Wie viel muss ein Fahrrad kosten, um vom Zahnarzt-Bike zum Jeff Bezos-Bike zu werden? Specialized könnte es mit dem Stumpjumper EVO S-Works herausfinden. Es hat eine schlichte, cleane Optik und einige coole Rahmendetails. Aber wie fährt es sich auf dem Trail? Und wie unterscheidet es sich von der Alu-Version?
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Trail-Bike 2022 – 14 Modelle im Test
Das Specialized Stumpjumper EVO S-Works ist mit einem Preis von 13.200 € das teuerste Bike im Test. Und zwar mit Abstand. Auf den ersten Blick ist es sehr schlicht, selbst der S-Works-Schriftzug ist mit Schwarz auf Grau erst bei genauem Hinsehen lesbar. Das Stumpjumper war das erste Mountainbike im Specialized Line-up, aber seither hat sich viel getan. Die aktuelle Generation bringt 160 mm Federweg vorne und 150 mm hinten mit und ist 13,8 kg leicht, aber nicht das leichteste im Test. Wird es seinem Preis gerecht?
Die Ausstattung des Specialized Stumpjumper EVO S-Works
Der Carbonrahmen des Specialized Stumpjumper EVO S-Works hat ein SWAT-Box genanntes Staufach im Unterrohr. In einer mitgelieferten Tasche kann darin alles aufbewahrt werden, was man auf dem Trail brauchen könnte. Allerdings ist sie sehr dünn und metallische Gegenstände, wie z. B. eine CO2-Kartusche, klappern gerne gegen den teuren Carbonrahmen. Dieses Problem ist bei der Alu-Version mit der gleichen Tasche nicht vorgekommen. Eventuell bildet das Carbon einen Resonanzkörper, der das Geräusch verstärkt. Es ist auch möglich, eine Trinkblase im Fach zu verstauen – sie sollte dann kein Klappern verursachen. Die Klappe verschließt gut und ist einfach bedienbar. Zusammen mit dem SWAT-Tool, das sich im Steuersatz befindet, kann man also getrost Rucksäcke und Hipbags daheimlassen.
Die SWAT-Box im Unterrohr ist groß und gut zugänglich, doch metallische Gegenstände klappern darin stark.
Das Unterrohr ist mit einer Folie und einer Plastikabdeckung vor heranfliegendem Dreck geschützt und auch auf Sitz- und Kettenstrebe findet sich ein großzügiger Schutz. Ein kleiner Fender oberhalb des Hauptlagers des Hinterbaus soll zudem verhindern, dass Dreck oder Steine in den kleinen Spalt gelangen. Beim Alu-Rahmen ist dieser nicht zu finden.
Specialized Stumpjumper EVO S-Works
13.200 €
Specifications
Fork FOX 36 Factory GRIP2 160 mm
Rear Shock FOX FLOAT X Factory 150 mm
Seatpost RockShox Reverb AXS 170 mm
Brakes SRAM CODE RSC 200/200 mm
Drivetrain SRAM XX1 Eagle AXS 1x12
Stem DEITY Copperhead 35 50 mm
Handlebar Roval Traverse SL Carbon 800 mm
Wheelset Roval Traverese SL Carbon 29"
Tires Specialized Butcher GRID Trail T9/Specialized Eliminator GRID Trail T7 2,3/2,3
Technical Data
Size S1 S2 S3 S4 S5 S6
Weight 13,8 kg
Specific Features
Staufach
SWAT-Tool
Tuning-Tipp: Sattel nach vorne schieben, um im Uphill zentraler zu sitzen | metallische Gegenstände in der SWAT-Box weich verpacken
Wie man es bei dem Preis erwarten kann, sind Highend-Komponenten verbaut. Vorne arbeitet die FOX 36 Factory mit GRIP2-Dämpfungskartusche, die mit viel Einstellmöglichkeit optimal auf eure Bedürfnisse angepasst werden kann. Hinten ist der FOX FLOAT X Factory verbaut. Dieser bietet neben Rebound- und Compression-Einstellung einen Hebel zur Plattformdämpfung. Der 800 mm breite Roval Traverse SL Carbon-Lenker ist mit einem DEITY Copperhead 35-Vorbau kombiniert. Geschalten wir mit der kabellosen SRAM XX1 Eagle AXS-Schaltung. Diese ist an Bikes dieser Kategorie selten verbaut, da sie hauptsächlich für Cross-Country-Bikes entwickelt wurde und im Vergleich zur X01-Variante lediglich einen geringen Gewichtsvorteil bringt.
Auch die Sattelhöhe lässt sich dank der RockShox Reverb AXS-Sattelstütze kabellos um 170 mm verändern. Sie ist die längste Dropper der AXS-Serie, für Rahmengröße L jedoch bereits etwas zu kurz. Durch diese beiden kabellosen Parts und die Anbringung mit Matchmaker ist das Cockpit sehr clean. Für Verzögerung sorgt die SRAM CODE RSC-Bremse. Sie bietet werkzeuglose Hebelweiten- und Druckpunktverstellung und ist mit SwingLink-Technologie ausgestattet, was den Leerweg verringern und die Bremspower verbessern soll. Am Kettenblatt ist eine Bashguard-Kettenführung-Kombination verbaut. Auf den Roval Traverse SL Carbon-Laufrädern sind Specialized-Reifen mit GRID Trail-Karkasse montiert. Vorne findet sich ein Butcher mit weicher T9-Gummimischung und hinten ein Eliminator mit härterer T7-Gummimischung – eine für den Einsatzzweck des Bikes passende Kombination.
Die Geometrie des Specialized Stumpjumper EVO S-Works
Das Specialized Stumpjumper EVO S-Works wird in 6 Größen von S1 bis S6 angeboten. Das 425 mm niedrige Sitzrohr ermöglicht bei einem Reach von 475 mm freie Größenwahl unabhängig von der Schrittlänge und gibt viel Bewegungsfreiheit. In der Kettenstrebe ist ein Flip-Chip verbaut, mit dem die Kettenstrebenlänge und die Tretlagerhöhe verändert werden können. Mit einem asymmetrischen Steuersatz kann außerdem der 64,5° steile Lenkwinkel um 1° vergrößert werden. Wir sind das Bike primär im hohen Setting mit flachem Lenkwinkel gefahren.
Größe | S1 | S2 | S3 | S4 | S5 | S6 |
---|---|---|---|---|---|---|
Sattelrohr | 385 mm | 385 mm | 405 mm | 425 mm | 445 mm | 465 mm |
Oberrohr | 538 mm | 564 mm | 590 mm | 623 mm | 647 mm | 679 mm |
Steuerrohr | 95 mm | 95 mm | 105 mm | 115 mm | 125 mm | 135 mm |
Lenkwinkel | 64,5° | 64,5° | 64,5° | 64,5° | 64,5° | 64,5° |
Sitzwinkel | 78° | 77,6° | 77,2° | 76,9° | 77° | 77° |
Kettenstrebe | 438 mm | 438 mm | 438 mm | 438 mm | 448 mm | 448 mm |
Tretlagerhöhe | 335 mm | 340 mm | 340 mm | 340 mm | 340 mm | 340 mm |
Radstand | 1.167 mm | 1.191 mm | 1.216 mm | 1.247 mm | 1.285 mm | 1.319 mm |
Reach | 408 mm | 428 mm | 448 mm | 475 mm | 498 mm | 528 mm |
Stack | 613 mm | 617 mm | 626 mm | 635 mm | 644 mm | 654 mm |
Das Specialized Stumpjumper EVO S-Works auf dem Trail
Wenn man in ebenem Gelände fährt, sitzt man aufrecht und angenehm auf dem Specialized Stumpjumper EVO S-Works. Allerdings lastet auch ein leichter Druck auf den Händen und für lange Touren ist es nicht das komfortabelste Bike. Im Uphill sitzt man relativ weit hinten und der Hinterbau nickt beim Pedalieren ein. Dieser Effekt macht sich bei steileren Aufstiegen und mit längerem Sattelauszug noch mehr bemerkbar. Wir empfehlen euch deshalb, den Sitz ganz nach vorne zu schieben und bei langen Climbs die Plattformdämpfung zu aktivieren. Im Vergleich zu seinem metallenen Bruder ist das Carbon-Bike jedoch durch das 1,7 kg geringere Gewicht spritziger.
Das Specialized Stumpjumper EVO S-Works ist präzise und direkt, aber trotzdem intuitiv zu fahren.
Startet man auf die Trail-Abfahrt, braucht man keine Eingewöhnungszeit, denn das S-Works ist intuitiv und einfach zu fahren. Der tief in das Bike integrierte Stand vermittelt Sicherheit und das Fahrwerk gibt den Federweg großzügig frei. So kann man über Trails heizen mit dem Komfort eines Sofas. Für große Schläge oder Landungen im Flat hat das Bike aber dennoch genug Reserven. Im Vergleich zum Alu-Stumpi ist die Carbon-Variante flinker, wendiger und leichter in die Luft zu bekommen. Fahrer, die gerne mit dem Trail spielen und an Kanten abziehen, sind damit also besser beraten. Durch die Carbon-Parts ist es außerdem direkter und setzt Richtungswechsel von Kurve zu Kurve schneller um, benötigt aber dennoch etwas Körpereinsatz. Es ist dabei ausreichend präzise, ohne fordernd zu sein – wie beispielsweise das Mondraker Raze RR SL.
Fazit
Das Specialized Stumpjumper EVO S-Works hat einen schlichten Look, ist hochwertig verarbeitet und super clean. Durch den extrem hohen Preis ist es allerdings eher ein Prestige-Objekt. Uns gefallen trotzdem die coole Integration mit SWAT und seine starken Allround-Qualitäten. Trotz des geringen Gewichts ist das S-Works jedoch nicht das beste Bike im Uphill. Es ist allerdings sehr einfach zu fahren und vermittelt viel Sicherheit auf dem Trail. Im Vergleich zur Alu-Variante ist es etwas spritziger und direkter.
Tops
- intuitives Handling
- cleaner, schlichter Look
- ausgereifte Tool- und Storage-Integration
Flops
- Preis
- kein Kletter-Ass
- metallische Gegenstände klappern in der SWAT-Box
Mehr Informationen findet ihr unter specialized.com
Das Testfeld
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Text: Simon Kohler Fotos: Peter Walker, Mike Hunger