampe“ am Ende des Federwegs ist dann nicht mehr festzustellen. Es kann zwar nicht schaden, immer mal ein paar Klicks mehr bei der Druckstufe auszuprobieren – unsere Testfahrer sind aber letztlich immer wieder zur vorherigen, minimalen Einstellung zurückgekehrt. Bei höheren Geschwindigkeiten fühlt sich das Vitus Escarpe 29 Pro dank langem Radstand und 67°-Lenkwinkel überraschend stabil an, was dem Selbstvertrauen des jeweiligen Fahrers einen Schub nach vorne geben sollte.

The bike is aggressive and certainly doesn't let it's 29" wheels affect its maneuverability.
Die 29″ Laufräder trüben die hervorragende Agilität nicht.

Kurven müssen mit dem Vitus nicht wie mit einem klassischen 29er gefahren werden, man kann sich wie gewohnt hineindrücken und auch „Enduro“-Lines gelingen ohne große Mühe. Das aggressive Fahrverhalten des Bikes passt eigentlich eher zu einem Modell mit kleineren Rädern und mehr Federweg, aber nach kurzer Gewöhnung und gerade bei schlechteren Witterungsbedingungen lernt man es ziemlich schnell lieben. Das Vitus Escarpe 29 Pro nimmt Anstiege gelassen und ist in den Kurven ein Traum, richtig Spaß macht es aber erst, wenn es bergab geht. Es teilt sich sein Erbgut definitiv mit abfahrtslastigeren Bikes und man hat immer das Gefühl, dass es nicht schnell oder ruppig genug sein kann.

Wenn man dieses Bike in langgezogene Kurven drückt, belohnt es einen mit einer unglaublichen Austrittsgeschwindigkeit, bei sehr engen Kurven macht sich die bauartbedingte Höhe des 29er allerdings bemerkbar und es wird etwas unruhig. Bei Sprüngen und größeren Drops segelt das Vitus Escarpe 29 Pro gelassen dahin und gibt dem Fahrer nie das Gefühl, Angst vor Kickern oder Kanten haben zu müssen. Das dadurch gesteigerte Selbstbewusstsein ist enorm. Es ist auf jeden Fall ein Bike, das die Charakteristiken eines Alltags-29ers mit durchschnittlichem Federweg mit denen eines ausgewachsenen Endurobikes verbindet.

The Escarpe gives you the feeling of being on a much bigger travel bike and longs to be pushed harder.
Das Vitus Escarpe verführt dazu, Vollgas zu geben.

Die Reifen in leichter TCS-Mischung und einem Trail Boss Semi-Slick am Heck rollen so gut wie ein Pimp durch Compton. Die Reifen funktionieren auf fast jedem Untergrund und hielten länger als viele andere, die wir getestet haben. Leider bedeutet eine lange Lebensdauer meist auch eine harte Gummimischung: Schmeißt man sich mit den Teilen einen felsigen, nassen Trail hinunter, wird man schnell ihre Grenzen kennenlernen. Gleiches gilt, wenn man bei matschigen Verhältnissen zu bremsen versucht. Dann kämpft der hintere Reifen nämlich um Halt, als ginge es um sein Leben.

Fazit

Für den aufgerufenen Preis ist das Vitus Escarpe 29 Pro ein fantastisches Bike. Es bietet dank seiner modernen Geometrie weitaus mehr Agilität, als man es von einem 29er erwarten würde. Das Design ist eine Wucht und verlässlich scheint das Bike auch noch zu sein. Eine Sattelstütze mit mehr Hub und eine regelmäßig entlüftete XT-Bremse (oder etwas generell Zuverlässigeres) und ihr habt ein Rundum-Sorglos-Bike, das eine Menge Spaß bereitet.

Mehr Informationen findet ihr auf der Vitus Website.

The Vitus proved reliable and confidence inspiring.
Das Vitus war bis jetzt sehr zuverlässig.

ENDURO Dauertest 2016

Das Vitus Escarpe 29 ist teil unserer Dauertest Flotte und bald könnt ihr auf unserer Timeline verfolgen wie sich das Bike über die Saison schlägt. Unser Testteam fährt die Bikes eine volle Saison auf den interessantesten und härtesten Trails der Welt um herauszufinden was sie wirklich können!

Text: Jim Buchanan Bilder: Isac Paddock, Jim Buchanan


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