Was machen eigentlich Crosscountry-Profis um sich im Winter in Form zu bringen? Küstenstraße hoch und runter, Kilometer fressen bei Puls 120, fünf, sechs Stunden auf dem Roadbike rumeiern und ja nicht am Gashahn drehen, am besten auf Mallorca, da sind die Straßen gut gepflastert und die Anstiege schön gleichmäßig – Das war jahrelang die Devise für ein gutes Wintertraining. Aber wird das dem modernen Mountainbikesport noch gerecht? Ist es nicht viel sinnvoller Spaß am Biken zu haben und das zu trainieren, was man auch im Sommer braucht?

Die beiden Marathon Profis
Steffen Thum, Simon Gegenheimer und Rémi Laffont beim etwas anderen Wintertraining in Südspanien

Dieser Frage wollen wir nachgehen und auch dem Amateursportler nahe bringen, was in Profikreisen bereits Trainingsalltag 2015 ist. Als Basis dafür dient ein Etappenrennen bei Alicante/Spanien. Eine Woche nach Dreikönig, genau der Zeitraum, wo Trainer in den vergangenen Jahrzehnten sicherlich nichts von Startnummern, Intervalltraining und solchen Dingen hören wollten, gehen wir gemeinsam mit dem Team ROSE Vaujany fueled by ultraSPORTS an die spanische Südküste zum Costa Blanca Bike Race.

Das Ziel der Sportler ist eine Trainingsbasis für die Crosscountry und Marathon Weltcups im Sommer zu legen und das mit möglichst viel Geholper unter den Reifen. Trainingsstand der Profis sind seit dem letzten Marathon Ende Oktober in Malaysia gerade einmal 1.500 Kilometer, diese jedoch allesamt auf den Enduros. Dazu kamen noch vier Wochen Skilanglauf und Krafttraining in den französischen Alpen rund um Vaujany. Also laut oldschool- Trainingslehre nicht die Form um an einem Etappenrennen teil zu nehmen. Doch die Jungs Steffen Thum, Simon Gegenheimer und Rémi Laffont waren heiß auf Trails und bereits die ersten Trainingstages zeigten: Sie sitzen zwar noch etwas schräg auf ihrem Carbonsattel aber die Wattmesser zeigen durchaus schon den Bereich um 400 an. Das ist dann schon relativ sportlich!

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Das Terrain hier ist ähnlich wie beim Roc d’Azur oder der Enduro World Serie in Finale Ligure, ein unendlich scheinendes Trailnetzwerk auf Stein und Fels. Der Blick aufs Meer scheint dabei nahezu garantiert und das Thermometer empfiehlt bereits im Januar kurze Shorts. Ob XC-Race-Bike mit 100 mm oder Enduro mit 160 mm kann selbst entschieden werden, solange man einen vollgefederten Begleiter an seiner Seite hat, kann man auf diesem Terrain mit beiden Varianten Freude auf den Pfaden erfahren. Die kurze Bocadillos-Pause erlaubt höchstens einen Café Cortado, denn jede vergeudete Sekunde vor dem Sonnenuntergang wäre einer verpassten Abfahrt gleichzusetzen.

Keine Frage, Spaß alleine macht keinen Weltcupsieger und ersetzt auch nicht jegliche Trainingslehre. So sind natürlich gewisse Grundzüge aus den verstaubten Trainingsbüchern immer noch bei den Profis zu finden: Sie fahren in der Regel ein Viererblock-System, bei welchem am Tag eins ein muskulärer Kraftreiz an relativ steilen Bergen gesetzt wird. Am zweiten Tag drehten sie ihre Runden auf der Crosscountrystrecke, wobei immer eine kleine Wette dabei war: Dem Tagesschnellsten musste die Pizza vom Langsamsten direkt ans Bett geliefert werden, zudem bekommt er die alleinige Vorherrschaft über die Playstation und entschied somit das Abendprogramm. Die letzten beiden Blocktage waren dann zwar eher Grundlagenausdauer orientiert, jedoch keineswegs öde. Wir besichtigten hier die schon gut ausgeschilderten Etappen, zwar noch im Schongang, doch das war für die Fahrer optimal, um einen Eindruck für die Rennstrecke am Ende unseres Trainingslagers zu bekommen.

Hard Facts zum ROSE Vaujany Team Wintertraining

  • 20 Tage Benidorm, 40km nördlich von Alicante.
  • Hotel: Albir Garden
  • Wettkampf: Costa Blanca Bike Race, UCI Class S2
  • 4 Stages (43km/1700 Hm, 7km/350Hm, 59km/2000Hm, 48km/1500Hm)
  • Was können Hobbyfahrer aus den Erfahrungen der Profis lernen?

    Grundsätzlich erwartet die Rennfahrer beim Costa Blanca Bike Race keine unüberwindbare Aufgabe, die Stages sind rund 60 Kilometer lang und bleiben alle unterhalb der 2.000 Höhenmeter. Das Gelände ist aber sehr traillastig und so darf man sich nicht verschätzen, für 45 Kilometer kann man hier schon mal knapp drei Stunden brauchen. Die Rennstrategie zum Saisoneinstieg und der Vorbereitung auf die Weltcups im Sommer hieß: Spaß haben, nicht voll überziehen aber bitte keine Angst vor Laktat.

    Die Marathonspezialisten Steffen Thum und Rémi Laffont reihten sich beim Rennen immer zwischen Position 10 und 20 ein und sammelten damit schon die ersten UCI Weltranglistenpunkte der Saison. Wichtig war ihnen bei einem solch frühen Wettkampfeinstieg nicht gleich zu überziehen. Der Sieger der Marathon World Serie Thum empfiehlt: „Bei einem Vorbereitungsrennen versuche ich bis zur letzten Feedzone immer mit einem Reservegang in der Trikottasche zu fahren. Von hier an kann ich dann entscheiden ob ich an einem guten Tag nochmals voll aufdrehe oder lieber mit konstantem speed sicher ins Ziel rolle“. Auch im Ziel wird klar, warum Etappenrennen zur Vorbereitung beliebter sind als je: Vom Startschuss bis zur Ziellinie durchlebt man dieselben Qualen und Höhepunkte wie die Profis. Die Verpflegungsstationen und Mechanikerteams des Veranstalters unterstützen diesen Eindruck nochmals: Tour de France Weltcupfeeling, und das für jeden Teilnehmer.

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    Resümierend ist festzuhalten: Keine Scheu vor Startnummern und dem Mountainbike. Selbst im Winter kann man als Amateur und Hobbysportler das kopieren, was uns die Profis vormachen. Vielleicht mit der kleinen Prämisse, nicht direkt von der Startlinie an mit den Topathleten mithalten zu wollen, aber dieses Gesetzt ist wohl sowohl im Sommer als im Winter sinnvoll. Am Ende ist das Grundlagentraining auf dem Mountainbike nicht schlechter als auf dem Rennrad, eher spezifischer und hierdurch besser. Dazu kommt noch, dass man in fahrtechnischer Hinsicht im Frühjahr nicht jedes Jahr auf’s Neue in den Kinderschuhen steckt und keinesfalls zu vergessen: Es ist Januar und wir hatten megamäßig Spaß mit unseren Bikes.

    Text und Fotos: Pressemitteilung


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