Nach vielen Jahren des Wartens ist das Atherton AM.150 nun endlich käuflich. Die Fertigung per 3-D-Laserdruck und die riesige Anzahl an Geometrien machen es einzigartig. Sowohl in die Entwicklung als auch in das Hightech-Produktionsverfahren der Bikes ist viel Hirnschmalz geflossen. Zeigt sich das auf dem Trail?
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Das Atherton AM.150 ist ein seltenes Bike, das nur in geringer Stückzahl hergestellt wird. Einzigartig macht es die Rahmenkonstruktion und das Fertigungsverfahren: Gerade Carbonrohre werden mit 3-D-gedruckten Titanmuffen verbunden. Das gibt dem Hersteller viel Spielraum und das 7.699 € teure Bike wird in 22 Größen oder auch in komplett individueller Geometrie angeboten. Es ist als Enduro-Bike vermarktet, passt mit 160 mm an der Front und 150 mm am Heck aber sehr gut in unser Trail-Bike-Testfeld. Mit 15,5 kg ist es jedoch kein Leichtgewicht. Aber ganz nebenbei: Obwohl das Bike aus Großbritannien kommt, muss man bei der Bestellung nach Europa keinen Zoll bezahlen, da es in Wales hergestellt wird und somit als Ursprungserzeugnis gilt.
Die Ausstattung des Atherton AM.150
Der Rahmen des Atherton AM.150 kommt in schlichtem Schwarz mit geraden Linien daher. Ein großer Fokus auf ein besonderes Rahmendesign wird also offensichtlich nicht gelegt. Auch an den Detaillösungen wird gespart: So hat das Atherton zwar einen Flaschenhalter, aber weder Staufach noch Toolmount. Auch der Kettenstrebenschutz ist nur ein dünner Gummischlauch, der auf die Strebe geklebt ist. Am Serien-Bike ist immerhin ein Unterrohrschutz verbaut, an unserem Test-Bike ist dieser allerdings nicht zu finden, da er zu spät geliefert wurde.
Atherton AM.150
7.699 €
Specifications
Fork FOX 36 Factory GRIP2 160 mm
Rear Shock FOX X2 Factory 150 mm
Seatpost FOX Transfer 175 mm
Brakes SRAM CODE RSC 200/200 mm
Drivetrain SRAM X01 Eagle 1x12
Stem Renthal Apex 60 mm
Handlebar Renthal FatBar Carbon 800 mm
Wheelset Stan’s NoTubes Flow MK4 29"
Tires Continental Kryptotal FR SuperSoft DH Casing/Continental Kryptotal RE SuperSoft DH Casing 2,4/2,4
Technical Data
Size 1 12 22
Weight 15,5 kg
Tuning-Tipp: keinen
Die von uns getestete Ausstattung ist nicht die, die im Moment auf der Website des Herstellers abgebildet wird. Aber da Atherton nur sehr kleine Stückzahlen herstellt, ist eine individuelle Anpassung der Teile ohnehin immer möglich. Das FOX Factory-Fahrwerk besteht aus einer 36er-Federgabel an der Front und einem X2-Dämpfer am Heck. Beide bieten gute Trail-Performance und ein hohes Maß an Einstellbarkeit. Das Cockpit kommt von Renthal mit einem 60 mm langen Apex-Vorbau und einem 800 mm breiten FatBar Carbon-Lenker. Gebremst wird mit SRAM CODE RSC-Bremsen, welche werkzeuglose Hebelweiten- und Druckpunktverstellung sowie die SwingLink-Technologie besitzen. Damit soll der Leerweg des Bremshebels reduziert und die Bremskraft erhöht werden. Dank der 200 mm großen Bremsscheiben an Front und Heck kann man diese Power auch gut auf den Boden bringen.
Geschalten wird mit SRAM X01 Eagle-Schaltung mit einer Bandbreite von 500 % statt der sonst üblichen 520 %. Bei sehr steilen Anstiegen muss man hier also etwas mehr arbeiten. Die FOX Transfer-Sattelstütze bietet 175 mm Hub, was für ein Bike in Größe L gerade lang genug ist. Allerdings lässt sie sich nicht vollständig im Rahmen versenken. Auf den Stan’s Flow MK4 Alu-Felgen sind Reifen von Continental aufgezogen. Vorne der Kryptotal FR und hinten Kryptotal RE, beide in der Supersoft-Gummimischung mit Downhill-Karkasse. Diese bieten zwar super hohen Pannenschutz und viel Dämpfung, sind für ein Trail-Bike aber etwas überdimensioniert. Um das Kettenblatt zu schützen und die Kette vor dem Herunterspringen zu bewahren, ist eine Kombination aus Kettenführung und Bashguard angebracht.
Das Atherton AM.150 hat gerade Linien und einen schlichten Look. Die geringen Stückzahlen und das spezielle Fertigungsverfahren lassen eine unglaubliche Anzahl an Rahmengeometrien zu.
Die Geometrie des Atherton AM.150
Das Atherton AM.150 wird in 22 (!) verschiedenen Größen angeboten. Diese sind nach Reach in 10-mm-Schritten geordnet und es gibt – abgesehen von den kleinen Größen – zwei Varianten pro Reach. Diese unterscheiden sich immer in der Länge des Sitzrohres, teilweise auch im Stack. Über alle Größen hinweg wachsen die Kettenstreben mit und der Sitzwinkel wird steiler. Die Tretlagerhöhe und der Lenkwinkel sind jedoch bei allen Größen gleich. Wer möchte, kann sich aber auch eine komplett individuelle Geometrie bauen lassen. Unser Test-Bike ist in Größe 12 und besitzt somit einen Reach von 480 mm und eine Sitzrohrlänge von 415 mm. Das ist super niedrig, jedoch lässt sich die Sattelstütze nicht komplett versenken und schränkt somit die Bewegungsfreiheit wieder etwas ein.
Größe | 1 | 12 | 22 |
---|---|---|---|
Sattelrohr | 395 mm | 415 mm | 475 mm |
Oberrohr | 553 mm | 616 mm | 655 mm |
Steuerrohr | 100 mm | 125 mm | 125 mm |
Lenkwinkel | 65,0° | 65,0° | 65,0° |
Sitzwinkel | 77,0° | 78.0° | 79.0° |
Kettenstrebe | 433 mm | 438 mm | 443 mm |
BB Drop | 30 mm | 30 mm | 30 mm |
Radstand | 1.167 mm | 1.246 mm | 1.308 mm |
Reach | 410 mm | 480 mm | 530 mm |
Stack | 619 mm | 641 mm | 641 mm |
Das Atherton AM.150 auf dem Trail
Schwingt man sich auf das Atherton, sitzt man sehr angenehm. Die Position ist die beste im Test, denn es lastet in der Ebene kein Druck auf den Händen und selbst in steilen Aufstiegen steigt die Front kein bisschen. Der Hinterbau ist sehr antriebsneutral und man denkt nicht einmal darüber nach, den Climb-Switch zu verwenden. Allerdings zollen das hohe Gewicht und die weichen Reifen ihren Tribut bei der Uphill-Effizienz.
Das Atherton AM.150 ist eine Macht auf dem Trail. Es kombiniert intuitives Handling mit extrem hoher Laufruhe und sehr hoher Wendigkeit.
Bei der Abfahrt bringen die Reifen dafür ein großes Plus an Performance. Man kann einen niedrigeren Reifendruck fahren und in Kombination mit der weichen Gummimischung bekommt man so mehr Grip und eine bessere Dämpfung. Das Bike lässt sich super intuitiv fahren und man fühlt sich direkt wohl darauf. Wird der Trail-Speed schneller, blüht das Atherton so richtig auf: Vom Start des Steinfelds lässt sich eine mit dem Lineal gezogene Linie nachfahren. Denn egal, was sich dem Bike in den Weg stellt, es wird einfach niedergebügelt und man kann mit voller Kontrolle weiterfahren. Das Motto ist hier klar: „draufsitzen und festhalten“. Was aber nicht heißt, dass es träge wird bei langsamen Passagen. Hier ist es trotzdem sehr wendig und kommt auch um die engste Spitzkehre ohne Probleme herum. Und auch in Anliegern oder Kompressionen hat man sehr viel Gegenhalt und kann ordentlich Schwung generieren. Das verleiht dem Fahrer extrem viel Sicherheit, egal was der Trail zu bieten hat, und macht das Atherton mit Abstand zum besten Bike auf dem Trail.
Fazit
Das Atherton AM.150 ist super schlicht und doch ein Unikat unter modernen Trail-Bikes. Die Ausstattung ist top und – wie das ganze Bike – auf Abfahrts-Performance getrimmt. Auf Staufach oder Toolmount muss man allerdings verzichten. Im Uphill sitzt man super angenehm und es geht trotz der Reifenwahl richtig vorwärts. Bergab vermittelt es extrem viel Sicherheit und kombiniert intuitives Handling mit einer unglaublichen Laufruhe und sehr hoher Wendigkeit. Das beste Trail-Bike 2022!
Tops
- überragende Downhill-Performance
- super wendig, trotz extrem hoher Laufruhe
- sehr angenehme Sitzposition
- antriebsneutraler Hinterbau
- sehr außergewöhnliches Bike
Flops
- kein Toolmount oder Staufach
Mehr Informationen findet ihr unter athertonbikes.com
Das Testfeld
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Text: Simon Kohler Fotos: Peter Walker, Mike Hunger