Das Spectral gehört zu den erfolgreichsten MTBs bei Canyon und kriegt nun Familienzuwachs. Das neue Canyon Spectral 125 2022 kommt mit reduziertem Federweg, bewährten Detaillösungen, einer abfahrtsorientierten Ausstattung und Testsieger-Genen. Kann es auf dem Trail überzeugen und in die Fußstapfen des großen Bruders treten?

Canyon Spectral 125 CF9 2022 | 140/125 mm (v/h) | 13,8 kg in Größe L | 5.799 € | Hersteller-Website

Der deutsche Direktversender Canyon hat eines der vielfältigsten Mountainbike-Portfolios auf dem Markt und prescht weiter voran. Das neue Spectral 125 soll als progressives Trail-Bike seinen Platz finden zwischen dem Touren-Bike Neuron und dem bereits bekannten Spectral – das es mit unterschiedlichsten Laufrad-Kombinationen gibt. Mit 140 mm Federweg an der Front und 125 mm am Heck gehört es dennoch zur Bike-Kategorie-4-Klassifizierung von Canyon, zu der auch Enduro-Bikes wie das Strive zählen. Das macht direkt klar, worauf das auf 29” rollende Spectral 125 abzielt und weshalb es den Namen des großen Bruders trägt.

Das Canyon Spectral 125 CF 9 2022 im Detail

Das neue Canyon Spectral 125 sieht seinem großen Bruder zum Verwechseln ähnlich und teilt sich viele bereits bewährte Detaillösungen mit ihm, z. B. einen flächigen Sitz- und Kettenstrebenschutz, der für Ruhe auf dem Trail sorgt. Außerdem sind alle Leitungen im Inneren des Rahmens verlegt und an Ein- bzw. Ausgang ausreichend geklemmt. Im Rahmendreieck findet sich Platz für eine Trinkflasche mit bis zu 600 ml, die jedoch – mit der hauseigenen Canyon-Flasche – nur einen hauchdünnen Abstand zum Dämpfer besitzt.

Der großzügige Sitz- und Kettenstrebenschutz aus Kunststoff sorgt für Ruhe und schützt euren Rahmen. Er hat sich bereits am großen Spectral bewährt.
Im Rahmendreieck findet sich Platz für eine Trinkflasche mit bis zu 600 ml. Sie besitzt einen hauchdünnen Abstand zum Dämpfer, sitzt jedoch ausreichend fest in ihrem Halter und verursacht keine Geräusche.

An der Unterseite des Oberrohrs befindet sich ein Tool-Mount. Daran kann man die meisten herkömmlichen Straps oder die Canyon Load-Rahmentasche für 34,99 € montieren. Bei allen Modellen mit Carbon-Rahmen sind austauschbare Gewindeeinsätze verbaut, die das Risiko für eine Beschädigung des Rahmens vermindern sollen. Außerdem sind die Rahmenlager der Carbon-Modelle doppelt abgedichtet, um besser vor Verunreinigung zu schützen.

Am Oberrohr kann man sowohl herkömmliche Mounts befestigen als auch – wie in unserem Fall – die hauseigene Load-Rahmentasche. Sie bietet genug Platz für CO2-Kartuschen und einen kleinen Schlauch.

Die Ausstattungen und Verfügbarkeit des neuen Canyon Spectral 125 2022

Das neue Canyon Spectral 125 wird vorerst in fünf Ausstattungsvarianten angeboten. Zwei Modelle haben einen Alu- und drei Modelle einen Vollcarbon-Rahmen. Preislich bewegen sie sich von 2.499 € für das AL 5-Modell bis 5.799 € für das von uns getestete CF 9. Pro Rahmenmaterial stehen euch zwei Farben zur Auswahl und Canyon verspricht, dass ein großer Teil der Bikes bereits ab dem 17.2.2022 lieferbar ist.
Bei den Modellen mit Vollcarbon-Rahmen wird nicht wie beim großen Spectral auf unterschiedliche Carbon-Layups (CF und CFR) zurückgegriffen. Alle Carbonrahmen werden – unabhängig von ihrer Ausstattung – das gleiche Gewicht und die gleiche Steifigkeit besitzen. Bei Modellen mit Alu-Rahmen wiegt der Rahmen laut Canyon ca. 500 g mehr (in Größe M).

Die Ausstattung unseres Canyon Spectral 125 CF 9 2022-Test-Bikes

Für unseren Test hat uns Canyon das 13,8 kg schwere Top-Modell Spectral 125 CF9 zur Verfügung gestellt. Ausgestattet ist es mit einem FOX Factory-Fahrwerk, bestehend aus einer FOX 36-Federgabel mit GRIP2-Dämpfungskartusche und einem FOX FLOAT X-Luftfederdämpfer. Die hochwertige Kartusche der Gabel lässt eine Verstellung von High- und Lowspeed-Zug- und Druckstufe zu. Am Dämpfer kann man hingegen nur die Lowspeed-Zug- und Druckstufe verstellen und ein zweistufiger Hebel ermöglicht einen Lockout für den Uphill.

Die GRIP2-Dämpfungskartusche der FOX 36 Factory-Gabel lässt keine Wünsche offen. Mit ihr könnt ihr das Fahrwerk perfekt auf euch abstimmen!
Durch einen zweistufigen Lockout-Hebel am Dämpfer lässt sich das Heck verhärten. Das braucht das Spectral 125 aber gar nicht.

Bei Antrieb und Bremsen kommen Komponenten von SRAM zum Einsatz. Gebremst wird mit einer standfesten SRAM CODE RSC-Vierkolbenbremse. Sie findet sich auch häufig an Enduro-Bikes und zeigt die deutliche Gravity-Ausrichtung des neuen Spectral. Die Zusatzbezeichnung RSC bedeutet, dass man an der Bremse werkzeuglos die Hebelweite und den Druckpunkt verstellen kann. Zusätzlich besitzt sie einen sogenannten SwingLink, der durch eine Art Hebeleffekt für einen geringeren Kraftaufwand und somit eine bessere Dosierbarkeit beim Bremsen sorgt. Kombiniert wird die CODE RSC mit den neuen SRAM HS2-Bremsscheiben, die mehr Bremsleistung und eine höhere Hitzebeständigkeit bieten sollen. Mit 200-mm-Scheiben an der Front und 180 mm am Heck ist das Spectral gut bestückt. Lediglich schwerere Fahrer – mit einem Gewicht über 80 kg – oder Piloten, die sehr lange Abfahrten machen, sollten hier über ein Upgrade auf größere Scheiben nachdenken.

Die SRAM CODE RSC-Vierkolbenbremse bietet neben einer werkzeuglosen Druck- und Hebelweitenverstellung auch den sogenannten SwingLink. Er sorgt durch den geringeren Kraftaufwand beim Bremsen für weniger Armpump.
Kombiniert wird die Bremse mit den neuen SRAM HS2-Bremsscheiben. Wer ein höheres Gewicht auf die Waage bringt oder auf lange Abfahrten steht, kann die 180-mm-Bremsscheibe am Heck gegen eine größere tauschen.

Für präzise Schaltvorgänge sorgt eine elektronische SRAM GX AXS 12-fach-Schaltgruppe mit einer zugehörigen 10–52T-Kassette. Die GX AXS steht dem kabellosen X01-Topmodell in Sachen Schaltperformance in nichts nach und bringt lediglich ein geringes Mehrgewicht auf die Waage. Zusätzlich sorgt die kabellose Schalteinheit für einen cleanen Look am hauseigenen G5-Cockpit. G5 steht hierbei für die robusteste Kategorie der Canyon-Komponenten und kommt in der Regel an Enduro- und Downhill-Bikes zum Einsatz. Der verwendete Carbon-Lenker hat eine Breite von 780 mm und wird mit einem 40 mm langen Vorbau kombiniert. Für eine dritte Leitung am Cockpit sorgt außer den Bremsleitungen die G5-Sattelstütze, die ebenfalls aus dem Hause Canyon stammt. Sie besitzt bereits ab Rahmengröße L einen stolzen Hub von 200 mm und lässt sich vollständig im Rahmen versenken – top! Zudem überzeugt die zugehörige Lenker-Remote mit ihrer Haptik und Ergonomie und der Hub der Stütze lässt sich werkzeuglos um bis zu 25 mm reduzieren.

Kabellos überzeugt die SRAM GX AXS-Schaltgruppe mit knackigen Gangwechseln und einem cleanen Look am Cockpit.
G5 steht für die höchste Belastungsfreigabe bei Canyon und kommt unter anderem bei Enduro- und Downhill-Bikes zum Einsatz.
Die hauseigene G5-Sattelstütze kommt bereits ab Rahmengröße L mit satten 200 mm Hub. Sie lässt sich vollständig im Rahmen versenken und sorgt in Kombination mit dem tiefen Sattelrohr für ordentlich Bewegungsfreiheit im Downhill.

Über ein Update solltet ihr jedoch bei den Reifen nachdenken. Hier setzt Canyon auf eine Kombination aus einem MAXXIS Minion DHR2 mit 2,4″ an der Front und einem MAXXIS DISSECTOR mit 2,4” am Heck. Beide Reifen kommen in der härteren MaxxTerra-Gummimischung und einer pannenanfälligen EXO-Karkasse. Vor allem an der Front hätten wir uns eine weichere MaxxGrip-Mischung gewünscht, und Reifen mit einer robusteren Karkasse würden dem Potenzial und der abfahrtsorientierten Ausrichtung des Bikes eher gerecht werden. Die neueste EXO+ Karkasse von MAXXIS ist hier eine gute Alternative. Sehr sportliche oder schwere Fahrer können auch über ein Update auf die Doubledown-Variante nachdenken. Beide Karkassen würden neben einem höheren Pannenschutz auch einen geringeren Luftdruck und somit mehr Grip und Dämpfung ermöglichen. Zusätzlich wären die verbauten DT Swiss XMC1501 Carbon-Laufräder besser vor Durchschlägen geschützt.

An der Front kommt eine härtere MaxxTerra-Gummimischung zum Einsatz. Wir raten euch, zu einer weicheren MaxxGrip-Mischung zu wechseln, wenn ihr neue Reifen kauft.
Beide Reifen kommen in der pannenanfälligen EXO-Karkasse und werden dem Potenzial des Bikes nicht gerecht.

Canyon Spectral 125 CF9 2022

5.799 €

Specifications

Fork FOX 36 Factory GRIP2 140 mm
Rear Shock FOX Float X Factory 125 mm
Seatpost Canyon G5 Dropper Post 200 mm
Brakes SRAM Code RSC 200/180 mm
Drivetrain SRAM GX AXS 1x12
Stem Canyon G5 45 mm
Handlebar Canyon G5 CF 780 mm
Wheelset DT Swiss XMC1501 29"
Tires MAXXIS Minion DHRII MaxxTerra EXO/Dissector MaxxTerra EXO 2,4"

Technical Data

Size S M L XL

Die Geometrie des neuen Canyon Spectral 125 2022

Canyon bietet das neue Spectral 125 in vier Rahmengrößen von S bis XL an. So möchten sie Fahrer mit einer Körpergröße von 163 cm bis 203 cm ansprechen. Unser getestetes Modell in Rahmengröße L besitzt einen Reach von 486 mm und einen Stack von 632 mm. Das Sitzrohr ist lediglich 435 mm hoch und bietet in Kombination mit der voll versenkbaren und langen Sattelstütze viel Bewegungsfreiheit im Downhill. Durch einen Flip-Chip an der Dämpferaufnahme – den nur die Modelle mit Carbon-Rahmen besitzen – lässt sich die Geometrie zwischen Low und High verstellen. Ausgeliefert wird das Bike im Low-Setting und beim Drehen des Einsatzes lassen sich der 64°-Lenkwinkel und der 76°-Sitzwinkel um jeweils 0,5° erhöhen. Zusätzlich nimmt die Tretlagerabsenkung von 35 mm dann um 8 mm ab. Die Kettenstrebenlänge verändert sich bei den unterschiedlichen Rahmengrößen nicht und beträgt 437 mm.

Größe S M L XL
Sattelrohr 395 mm 420 mm 435 mm 460 mm
Oberrohr 582 mm 611 mm 636 mm 660 mm
Steuerrohr 110 mm 120 mm 130 mm 140 mm
Lenkwinkel 64,1° 64,1° 64,1° 64,1°
Sitzwinkel 76° 76° 76° 76°
Kettenstrebe 437 mm 437 mm 437 mm 437 mm
Tretlagerabsenkung 35 mm 35 mm 35 mm 35 mm
Radstand 1200 mm 1230 mm 1259 mm 1288 mm
Reach 435 mm 460 mm 486 mm 511 mm
Stack 613 mm 622 mm 632 mm 641 mm

Helm Smith Session MIPS | Brille Smith Wildcat | Shirt Rapha Trail Long Sleeve Technical | Shorts Rapha Trail Shorts | Knieschoner Leatt AirFlex Hybrid | Schuhe Ride Concepts Transition Clip | Socken Dissent Supercrew Nano

Das neue Canyon Spectral 125 CF9 2022 auf dem Trail

Bei einer Fahrergröße von 189 cm haben wir beim neuen Spectral 125 zur Rahmengröße L gegriffen. Die Sitzposition fällt dann in der Ebene gestreckt und leicht handlastig aus, was den Langstreckenkomfort etwas einschränkt, sich aber im Uphill und vor allem bei steilen Climbs als klarer Vorteil entpuppt. Das Vorderrad des 125 klebt auch bei steilen Anstiegen auf dem Boden und lässt dadurch stets präzise Lenkbewegungen zu. Der straffe Hinterbau wippt im offenen Modus nur minimal und generiert so auch bei technischen Anstiegen ausreichend Traktion. Zum Lockout-Hebel des FOX-Dämpfers mussten wir nie greifen.

Auch im Downhill zieht einen das Spectral 125 leicht über die Front und macht eine aktive Belastung des Vorderrads überflüssig. Überschlagsgefühle kommen dennoch keine auf und durch das niedrige Sitzrohr und die voll versenkbare und lange Sattelstütze hat man auch in steilem Gelände ausreichend Bewegungsfreiheit. Jedoch benötigt das Bike einen gewissen Impuls, um sich aufs Hinterrad ziehen zu lassen.

Besonders auf flacheren, flowigen Trails überzeugt das CF9 mit seinem wendigen und verspielten Charakter und treibt einem schnell ein Grinsen ins Gesicht. Durch das progressive Heck könnt ihr zusätzlich Airtime generieren, wenn ihr an Kanten oder Sprüngen abzieht, und es bietet gleichzeitig ausreichend Reserven für verpatzte Landungen und Fahrfehler.

Welches Bike ist das richtige: Canyon Spectral 125 CF9 2022 oder Canyon Spectral CFR 29” 2022?

Wer häufig kürzere Runden abspult und auf knackige Gegenanstiege mit technischen Herausforderungen steht, sollte sich das neue 125 genauer anschauen. Auch verspielte Fahrer, die gerne jede Chance für Airtime nutzen, und geübte Piloten auf Sekundenjagd finden in ihm einen starken Begleiter.

Seid ihr häufig lange Zeit auf dem Rad unterwegs und erwartet ein Extra an Selbstvertrauen und Reserven von eurem Bike, dann ist das große Spectral CFR die bessere Wahl. Es steckt auch einen gelegentlichen Besuch im Bikepark oder härtere Trails problemlos weg – wie sie z. B. in Finale Ligure zu finden sind. Zusätzlich stehen euch hier mehrere Laufrad-Optionen zur Auswahl.

Fazit zum neuen Canyon Spectral 125 CF9 2022

Das neue Canyon Spectral 125 CF9 2022 punktet mit bewährten Detaillösungen und einem aufgeräumten Look. Auf dem Trail überzeugt es mit einer hohen Bewegungsfreiheit, einem straffen Hinterbau und einem verspielten Charakter. Ihr seid viel auf flowigen Strecken oder Singletrails unterwegs und steht auf fahrtechnische Herausforderungen, falls der Trail mal etwas knackiger wird? Dann findet ihr hier ein optimales Bike mit stimmiger Ausstattung und fairem Preisschild.

Tops

  • cleaner Look und bewährte Detaillösungen
  • hohe Bewegungsfreiheit im Downhill
  • straffer Hinterbau mit viel Pop und hohen Reserven

Flops

  • Reifen werden dem Potenzial des Bikes nicht gerecht

Weitere Informationen zum neuen Canyon Spectral 125 findet ihr auf der Hersteller-Website von Canyon.


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Text & Fotos: Peter Walker

Über den Autor

Peter Walker

Peter ist nicht nur ein Mann der Worte, sondern auch der Taten. Mit ernsthaften Bike- und Schrauber-Skills, seiner Motocross-Historie, diversen EWS-Teilnahmen und über 150 Bikepark-Tagen in Whistler – ja, der Neid der meisten Biker auf diesem Planeten ist ihm gewiss – ist für Peter kein Bike zu kompliziert und kein Trail zu steil. Gravel und Rennrad kann er übrigens auch! Das für unsere redaktionelle Arbeit wichtige Thema Kaufberatung hat Peter in Vancouvers ältestem Bike-Shop von der Pike auf gelernt und setzt sein Know-how auch im journalistischen Alltag um. Wenn er nicht gerade die Stuttgarter Hometrails auf neuen Test-Bikes unsicher macht, genießt er das Vanlife mit seinem selbst ausgebauten VW T5. Dass er dazu noch ausgebildeter Notfallsanitäter ist, beruhigt seine Kollegen bei riskanten Fahrmanövern. Zum Glück mussten wir Peter bislang nie bei seinem Spitznamen „Sani-Peter“ rufen. Wir klopfen auf Holz, dass es dazu auch nie kommen wird!