Der Sommer hat ganz Mitteleuropa mittlerweile fest im Griff und mit den Temperaturen steigt auch die Kilometerleistung unserer Langzeittestbikes. Jedoch sind keineswegs alle Testfahrten reine Genusstouren, wie der folgende Auszug aus dem Tagebuch unserer Testfahrer beweist.

Der Status unserer Langzeittests kann natürlich auch jederzeit auf unserer Timeline verfolgt werden, aber im folgenden wollen wir diesen Artikel zum Anlass nehmen und euch beispielhaft drei Anekdoten aus den Tagebüchern unserer Testfahrer näherbringen.

Marin Attack Trail – Angriff der Schraubenkiller

Nightmare! Jim snaps a bolt in his Marin frame
Mechanikers Albtraum: Abgerissene Schraube an Jims Marin Rahmen.

Nachdem auch die E-Thirteen Kettenführung an Jims Testbike (wie übrigens alle von uns je gefahrenen Führungen dieses Typs) anfing, Geräusche zu machen, entschied er sich, das nervende Bauteil gegen ein kompaktes aber effektives Carbonmodell von MRP zu tauschen. In seiner Euphorie ging Jim beim Anziehen der hohlgebohrten Alubefestigungsschraube jedoch etwas zu optimistisch zu Werke und so ist das filigrane Befestigungselement bündig abgerissen.

“Ärgerlich” dachte unser wackerer Tester, doch davon keinesfalls entmutigt rückte er dem Problemfall mit EZ Out, einer Art Schneidwerkzeug für Linksgewinde, zu Leibe. EZ Out ist für solche Fälle eigentlich wie gemacht und die Handhabung zudem denkbar einfach: Werkzeug gegen den Uhrzeigersinn in den verbliebenen Rest der Schraube drehen bis es fest sitzt und dann einfach weiter drehen. Soweit die Theorie, doch nach fest kommt ab und nun hatte Jim es schon mit zwei abgerissenen Teilen zu tun. Nach zahlreichen fruchtlosen Versuchen mit Bohrer und Körner sah Jim schließlich ein, dass es an der Zeit war, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

This is not what you want to see happening to your high end carbon frame
Dinge, die man nicht sehen möchte: Schweres Werkzeug am High End Carbonrahmen

Ein befreundeter Maschinenbauer hatte schließlich Mitleid. Er entfernte zuerst die Reste des EZ out mit einem Wolframbohrer und vergrößerte die ursprüngliche Bohrung im Gewindeeinsatz, da dessen Gweinde durch die zahlreichen Reparaturversuche schon stark in Mitleidenschaft gezogen war. Im Anschluß wurde ein Stück Gewindestange eingeschraubt, bündig abgesägt mit passender Bohrung versehen und ein passendes neues Gewinde eingeschnitten.

The new threaded bar insert
Der Gewindeeinsatz nach professioneller Reparatur.
All fixed with the new MRP fitted
Die neue MRP Führung hält die Kette an Ort und Stelle.

“Nach fest kommt ab!” Dieser oft strapazierte Spruch hat auch hier erneut seine Gültigkeit bewiesen. Solltet ihr künftig beim Eindrehen einer weichen Aluschraube in einen Gewindeeinsatz deutlichen Widerstand spüren, so dreht diese behutsam wieder heraus und schraubt erst eine Stahlschraube ein, um das Gewinde zu säubern.
In Jims Fall ist das ganze noch einmal glimpflich verlaufen und die neue MRP Führung sitzt nun sicher an Ort und Stelle und verrichtet ihren Dienst.

Whyte T-129 Works SCR – 10 Stunden der Qual

Stets auf der Suche nach neuen Herausforderungen beschloss unsere eifrige Testerin Cat in diesem Jahr an einigen Ausdauerwettbewerben teilzunehmen. Der erste Wettbewerb einer Serie, die im Oktober mit einem 24 Stunden Marathonrennen spektakulär zu Ende geht, war das 10 under the Ben, ein zehnstündiges XC-Rennen in Fort Williams. Nachdem sie zuvor schon ein sieben Stunden Rennen in der Mixed Wertung gewann, konnte sie dieses Mal ihre charmante Freundin Amy zur Teilnahme in der Damenkonkurrenz überreden. Anstatt wie anfangs geplant, mit einem effizienten Hardtail an den Start zu gehen, entschied sich Cat kurzerhand mit ihrem Langzeittestbike, einem Whyte T-129 Works SCR an den Start zu gehen.

Cat on her way to a second place finish in the Ten Under the Ben race on her Whyte T129
Testfahrerin Cat auf dem Weg zum zweiten Podiumsplatz beim Ten under the Ben.

Die Streckenführung war vom ersten bis zum letzten Meter gelungen. Gleich nach der Wechselzone galt es, einen kleinen Absatz zu meistern der in eine Flussdurchfahrt mündete, was so allerdings deutlich spektakulärer klingt, als es im Endeffekt war. Trotzdem waren auf den ersten paar Kilometern einige ruppige Abschnitte eingestreut, auf denen unsere unerschrockene Teilnehmerin um ihr Fully mehr als froh war.

Auch auf den kurzen technischen Anstiegenwar schien das T-129 eine gute Wahl zu sein denn das Fahrwerk und die großen Räder schienen für die beliebten Trails rund um Nevis Range wie geschaffen zu sein. Da das ganze ja ein XC- und kein Endurorennen war, verzichteten die Streckenplaner auf irrwitzige Stunts, gestalteten die Strecke aber anspruchsvoll genug, um auch die zahlreichen NICHT-XC Fahrer bei Laune zu halten. Die Pike Gabel an der Front und die Remotesattelstütze hatten also alle Hände voll zu tun.

Cat on the second step with team mate Amy
Cat mit Freundin und Teampartnerin Amy auf Rang zwei.

Alles in Allem verbrachte Cat einen fantastischen Renntag, traf alte Freunde und lernte neue kennen und landete schließlich auf ihrem Whyte T-129 mit Teampartnerin Amy auf einem hervorragenden zweiten Platz.

(M)eine Hochtour auf dem Juliana Roubion

Während meiner Zeit in Neuseeland hatte ich mir in den Kopf gesetzt, einmal eine Biketour zur Meg Hut zu unternehmen. Diese Selbstversorgerhütte diente früher den Schäfern der Gegend als Unterstand. Als die Schäferei an Bedeutung verlor, übernahm die Naturschutzbehörde den Schutzbau, der seither an Touristen wie mich vermittelt wird. Der Weg zur Hütte beginnt auf Meeresniveau und führt über eine Länge von etwa 20km auf eine Höhe von 1500m. Allzuviel Luxus kann man sich von der Unterkunft nicht erwarten, handelt es sich bei der Meg Hut doch nur um eine schlichte Wellblechkonstruktion, mit Schaumstoffmatratzen, einem Holzofen und Plumpsklo. So packten wir, das heißt Adam und ich, unsere Schlafsäcke, Regenjacken, bequeme Sachen für die Nacht, einen Gaskocher und genügend Trinkwasser in unsere Rucksäcke und machten uns auf den Weg.

Meg Hut, a long way from anywhere
Meg Hut – eine Schutzhütte fernab der Zivilisation.

Der Anstieg zur Schutzhütte ist zwar technisch wenig schwierig, konditionell aber durchaus fordernd und mit der ganzen Ausrüstung am Rücken war ich heilfroh, dass zumindest mein Bike mit seinen knapp 12,5 kg zu den eher leichteren Vertretern dieser Federwegskategorie gehört. Noch schnell den Luftdruck im Cane Creek DB Air auf das höhere Gesamtgewicht angepasst und das Abenteuer konnte beginnen. Auf einem Plateau in der Nähe des Gipfels mussten wir uns unseren Weg durch meterhohes Federgras kämpfen und kassierten im weiteren Verlauf insgesamt drei Platten. Für einen Haltbarkeitsvergleich zwischen Schwalbe und Continental Reifen gibt es sicher besserer Orte. Der Ärger war jedoch schnell vergessen, als wir auf 1500m den höchsten Punkt der Tour erreicht hatten und wir bereits unser Ziel erkennen konnten. Die Meg Hut und uns trennten ab jetzt 800 Hm feinste Singletrailabfahrt.

The Juliana had carried Rach to the beautful hut
Das Juliana brachte mich sicher auf diese romantische Hütte.

Der Hinterbau des Juliana bietet sicherlich Anlass zu so mancher Kritik, aber auf dieser Ausfahrt in die entlegenen Berge Neuseelands war davon nichts zu spüren.
Adam und ich hatten es uns die Nacht allein auf der Hütte sehr romantisch vorgestellt, doch
um sieben Uhr Abends gesellten sich noch ein Trio Wanderer bestehend aus einem Briten, einem Kanadier und einem Slowaken zu uns. Nun waren wir als zu fünft an diesem malerischen Ort. Eine Gruppe Menschen unterschiedlichster Herkunft, einzig verbunden durch die Liebe zur Natur und zum Abenteuer. Was folgte war ein unvergesslicher Abend. Wir redeten über dies und das, über Alles und Nichts und genossen die Abgeschiedenheit und die pure Schönheit des neuseeländischen Sonnenuntergangs.

Wenn ihr mehr über den Verlauf unserer Langzeittests erfahren wollt, dann schaut regelmäßig auf unserer interaktiven Timeline vorbei.

Text & Bilder: Various from the test team


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