Als jüngstes Mitglied im GT-Portfolio ersetzt das neue Force mit seinem High Pivot-Hinterbau das vorherige Modell vollständig. Das GT Force Carbon PRO LE 2022 tritt nun in unserem großen Vergleichstest gegen die Enduro-Konkurrenz an. Doch kann es trotz seines extrem fordernden Handlings überzeugen?

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Enduro-Bike 2022 – 11 Modelle im Test

GT Force Carbon PRO LE | 170/160 mm (v/h)
15,82 kg in Größe L | 6.099 € | Hersteller-Website

Das GT Force Carbon PRO LE 2022 ist eines der beiden Bikes im Test, die einen High Pivot Horst Link-Hinterbau besitzen. Um den zusätzlichen Pedalrückschlag des hohen Drehpunkts zu reduzieren wird – wie auch beim Cannondale Jekyll – eine Kettenumlenkrolle benötigt. Doch trotz des Guilder mit integrierter Kettenführung ist die Kette in unserem Test mehrfach runtergesprungen. Die Umschlingung des Kettenblatts ist hier zu gering. Auch die hauptsächlich interne Kabelführung am Force lässt zu wünschen übrig. Die Züge sind an Ein- bzw. Ausgang nicht ausreichend geklemmt und verursachen eine Menge Lärm auf dem Trail. Zusätzlich reiben sie gegen den Rahmen und andere Leitungen und hinterlassen schon nach wenigen Abfahrten deutliche Spuren. Auch auf die Verwendung eines UDH-Schaltauges und eines Tool-Mounts wurde verzichtet. Jedoch eignet sich das Dreieck am Sitzrohr dazu, einen eigenen Strap mit Tools und Ersatzteilen anzubringen. Zusätzlich findet sich ausreichend Platz für eine Flasche und der Rahmen besitzt einen großzügigen Sitz-, Ketten- und Unterrohrschutz aus Kunststoff.

Die Ausstattung des GT Force Carbon PRO LE 2022

Mit seinem Preis von 6.099 € gehört es zu den günstigeren Bikes im Test, ist aber dennoch das Topmodell des 29” GT Force und eines der wenigen Bikes im Enduro-Vergleichstest, das ein leicht Einstellbares RockShox-Fahrwerk besitzt. So kommen hier Gabel und Dämpfer aus der Ultimate-Reihe zum Einsatz, sie verwalten die 170 mm Federweg an der Front und 160 mm am Heck. Die ZEB-Gabel wie auch der Super Deluxe-Dämpfer lassen sich gut auf die individuellen Ansprüche des Fahrers einstellen. Wir raten dank der großen Luftkammer der ZEB-Gabel jedoch, eine digitale Dämpferpumpe zu verwenden, da bereits wenige psi Abweichung einen großen Einfluss auf die Fahr-Performance haben. Auch die verbaute SRAM CODE RSC-Vierkolbenbremse macht einiges an Power her und gehört in Kombination mit den 220/200-mm-Bremsscheiben zu den stärksten Bremsen im Test. Das verbaute SRAM X01-Schaltwerk gaukelt jedoch etwas vor: Es ist mit einer Kette, Kassette und dem Schalthebel der billigeren GX-Reihe kombiniert und bringt lediglich einen geringen Gewichtsvorteil gegenüber dem GX-Schaltwerk. In Summe bringt es das Force PRO LE auf satte 15,8 kg und gehört zusammen mit dem Canyon Torque zu den schwersten Bikes im Test. Der hauseigene Lenker mit 30 mm Rise und 800 mm Breite ist durch den Back- und Upsweep sehr gewöhnungsbedürftig. Die verbaute TranzX JD-Sattelstütze besitzt stolze 200 mm Hub, lässt sich vollständig im Rahmen versenken und in ihrem Hub um bis zu 30 mm einstellen – mega! Nicht so mega ist jedoch die hauseigene Remote, mit der die Stütze kombiniert ist und die auch beim Cannondale Jekyll zum Einsatz kommt. Sie wackelt stark und besitzt eine schlechte Ergonomie und verhältnismäßig scharfe Kanten. Hier solltet ihr dringend upgraden.

Tunnelblick
Die innenverlegten Leitungen sind an Ein- bzw. Ausgang nicht ausreichend geklemmt und sorgen für nerviges Klappern auf dem Trail.
Maximale Power
Die starke SRAM CODE RSC-Vierkolbenbremse ist mit großen 220-mm-Bremsscheiben an der Front kombiniert und ist damit eine der kräftigsten und standfestesten Bremsen im Test.
BMX
Der hauseigene Lenker am GT hat einen Rise von 30 mm und sorgt in Kombination mit ordentlich Stack für eine extrem hohe Front und gewöhnungsbedürftige Ergonomie.

GT Force Carbon PRO LE

6.099 €

Specifications

Fork RockShox ZEB Ultimate 170 mm
Rear Shock RockShox Super Deluxe Ultimate 160 mm
Seatpost TranzX JD-YS105J 200 mm
Brakes SRAM CODE RSC 220/200 mm
Drivetrain SRAM X01/GX Eagle 1x12
Stem GT Alloy 50 mm
Handlebar GT Riser 800 mm
Wheelset WTB KOM i30 29
Tires MAXXIS ASSEGAI/Minion 2,5/2,4

Technical Data

Size S M L XL
Weight 15,82 kg

Specific Features

Flip-Chip


X-Factor
Die gekreuzten Leitungen reiben beim Einfedern aneinander und gegen den Rahmen. Nach wenigen Abfahrten waren deutliche Gebrauchsspuren zu sehen.
Verlängerung
Die Kettenstrebenlänge lässt sich via Flip-Chip um 1 cm anpassen und ermöglicht es, die Geometrie an die persönlichen Vorlieben anzupassen – top.
Individuell anpassbar
Die verwendete TranzX-Sattelstütze besitzt stolze 200 mm Hub und lässt sich zusätzlich um 30 mm (in 5 mm Schritten) verstellen.

Auch die pannenanfälligen MAXXIS-Reifen mit ihrer EXO+ Karkasse werden dem Einsatzgebiet nicht gerecht. Sowohl der 2,5” ASSEGAI an der Front, wie auch der 2,4” Minion DHR II am Heck kommen in der härteren MaxxTerra-Gummimischung. Wir raten euch, zu einer robusteren Karkasse, wie z. B. MAXXIS Doubledown, und zu einer weicheren Gummimischung an der Front zu wechseln. Montiert sind die Reifen auf WTB KOM i30-Alufelgen. Beim verwendeten Laufradsatz mussten wir schon nach wenigen Abfahrten die Speichen nachziehen und er hält dem Einsatzgebiet des Force nicht stand.

Das GT Force Carbon PRO LE 2022 kann ohne Tool-Mount, UDH-Schaltauge und mit klappernden Leitungen nicht mit der Konkurrenz mithalten, wenn es um Detaillösungen geht.

Pfeffermühle
Im Uphill kostet das GT Force einiges an Kraft und das Reiben an der Umlenkrolle ist ein ständiger Begleiter.

Die Geometrie des neuen GT Force 2022

Das neue GT Force gibt es in vier Rahmengrößen von S – XL zu kaufen. Durch einen Flip-Chip an der Kettenstrebe lässt sich dessen Länge von 435 – 445 mm anpassen und so auf die persönlichen Vorlieben anpassen – Cool! Mit einem Stack von 645 mm (Größe L) besitzt es die höchste Front im Enduro-Vergleichstest, die durch den extremen Lenker noch zusätzlich erhöht wird. Der Reach hingegen liegt mit einer Länge von 480 mm im Mittelfeld. Das 445 mm hohe Sitzrohr ermöglicht zwar bei Größe L viel Bewegungsfreiheit, jedoch ist es nicht in allen Größen so niedrig und lässt somit keine freie Größenwahl zu.

Größe S M L XL
Sattelrohr 380 mm 410 mm 445 mm 500 mm
Oberrohr 563 mm 590 mm 617 mm 654 mm
Steuerrohr 110 mm 120 mm 130 mm 140 mm
Lenkwinkel 63,5° 63,5° 63,5° 63,5°
Sitzwinkel 78,0° 78,0° 78,0° 78,0°
Kettenstrebe 435/445 mm 435/445 mm 435/445 mm 435/445 mm
BB Drop 30 mm 30 mm 30 mm 30 mm
Radstand 1.211/1.221 mm 1.240/1.250 mm 1.270/1.280 mm 1.309/1.319 mm
Reach 430 mm 455 mm 480 mm 515 mm
Stack 627 mm 636 mm 645 mm 654 mm
Helm Fox Rampage Pro Carbon | Goggle 100% Armega | Jersey Troy Lee Designs Sprint Ultra
Hose Troy Lee Designs Sprint Ultra | Schuhe Five Ten Kestrel Pro Boa | Socken Stance

Unser Fahreindruck vom GT Force Carbon PRO LE 2022

Das GT Force Carbon LT reiht sich im Uphill im hinteren Testfeld des Enduro-Vergleichstest ein und gehört so zu den gemütlichen Kletterern. Es liefert zwar gute Traktion im technischen Climb, kostet durch seinen aktiven Hinterbau aber auch mehr Kraft. Zusätzlich verursacht die Umlenkrolle – wie auch beim Cannondale Jekyll – ein lautes Rasseln.

Beim GT Force verändert sich die Kettenstrebenlänge schlagartig und unvorhersehbar, weil es seinen Federweg sehr schnell freigibt. Das erfordert eine extrem aufmerksame Fahrweise und schnelle Reaktion.

One Shot
Einzelne große Schläge schluckt das GT Force gut weg. Das Ende des Federwegs ist jedoch deutlich zu spüren.

In der Abfahrt kann das GT Force Carbon PRO LE nicht überzeugen. Es ist in allen Fahrsituation das am meisten fordernde Bike und hat bei unseren Testfahrten extreme Aufmerksamkeit verlangt. Im Unterschied zum Cannondale rauscht das GT schnell durch seinen Federweg und verändert so die Balance zwischen Front und Heck permanent. Denn mit zunehmendem Federweg verlängert sich der Radstand des High Pivot-Bikes beträchtlich. Das macht das Fahrverhalten unvorhersehbar. So ist man auf dem GT mehr am Reagieren als am Agieren, während das Cannondale mit vergleichbarer Hinterbau-Philosophie, aber besserem Fahrwerk deutlich berechenbarer ist. Lediglich einzelne harte Schläge kann das Force durch seinen High Pivot-Hinterbau gut schlucken. Das Ende seines Federwegs ist jedoch deutlich spürbar. Dazu kommt, dass das Force beim Anbremsen ein auffälliges Bremsstempeln entwickelt. Die Folge sind fehlende Traktion und ein extrem langer Bremsweg hat, sprich, man muss früher bremsen. So reiht sich das GT Force mit ordentlich Abstand am Ende unseres Enduro-Vergleichstest ein.

Tuning-Tipps: passende Remote mit besserer Ergonomie und Haptik | robustere Reifen | Spacer im Dämpfer für mehr Endprogression

Riding Characteristics

12

Uphill

1
  1. sluggish
  2. efficient

Agility

2
  1. cumbersome
  2. playful

Stability

3
  1. nervous
  2. confident

Handling

4
  1. demanding
  2. balanced

Suspension

5
  1. harsh
  2. plush

Fun Factor

6
  1. planted
  2. poppy

Value for money

7
  1. terrible
  2. very good

Intended Use

XC

8

Trail

9

Enduro

10

Downhill

11

Fazit

Das GT Force Carbon PRO LE 2022 entpuppt sich als klarer Verlierer in diesem Vergleichstest. Es benötigt eine extrem aufmerksame Fahrweise. Das Fahrwerk besitzt wenig Progression und kommt schnell und spürbar an seine Grenzen und die mangelnde Laufruhe und das Bremsstempeln trüben den Fahrspaß. Dazu kommen nicht vollständig ausgereifte Detaillösungen und eine verbesserungswürdige Ausstattung.

Tops

  • viel Bewegungsfreiheit
  • individuell einstellbare Kettenstrebenlänge

Flops

  • Reifen mit geringem Pannenschutz
  • sehr forderndes Handling
  • schwache Hinterbau-Performance
  • Geräuschkulisse bergauf wie bergab

Mehr Informationen findet ihr unter gtbicycles.com

Das Testfeld

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Enduro-Bike 2022 – 11 Modelle im Test

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Text: Peter Walker Fotos: Peter Walker

Über den Autor

Peter Walker

Peter ist nicht nur ein Mann der Worte, sondern auch der Taten. Mit ernsthaften Bike- und Schrauber-Skills, seiner Motocross-Historie, diversen EWS-Teilnahmen und über 150 Bikepark-Tagen in Whistler – ja, der Neid der meisten Biker auf diesem Planeten ist ihm gewiss – ist für Peter kein Bike zu kompliziert und kein Trail zu steil. Gravel und Rennrad kann er übrigens auch! Das für unsere redaktionelle Arbeit wichtige Thema Kaufberatung hat Peter in Vancouvers ältestem Bike-Shop von der Pike auf gelernt und setzt sein Know-how auch im journalistischen Alltag um. Wenn er nicht gerade die Stuttgarter Hometrails auf neuen Test-Bikes unsicher macht, genießt er das Vanlife mit seinem selbst ausgebauten VW T5. Dass er dazu noch ausgebildeter Notfallsanitäter ist, beruhigt seine Kollegen bei riskanten Fahrmanövern. Zum Glück mussten wir Peter bislang nie bei seinem Spitznamen „Sani-Peter“ rufen. Wir klopfen auf Holz, dass es dazu auch nie kommen wird!