Ich glaube, ich war schon immer Trail-Hund. Ich erinnere mich nicht, wann ich zum ersten Mal meinem Menschen auf dem Trail gefolgt bin, aber es muss sehr lange her sein – denn ich weiß noch, dass die Laufräder sehr klein waren, nicht so wie heute. Ich heiße Rufus, bin 7 Jahre alt und ich bin Laufradjäger.

Ich begann, die Laufräder meines Herrchens zu jagen, als sie noch sehr klein waren. Heute muss er größere kaufen, um mit mir mithalten zu können

Als Trail-Hund bin ich schon viel herumgekommen und habe fantastische Orte gesehen. Ich bin vom Tremalzopass zum Gardasee hinuntergerannt, habe an die wurzligsten Bäume in Finale Ligure gepinkelt, in einer Schutzhütte in den Alpen Pizza vom Tisch geklaut, bin mit der Seilbahn auf den Pic Blanc gefahren, während die Hubschrauber über der Megavalanche kreisten, und ich war dabei, als Fabien Barel die erste EWS gewann. Aber mein Liebling ist Joe Barnes, der riecht einfach hervorragend. Nun renne ich hauptsächlich in meinem neuen Zuhause bei uns in Schottland herum.

Mit den Bikes waren wir schon an ganz großartigen Orten. An diesem hier gab es aber leider keine Kaninchen

Mein Herrchen und ich hatten schon immer viel Spaß! Früher, als ich jünger und schneller war, überholte ich Trev gerne und wartete nach der nächsten Kurve auf ihn, als Überraschung. Er schrie immer vor Freude, wenn er mich auf dem Trail sitzen sah, und fuhr oft direkt ins Gestrüpp. Vielleicht suchte er Eichhörnchen? Er streichelte mir danach immer über den Kopf und nannte mich etwas; ich glaube, es war eher ein unhöfliches Wort. Als ich mal eine Biene fraß, half er mir nach Hause – meine Schnauze wurde sooo riesig, aber später haben wir viel darüber gelacht! Wir lernten auch tolle Tricks: Er brachte mir bei, aus seinem Rucksack zu trinken und ich zeigte ihm, wie man mithilfe großer Stöcke ganz schnell bremst. Es gab aber auch schwierige Momente. Einmal rannte ich sehr schnell und er dachte wohl gerade an Menschensachen, denn er knallte mit voller Wucht gegen einen Baum. Erst dachte ich, das sei ein neues lustiges Spiel, doch es muss sehr wehgetan haben, denn als ich sein Gesicht ableckte, spielte er nicht mit mir. Ich war sehr froh, als er schließlich aufstand, denn ich wusste ja den Weg nach Hause gar nicht.

2015, der Tag, als ich beim Campen eine Biene fraß. Trev machte sich eine Zeit lang Sorgen, doch als er merkte, dass es mir gut ging, fing er an zu lachen und nannte mich „Karpfenschnauze“. Ich weiß nicht, was er damit gemeint hat …

Es ist schon komisch, dass wir jeden Tag rausgehen, selbst dann, wenn es kalt ist und regnet. Ich weiß nicht, warum wir das tun. Manchmal würde ich lieber einfach nur am Kamin liegen und Netflix hören. Aber wir spielen dann immer dieses Spiel, das er so mag: Wenn das Wetter ganz schrecklich ist, dann tut er so, als ob er gar keine Lust hätte, rauszugehen. Doch wenn ich dann herumspringe und meine Leine hole … na ja, am Ende haben wir immer eine Menge Spaß. Einmal habe ich Trev aber wirklich sehr wütend gemacht, da rannte ich einem Kaninchen nach. Es war ein bitterkalter Tag und er hatte nicht genug Jacken mitgenommen, deshalb fror er, als er auf mich wartete. Keine Ahnung, warum er mir nicht einfach half, das Kaninchen zu fangen. Das ist nämlich entwischt.

Am Gardasee, 2014. Hier habe ich gepinkelt.

Eines Tages machten wir einen Ausflug mit einem E-MTB, das war hart. Ich hoffe sehr, wir kaufen uns nicht so eins. Es sieht aus wie ein normales Bike, aber es fuhr so schnell bergauf – wir müssen wohl auf der Jagd nach Kaninchen gewesen sein, aber ich konnte einfach keins riechen. Ein Glück hatte ich vor dieser Ausfahrt wenigstens etwas Essen von der Anrichte in der Küche geklaut. Über die Jahre habe ich viele Bikes kommen und gehen sehen, die Laufräder und die Kassetten wurden immer größer und dicker. Ich habe gesehen, wie das Radfahren Trevs Leben besser macht. Wenn er gestresst ist, geht es ihm nach einer langen Ausfahrt mit mir immer besser. Ich glaube, das tut ihm gut, und mich macht es auch glücklich. Dieses Jahr hat sich unser Leben verändert, es gibt jetzt einen neuen Trev im Haus, also er riecht genauso, aber er ist sehr, sehr klein. Für eine Weile fielen unsere Ausfahrten kürzer aus und manchmal wird es nachts sehr laut bei uns, aber wenn Trev und ich dann zusammen mit dem Bike unterwegs sind, ist es super, wie früher. Und der neue kleine Mensch hat auch schon ein Laufrad, vielleicht fährt der eines Tages auch mit uns?

Ich glaube, ich bin schneller als er

Sieben Jahre, so viele gemeinsame Abenteuer. Ich fühle mich nicht alt und meine Pfoten sind noch sehr stark, aber auf meinem Hundefutter steht jetzt „Senior“. Trev redet viel von der Papa-Plauze und von kürzeren Ausfahrten – ich weiß nicht genau, was das alles bedeutet, aber manchmal lasse ich ihn auf dem Trail gewinnen. Das macht ihn froh, glaube ich, denn er wird ja auch nicht jünger. Ich hoffe, wir können für immer zusammen auf den Trails unterwegs sein.


Dieser Artikel ist aus ENDURO Ausgabe #037

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Text: Rufus Fotos: sein Herrchen