Nach der Schnitzeljagd: Auf Schmugglerpfaden am Timmelsjoch
Am letzten Wochenende im Juni stand mit der Singletrail Schntzeljagd in Sölden/Oetztal ein Endurorennen der etwas anderen Art im Rennkalender. Drei Fahrer aus dem Mountainbike-Eldorado im Deister bei Hannover und ein Münchener haben die Gelegenheit genutzt, das Oetztal abseits der Rennstrecke zu erkunden. LAST-Teamfahrer Johann Mahler berichtet.
Nachdem wir uns bei der Singletrail-Schnitzeljagd zwei Tage lang bei Schneeregen und Temperaturen um den Gefrierpunkt direkt um Sölden herum aufgehalten hatten, mussten die müden Beine und die allerletzten trockenen Klamotten nochmal für eine Tour herhalten, die sich lohnen sollte. Wahl-Schwabe Flo hatte beim Bier nach dem Rennen kurzerhand das Ziel festgelegt: ‚Wir fahren zum Timmelsjoch, da gibt’s einen guten Trail!‘. Ende der Tourplanung, keine Widerrede.
Das Timmelsjoch ist der einzige gletscherfreie Übergang über den Alpenhauptkamm zwischen Fernpass und Brennerpass. Der Aufstieg von Sölden dorthin auf einem schmalen Wanderweg abseits der viel befahrenen Passstraße ist Teil einiger Alpencross-Routen, um vom Pass aus süd-westwärts nach Italien hinunter zu gelangen.
Auch wenn es sich auf der Straße vermutlich angenehmer kurbeln ließe, wählten wir den beschwerlicheren Weg im Gelände, der uns durch Kuhherden und über Almwiesen ca. 500hm unterhalb des Jochs auf der Passstraße ausspuckte. Die letzten Meter zum Restaurant teilten wir uns die Straße mit rasenden Motorradfahrern, ängstlich bremsenden Rennradlern und einem Ford Mustang-Fanclub. Schöne Geräuschkulisse.
An der österreichisch-italienischen Grenze auf 2500m.ü.NN halfen Cola und Spiegeleier dabei, einige unterzuckerte Körper wieder auf Vordermann zu bringen. Doch die Strapazen hatten sich gelohnt. Bei absolutem Kaiserwetter entschädigte der alte Schmugglerpfad, der ironischerweise direkt an einer zerfallenen Zollstation entlangführt, für jeden erklommenen Höhenmeter: Der Blick auf endlose Geröllwüsten weit oberhalb der Baumgrenze, klappernde Steine unter den Reifen, enge Spitzkehren im Nadelwald und eiskalte Wasserfälle machen den hochalpinen Charakter der Tour aus, obwohl sich wenige Meter weiter auf der Straße Touristen im T-Shirt vor meterhohen Schneebergen fotografieren lassen. Für Tretfaule fährt dort übrigens auch der Postbus ;-)
Da für diesen Weg zwar sicheres Fahrkönnen, aber keine herausragende Fahrtechnik nötig ist, bietet er sich auch als alpine Einsteigertour an, zumal die Auffahrt auch wesentlich kraftsparender ohne Fahrrad auf den Schultern komplett über die Fahrstraße möglich ist. Landschaftlich ist die Tour jedoch ziemlich weit vorne, zumindest bei Sonnenschein. Berichten zufolge muss auch die Abfahrt runter nach Italien lohnenswert sein, das prüfen wir beim nächsten Mal.
Text: Johann Mahler | Fotos: Florian Heyer, Daniel Lange, Marcel Riedmann
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