Große Ziele | Teil 6: James Shirley hat was zu tun
Zum Ende der Rennsaison schauen wir nochmal, wie es James so geht, der sich nach einem langen und umtriebigen Jahr auf den Weg in seine schottische Heimat gemacht hat. Und es scheint, dass einfach nur Radfahren längst nicht alles ist, was er so treibt.
Mein letzter Blogartikel liegt schon eine Weile zurück. Ich weiß, ich hätte früher einen neuen schreiben sollen, aber ich habe ehrlich das Gefühl, dass ich ganz schön viel zu tun hatte. Wenn ich neue Leute kennenlernen, und die mich fragen, was ich so mache, dann antworte ich üblicherweise eher beiläufig, sowas in Richtung von, „ich fahr‘ Fahrrad“, was dann zu leicht verwirrten Blicken führt. Es stimmt natürlich, ich fahre Fahrrad, aber ganz so einfach ist es dann auch nicht, ich denke, ich verkaufe mich da manchmal ein kleines bisschen unter Wert. Neben den wichtigen Details, die ich in meinem letzten Artikel erwähnte, und die ich brauche, um ein hohes Glückslevel und optimale Rennergebnisse zu halten, gibt es noch eine Menge anderer Sachen, die auch erledigt werden müssen.
Formal werde ich natürlich dafür bezahlt, fürs Radon Werksteam zu fahren. Aber wenn ich bleiben möchte, wo ich bin, dann reicht es nicht, einfach nur bei den Wettkämpfen aufzukreuzen. Es gibt natürlich einen gewissen Druck, gute Leistungen zu bringen, aber auch wenn ich Erfolge habe, bringen die nichts, wenn keiner davon erfährt. Deshalb habe ich neben den Rennen, dem Reisen und natürlich dem Training auch noch eine Menge Büroarbeit zu erledigen.
Für gesponserte Fahrer ist Social Media schon fast essentiell. Es ist eine überschaubare Aufgabe, an der man aber immer dran bleiben muss. Es könnte sein, dass ich die Möglichkeiten nicht genug ausschöpfe, aber ich ich will die Leute auch nicht die ganze Zeit mit Posts bombardieren. Ich strebe da eher Qualität als Quantität an, und möchte deshalb alle, die sich die Zeit nehmen, das hier zu lesen, einladen, mir zu folgen. Meine Instagram-Seite findet ihr hier instagram.com/jamesy_boy_shirley; ihr könnt auch einfach kurz nach Jamesy Boy Shirley suchen.
Ein anderer Kanal, den ich häufig nutze, ist Facebook. Neben der Promo/Marketingfunktion ist es auch ein hervorragendes Mittel, um mit Familie und Freunden in Kontakt zu bleiben, während ich auf Reisen bin. Obwohl ich professioneller Sportler bin, habe mich entschieden, mir kein Sportlerprofil zuzulegen. Mein Leben IST Mountainbike fahren. Wenn ich ein zweites Profil hätte, wüsste ich nicht mehr, was ich auf dem normalen posten soll. Hier der Link zu meiner Facebook-Seite: facebook.com/Jamesy.Boy.Shirley. Wenn ihr gerne auf dem Bike seid, können wir Freunde werden! Wenn ihr euch unsere Teamseite folgen wollt, findet ihr uns hier: facebook.com/factoryenduroteam.
E-Mails schreiben nimmt einen großen Teil meiner Zeit in Anspruch. Oft geht es nicht darum, was man weiß, sondern wen man kennt, deshalb ist es extrem wichtig, Kontakt zu halten. Schriftliche Kommunikation ist hierfür super, denn so lassen sich wichtige Details nachverfolgen und speichern. Sie erfordert aber andererseits eine gewisse Vorsicht, um Missverständnisse zu vermeiden, besonders wenn man mit Leuten zu tun hat, die eine andere Muttersprache haben als man selbst. Wenn man die emotionalen Reaktionen nicht direkt erkennen kann, passiert es leicht, dass Leute sich angegriffen fühlen, oder dass man einen falschen Eindruck vermittelt. Da die meisten meiner Kontakte keine Englische Muttersprachler sind, achte ich besonders darauf, niemandem auf den Schlips zu treten.
Der Teil meiner Bürotätigkeiten, der mir mitunter am schwersten fällt, ist dieser Blog. Es dauert immer so lang, dass es schon ein bisschen peinlich ist, aber es lohnt sich. Immer wenn ich dann damit anfange, macht es mir echt Spaß. Wenn ich mir dieses Tagebuch ansehe, um meinem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen, bin ich erstaunt, was ich erreicht habe. Von Beginn des Jahres bis Ende Oktober war ich nur insgesamt fünf Wochen in Schottland. In der restlichen Zeit habe ich ein paar unglaublich schöne Orte besucht und bin aufregende Rennen gefahren. Seit dem ersten Rennen zu Beginn der Saison (vor 34 Wochen) bin ich 19 Rennen in ganz Europa und auch ein paar in Neuseeland gefahren.
Seit meinem letzten Blogartikel im August bin ich mein erstes Etappenrennen überhaupt gefahren (die Trans Savoie – das ist eine Art von Racing, die ich gerne wieder machen würde), ich hab‘ vor der EWS ein wenig Zeit in Finale Ligure, einem meiner Lieblingsorte verbracht (einer meiner Lieblingsorte), und ich wurde Vierter in der European Enduro Series (obwohl ich mich in Paganella verfuhr und in Malaga einen Platten hatte).
Miles Mallinson von Wired Tree Videos hat in den letzten Wochen ein paar Eindrücke vom Racing und vom Racerleben eingefangen. Material von der EWS in Finale Ligure könnt ihr oben sehen, und von der letzten EES-Runde in Malaga unten.
Ein paar Komplikationen entstehen im Leben eines fahrenden Racers schon, und meine miesen Sprachkenntnisse machen das nicht einfacher. Vernünftiges Internet zu finden ist immer eine Mission. Wenn der Van eine Panne hat, ist das ein Riesenstress, und wenn ich neue Teile für mein Bike brauche, kann ich nicht einfach in den Laden gehen. Es ist super, Sponsoren zu haben, aber manchmal wäre es einfacher, ich könnte kaufen, was ich brauche, in der Farbe, die ich möchte, und zwar direkt an Ort und Stelle. Ohne Bedingungen, ohne Mails schreiben und meinen Lebenslauf schicken zu müssen. Ohne Verhandlungen, ohne Rechtfertigungen, ohne Verträge, ohne Erwartungen. Ohne Konflikte zwischen Marken, ohne Komplikationen, ohne Lieferadressen. Aber wenn es nicht gerade ein Notfall ist, dann lohnt sich das Warten schon. Ich musste dem italienischen DHL-Mann ein paar Wochen hinterherlaufen, um an das letzte Paket mit schönen Sachen ranzukommen, aber der Inhalt machte den Ärger komplett wett – mein Radon Ladies Sunset Hybrid Supreme:
Kein Witz, dieses Bike ist fantastisch. Ich fahre es die ganze Zeit. Ich hatte darüber nachgedacht, mir einen Roller oder ein Moped zu besorgen und diesen im Van zu transportieren, um zum Einkaufen und an den Strand zu fahren. Aber wozu ein großes, schweres, teures Teil anschaffen, das versichert und besteuert werden muss, wenn man ein hübsches kleines elektrisch unterstütztes Rad haben kann? Und langsam ist es auch nicht. Einfach geil.
Eine weitere Büro-Aufgabe, die ich mir für diesen Sommer vorgenommen hatte, war die Einrichtung eines europäischen Bankkontos. Das ist nicht schwierig, aber es braucht Zeit, es zu organisieren, und ich finde es ein bisschen verwirrend, weil alles in so einer komischen Sprache ist. Ich werde in Euros bezahlt, und gebe hauptsächlich Euros aus, deshalb wäre es blöd, ständig Währungsumrechnungsgebühren zu bezahlen. Das ist besonders relevant, wenn man bedenkt, wie schwach der Euro gerade im Vergleich zum Pfund ist. An alle Leser in Großbritannien: das ist eine super Gelegenheit, sich ein nagelneues deutsches Direktversand-Bike zu einem sehr guten Preis zu holen.
Wenn man so lange weg war, ist es immer großartig, wieder nach Hause zu kommen. Nichts ist so schön und so spektakulär wie die Fahrt durch Glencoe auf dem Weg nach Fort William.
Der Hauptgrund, warum ich nach Hause fuhr, war, Zeit mit meinen Freunden und meiner Familie zu verbringen. Deshalb arrangierte mein älterer Bruder Gavin eine ganz spezielle Zusammenkunft für mich. Er hatte uns beide mit zwei engen Freunden als Viererteam bei der britischen 24h-XC-Meisterschaft angemeldet, die am Nevis-Gebirgskette stattfand – nur sechs Meilen vom Haus meiner Familie entfernt. Mein erstes 24h-XC-Event bin ich mit diesen Jungs vor über zehn Jahren gefahren, und es war großartig, dass wir uns hier wieder zusammen fanden. Und wir hatten bei dieser überaus anstrengenden Herausforderung nicht nur eine Menge Spaß, sondern ich kann auch mit Stolz sagen, dass ich die schnellste Runde des Rennens gefahren bin, und dass wir den Gesamtsieg erreichten!
Und nun ist ganz offiziell Off-Season. Klar, man könnte denken, ich hätte jetzt Urlaub, aber das Gegenteil ist der Fall. Projekte für die nächste Saison sind schon seit Monaten in der Warteschleife und ich habe eine Menge Dinge zu tun diesen Winter. Der Masterplan steht…
Und wenn ihr euch gerne mal das Radon Slide 160 genauer ansehen wollt, das James diese Saison gesteuert hat, dann schaut euch den Bikecheck mit ihm hier an.
Hier gehts zu den bisherigen Teilen der Serie:
- Teil: 1 James Shirley und sein Leben ‚on the Road‘
- Teil: 2 James Shirley berichtet über seinen Saisonstart
- Teil 3: James Shirleys Irrungen & Wirrungen
- Teil 4: James Shirley bei der Enduro-EM
- Teil 5: James Shirley kann’s also doch
Text: James Shirley Fotos: Ross Bell (1,5) Mick Kirkman (2,4,6) James Shirley (3,7,10,11) Sven Martin (8) Antonio Lopez (9) Sportograf (12) Ronan Dugan (13)
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