Das Specialized S-Works Kenevo SL tritt als einziges E-Bike gegen das große Enduro-Testfeld an. Wie schlägt sich das Kenevo SL mit kleinem Motor, geringer Akku-Kapazität und als teuerstes Bike im Test? Eine Sache verraten wir euch bereits: Alles hat seine Vor- und Nachteile!

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Enduro-Bike 2022 – 11 Modelle im Test

Specialized S-Works Turbo Kenevo SL | 170/170 mm (v/h)
18,7 kg in Größe S4 | 14.500 € | Hersteller-Website

Das Specialized S-Works Kenevo SL hört auch auf den Namen Light-E-Mountainbike und ist somit das einzige motorunterstützte Bike in unserem Test. Wobei die Betonung hier auf Unterstützung liegt. Denn mit 35 Nm sorgt der Specialized SL 1.1-Motor dennoch dafür, dass ihr auf längeren Climbs ins Schwitzen kommt, auch wenn er euch mit angenehmem Rückenwind an der Konkurrenz vorbeiziehen lässt und damit der stärkste Kletterer im Test ist. Der interne 320-Wh-Akku sorgt dafür, dass ihr durch den niedrigen Verbrauch auch auf langen Touren stets Unterstützung habt. Zusätzlich kann der mit 160 Wh Akkukapazität versehene Range-Extender am integrierten Flaschenhalter befestigt werden. Das alles kostet jedoch seinen Preis – und macht das S-Works Kenevo SL mit 14.500 € und 18,7 kg zum teuersten und schwersten Bike im Test. Wie der Motor ist auch das MasterMind-Display unscheinbar im Rahmen integriert. Durch die Lenker-Remote lassen sich die Unterstützungsstufen umschalten und per App sind Feinabstimmungen des Motors möglich. Mit satten 170 mm Federweg an Front und Heck ähnelt das auf 29” rollende Kenevo SL nicht nur auf den ersten Blick seinem Bruder, dem Specialized Enduro. Auch die meisten Detail-Lösungen teilen sie sich. So findet sich auch hier das integrierte SWAT-Tool im Steuersatz, mit dem ihr alle wichtigen Reparaturen auf dem Trail erledigen könnt. Auch der bekannte Sitz- und Kettenstrebenschutz sowie ein kleiner Fender am Heck sind wieder mit an Bord. Jedoch sorgt der Hinterbau dafür, dass der Dämpfer – ähnlich wie beim Santa Cruz Bronson – nur sehr schwer zu erreichen ist.

Alles vom Feinsten? Die Ausstattung des Specialized S-Works Kenevo SL

Am hauseigenen 800 mm breiten Carbon-Lenker sind die Hebel einer komplette SRAM AXS-Gruppe befestigt, bestehend aus einer XX1 12-fach-Schaltgruppe und Reverb-Sattelstütze. Wie auch beim YT Capra sind sie sauber mit Matchmakern an den zugehörigen SRAM CODE RSC-Vierkolbenbremsen befestigt. Einziger Unterschied: Specialized kombiniert ihre Bremse mit großen 220-mm-Bremsscheiben an der Front und 200 mm am Heck. Die benötigt das Kenevo SL durch sein hohes Gewicht. Zusätzlich ist noch die minimalistische Remote am Lenker befestigt und sorgt für ein zusätzliches Kabel, das den Lenker verlässt und in den Rahmen geführt wird.

Moped
Der 1,95 kg schwere Specialized SL 1.1-Motor liefert 35 Nm Rückenwind. Wie in alten Zeiten.
S.W.A.T
Hier findet sich ein integriertes Multi-Tool, mit dem ihr alle wichtigen Reparaturen auf dem Trail erledigen könnt.

Specialized S-Works Turbo Kenevo SL

14.500 €

Specifications

Motor Specialized SL 1.1 35 Nm
Battery Specialized SL1-320 320 Wh
Display Specialized MasterMind
Fork FOX 38 Factory GRIP2 170 mm
Rear Shock FOX FLOAT X2 Factory 170 mm
Seatpost RockShox Reverb AXS 170 mm
Brakes SRAM CODE RSC 220/200 mm
Drivetrain SRAM XX1 Eagle AXS 1x12
Stem DEITY Copperhead 35 mm
Handlebar Roval Traverse SL Carbon 800 mm
Wheelset Roval Traverse SL 29 29
Tires Specialized Butcher 2,3

Technical Data

Size S2 S3 S4 S5
Weight 18,7 kg
Perm. total weight 128 kg

Specific Features

Modulares Akku-Konzept mit Range Extender
Flip-Chip
Tool-Integration


Tortenboden
220-mm-Bremsscheiben sind an der Front montiert. Die sind bei der großen Masse auch vonnöten und ihr solltet trotz der großen Bremspower rechtzeitig den Anker werfen.
Leichtbau am E-Bike?
Specialized kombiniert ihre hauseigenen Carbon-Laufräder und Reifen. Die pannenanfällige Karkasse kann aber für teure Defekte sorgen und der geringe Gewichtsvorteil ist es nicht wert.
Was muss, das muss
Die Lenker-Remote zur Steuerung der Unterstützungsstufen ist zwar dezent gehalten, sorgt aber mit einer weiteren Leitung und Klemmung dafür, dass es aufgeräumtere Cockpits im Testfeld gibt.

Auch das Fahrwerk lässt sich sehen und sorgt durch seine FOX 38 Factory-Gabel mit GRIP2-Dämpfungskartusche und FLOAT X2 Factory-Luftdämpfer für maximale Flexibilität im Setup. Die weiteren Anbauteile, wie Reifen und Laufräder, stammen aus der hauseigenen Produktion. So setzt Specialized auf ihren Roval Traverse SL Carbon-Laufradsatz und kombiniert diesen mit 2,3” breiten Butcher-Reifen. Beide Reifen kommen mit der sehr pannenanfälligen GRID Trail-Karkasse und sollten zum Schutz der teuren Carbon-Felgen mit höherem Reifendruck gefahren werden. Das kostet jedoch Grip und Dämpfung und der geringe Gewichtsvorteil ist Totalausfälle nicht wert.

Foot out flat out
Das Specialized lässt sich auch in offenen Kurven noch intuitiv steuern und dadurch kontrollierten driften.
Surrt wie ein Kätzchen
Das Kenevo SL sieht auf den ersten Blick nicht aus wie ein E-Bike, hört sich aber definitiv wie eins an. Also unauffällig an der Konkurrenz vorbeiziehen ist nicht.

Die Geometrie des Specialized S-Works Kenevo SL

Die Geometrie des Specialized S-Works Kenevo SL kann anhand der speziellen Lagerschale und dem Flip-Chip der Kettenstrebe angepasst werden. Die Lagerschalen im Steuersatz verändern den Lenkwinkel von 63,2° bis 64,7°. Der Flip-Chip am Ausfallende ermöglicht die Anpassung der Kettenstrebenlänge um 5 mm und der Tretlagerhöhe um 6 mm. Für die Größenwahl setzt Specialized auf ihr bekanntes S-Sizing-System. Jedoch geht es beim S-Works Kenevo SL nicht auf. Denn die AXS Reverb-Sattelstütze mit 170 mm Hub lässt sich nicht vollständig im Rahmen versenken. Auch baut sie höher als herkömmliche Sattelstützen und schränkt so die Bewegungsfreiheit zusätzlich ein. Das kann schnell dazu führen, dass ihr den vollen Hub der Stütze nicht nutzen könnt, wie es bei einigen unserer Testfahrer der Fall war. Beim Kenevo SL stehen euch vier Rahmengrößen von S2 – S5 zur Verfügung. Der Reach fällt dabei mit 489 mm in Größe S4 verhältnismäßig groß aus.

Die zusätzliche Masse des Akkus unterstützt das intuitive Handling. Ihr solltet aber dennoch früher bremsen, denn das Zusatzgewicht schiebt ordentlich.

Größe S2 S3 S4 S5
Sattelrohr 400 mm 420 mm 440 mm 465 mm
Steuerrohr 105 mm 115 mm 125 mm 135 mm
Lenkwinkel 63,5° 63,5° 63,5° 63,5°
Sitzwinkel 76,0° 76,0° 76,0° 76,0°
Kettenstrebe 447 mm 447 mm 447 mm 447 mm
BB Drop 25 mm 25 mm 25 mm 25 mm
Radstand 1.228 mm 1.258 mm 1.287 mm 1.316 mm
Reach 435 mm 460 mm 485 mm 510 mm
Stack 618 mm 626 mm 635 mm 644 mm
Helm Bluegrass Rogue Core MIPS | Brille POC Devour | Jersey POC Pure
Shorts POC Essential Enduro | Knieschoner POC VPD System Knee
Schuhe ION Rascal | Socken Fox Flexair

Intuitiv, traktionsstark und laufruhig: Das S-Works Kenevo SL auf dem Trail

Ja, das S-Works Kenevo SL zieht im Uphill mit Leichtigkeit und einem penetranten Surren am gesamten Testfeld vorbei. Zu den bequemsten Bikes gehört es jedoch nicht, denn durch den relativ flachen Sitzwinkel ist die Sitzposition sehr gestreckt und kann auf langen Touren unangenehm werden. Wir empfehlen euch deshalb, den Sattel etwas vorzuschieben.

Das Specialized S-Works Kenevo SL ist der Uphill-König in diesem Test. Was jedoch als einziges Light-E-Mountainbike auch kein Wunder ist. Der Motor ist zwar unauffällig im Rahmen integriert, doch deutet die Geräuschkulisse schon von Weitem auf die 35 Nm Drehmoment hin.

Knappe Kiste
Wird es steil, kommt euch der Sattel schnell näher. Das Kenevo SL bietet einfach zu wenig Einstecktiefe, um die Reverb AXS-Sattelstütze vollständig im Rahmen zu

Im Downhill überzeugt das Kenevo SL mit einem super intuitiven Handling und hoher Traktion, was nicht zuletzt durch den Akku im Unterrohr und dem damit verbundenen Mehrgewicht zusammenhängt. Dadurch muss die Front nicht so aktiv belastet werden und das Bike lässt sich auch mit einer passiven Fahrweise problemlos steuern und Grip generieren. Auf engen Trails reiht es sich gemeinsam mit dem Nukeproof Giga auf der trägeren Seite ein. Lediglich das GT Force ist noch schwerer durch Bäume verwinkelter Trails zu zirkeln. Das Kenevo überzeugt durch hohe Stabilität und findet sich in Sachen Laufruhe auf einer Höhe mit dem Nukeproof Giga sowie mit dem Orbea Rallon und SIMPLON Rapcon. Doch schiebt die höhere Masse vor allem beim Anbremsen weiter Richtung Tal und ihr solltet frühzeitig das Gas rausnehmen. Auch bei harten Kompressionen fehlt es dem Kenevo SL an Progression vom Hinterbau und somit an Reserven. Wird es richtig steil, kommt euch der Sattel durch die eingeschränkte Einstecktiefe schnell in die Quere und limitiert hier eure Bewegungsfreiheit.

Tuning-Tipps: robustere Reifen | Spacer in Dämpfer | Dropper mit geringerer Einbauhöhe (z. B. OneUp V2)

Riding Characteristics

12

Uphill

1
  1. sluggish
  2. efficient

Agility

2
  1. cumbersome
  2. playful

Stability

3
  1. nervous
  2. confident

Handling

4
  1. demanding
  2. balanced

Suspension

5
  1. harsh
  2. plush

Fun Factor

6
  1. planted
  2. poppy

Value for money

7
  1. terrible
  2. very good

Intended Use

XC

8

Trail

9

Enduro

10

Downhill

11

Fazit

Das Specialized S-Works Kenevo SL liefert zwar Motorpower, aber auch Mehrgewicht. So kann es im Uphill an der Konkurrenz vorbeiziehen, während es im Downhill vor allem mit Laufruhe, Traktion und einem intuitiven Handling glänzt. Im Umkehrschluss vermisst es aber Agilität. Dazu kommen die mangelnden Reserven am Heck und die pannenanfälligen Reifen, was das Einsatzgebiet einschränkt. Durch die mangelnde Bewegungsfreiheit geht das S-Sizing System nicht auf.

Tops

  • sehr intuitives Handling
  • Motorunterstützung ohne große Nachteile im Downhill

Flops

  • eingeschränkte Bewegungsfreiheit
  • dünnwandige Reifen auf Carbon-Felgen
  • Dämpfer schlägt durch

Mehr Informationen findet ihr unter specialized.com

Das Testfeld

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Enduro-Bike 2022 – 11 Modelle im Test

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Text: Peter Walker Fotos: Peter Walker

Über den Autor

Peter Walker

Peter ist nicht nur ein Mann der Worte, sondern auch der Taten. Mit ernsthaften Bike- und Schrauber-Skills, seiner Motocross-Historie, diversen EWS-Teilnahmen und über 150 Bikepark-Tagen in Whistler – ja, der Neid der meisten Biker auf diesem Planeten ist ihm gewiss – ist für Peter kein Bike zu kompliziert und kein Trail zu steil. Gravel und Rennrad kann er übrigens auch! Das für unsere redaktionelle Arbeit wichtige Thema Kaufberatung hat Peter in Vancouvers ältestem Bike-Shop von der Pike auf gelernt und setzt sein Know-how auch im journalistischen Alltag um. Wenn er nicht gerade die Stuttgarter Hometrails auf neuen Test-Bikes unsicher macht, genießt er das Vanlife mit seinem selbst ausgebauten VW T5. Dass er dazu noch ausgebildeter Notfallsanitäter ist, beruhigt seine Kollegen bei riskanten Fahrmanövern. Zum Glück mussten wir Peter bislang nie bei seinem Spitznamen „Sani-Peter“ rufen. Wir klopfen auf Holz, dass es dazu auch nie kommen wird!