Wir alle kennen und lieben das Gefühl der ersten Trailrunde im Frühling. Aber viele kennen – und hassen – wahrscheinlich auch die Ernüchterung, wenn bereits nach dem ersten Climb die Beine zu Wackelpudding werden. Hier zeigen wir euch Möglichkeiten, um durch Training abseits des Mountainbikes mehr Spaß auf dem Bike zu haben.

Bist du schon ready für die Bike-Saison? Egal, ob ihr Rennen fahren wollt oder nur zum Spaß unterwegs seid, die richtige Vorbereitung ist die halbe Miete. Dennoch starten 90 % der Biker unvorbereitet in die neue Saison. Kann man machen, muss man aber nicht – vor allem dann, wenn man seine Kumpels abziehen, neue Lines ausprobieren oder einfach nur mehr Spaß haben will! Besonders über den Winter erwischen wir uns immer häufiger beim Faulenzen und Bewegung ist leider oft Mangelware. Ehe man sich versieht, steht man nach vier Monaten auf der Couch plötzlich am Traileinstieg.
Die gute Nachricht: Es braucht keinen „I make you sexy“-10-Wochen-Fitnessplan mit Weight-Watchers-Diät. Bereits mit etwas Training könnt ihr schnell eure Fitness aus dem letzten Jahr reaktivieren und die nächste Trailparty vorbereiten. Selbst, wenn die Saison bereits im Gange ist, ist es noch immer sinnvoll, eine andere Art von Sport zu betreiben. Denn Mountainbiken ist natürlich das Geilste, aber man verbringt eben auch viel Zeit in einer sehr einseitigen Körperposition. Durch das passende Training kann die spezifische Belastung des Bikens und die dabei entstehenden Dysbalancen ausgeglichen werden. Eine richtige Vorbereitung hat viele Vorteile:

  • geringeres Verletzungsrisiko bei einem Crash, da die Gelenke durch stärkere Muskeln besser geschützt sind
  • mehr Trails ballern, da ihr nicht nach zwei Tagen Bike-Trip schon auf dem Zahnfleisch geht
  • weniger Armpump
  • bessere Konzentration auf der Abfahrt, wenn man nicht nach dem ersten Climb direkt aus allen Löchern pfeift
  • Kumpels leichter abziehen
  • mehr Spaß auf dem Bike!!

Die gute Nachricht ist: Es ist niemals zu spät, damit zu starten. Egal, ob euer erster Bike-Trip nur noch eine Woche entfernt ist oder ob die Saison bereits begonnen hat.

Aber welches Training ist das beste?

Wir müssen euch leider enttäuschen: Es gibt nicht ein bestes Training für alle, sondern nur das richtige für euch. Was am sinnvollsten ist, hängt von vielen Faktoren ab: Budget, was macht Bock und was lässt sich gut in das Privatleben und den Beruf integrieren, um nur ein paar zu nennen. Grundsätzlich ist das beste Fitnessprogramm das, was man auch macht. Hier kann man gut nach dem Leitsatz „mäßig, aber regelmäßig” gehen. Denn kein Hobby-Fahrer muss und sollte trainieren, wie es viele Profi-Fahrer auf Instagram und Co. präsentieren. Genau so, wie kein Amateur-Kampfsportler einfach anfangen sollte, mit irgendwelchen von Youtube abgeschauten Karate-Moves wild auf Backsteine einzukloppen. Was für Optionen es gibt, worauf man jeweils achten sollte und wie ihr am besten einsteigen könnt, zeigen wir euch im Folgenden!

Home Gym – Mini-Fitnessstudio für zuhause

Fitnessstudios haben zurzeit gefühlt häufiger geschlossen als geöffnet und was kann man machen, wenn man trotzdem Eisen biegen möchte? Einfach sein eigenes Fitnessstudio im Keller einrichten natürlich. Wer viel Platz und Motivation hat, kann das komplette Programm auffahren: Mit Lang- und Kurzhanteln, Gewichten, einem Rack und einer Bank ist man gut aufgestellt für die allermeisten Übungen. Allerdings braucht man dafür natürlich einen Raum, der groß genug ist, und das ganze Zeug ist auch nicht ganz günstig. Dafür kann man mit den schweren Gewichten am effektivsten maximale Kraft trainieren. Wer Oberschenkel wie Dangerholm haben möchte, ist damit also gut beraten. Allerdings setzt das auch einiges an Vorwissen voraus und die Motivation muss vorhanden sein. Never skip leg day!
Wer weniger Platz hat oder einfach lieber Training mit dem eigenen Körpergewicht machen möchte, der ist mit einem Schlingentrainer wie dem TRX gut beraten. Man kann ihn ganz einfach im Türrahmen, an einem Haken in der Decke oder auch an einem Baum befestigen. Durch die Instabilität der hängenden Schlaufen werden dabei die Balance- und Stabilitätsmuskeln im Rumpf und in den Schultern gefördert. Dadurch könnt ihr bei der nächsten OTB-Situation besser die Körperposition halten und küsst so hoffentlich nicht den Boden. Wer dabei noch genaue Erläuterungen benötigt, oder auch einen kleinen Motivationsboost, der kann mit einem monatlichen TRX-Abo on-demand und live Workout-Videos ansehen.
Ein Home-Gym kann also eine gute Variante sein, für alle, die gerne alleine trainieren, sich selbst motivieren können und auch schon ein bisschen Vorerfahrung mitbringen.

Crossfit – Geteiltes Leid ist halbes Leid

Für alle Workout-Muffel und diejenigen, die nicht gerne alleine zuhause vor dem Bildschirm trainieren: Viele Fitnessstudios bieten Crossfit-Kurse an, es gibt aber auch Crossfit-Boxen, die ausschließlich diese Art von Training anbieten. Es werden zwar viele Witze darüber gemacht, aber im Grunde ist Crossfit ein Workout mit vielen Facetten, die alle beim Biken gebraucht werden können: Es sind immer Elemente aus Cardio, Kraft und Gymnastik vorhanden, meistens auch mit einer Art von Intervalltraining. Auch wenn das in der Regel nicht auf dem Rad stattfindet, sondern in Form von Burpees oder auf der Rudermaschine, so hilft das doch, dass ihr nach einem Sprint auf dem Trail nicht direkt ein Sauerstoffzelt braucht. Die Gruppendynamik, die dabei herrscht, gibt euch einen dicken Motivationsschub und wenn ihr persönliche Bestleistungen bei den Übungen schafft, wird ähnlich gefeiert, wie wenn ihr einen fetten Gap springt. Durch die Anstrengung der Workouts wird eiserner Wille gestärkt, um es bis zum Ende durchzuziehen und das hilft natürlich auch, einen ekelhaft langen Climb rauszupressen. Wer also gerne in der Gruppe trainiert und ein vielseitiges Workout mag, sollte sich Crossfit mal genauer anschauen.

Roadbike – Bereit für Lycra?

Auch wenn Roadbiken von vielen Mountainbikern etwas belächelt wird, so gibt es doch viele Gemeinsamkeiten: Man sitzt im Sattel, ist an der frischen Luft und kann Group Rides mit seinen Kumpels machen. Und das alles ohne die Schlammschlacht, die im Winter oft auf den Trails herrscht. Natürlich muss der Platz, die Motivation und das Budget vorhanden sein, um ein weiteres Bike zu besitzen. Aber wenn man gewohnt ist, auf grobstolligen MTB-Reifen unterwegs zu sein, fühlt sich die Beschleunigung auf einem Roadbike an, als ob man bei Mario Kart einen Pilz-Boost einsetzt. Und apropos schnell: Ein netter Nebeneffekt ist, dass man sein subjektives Geschwindigkeitsempfinden pusht. Sobald man einmal mit 90 km/h einen Bergpass runter geknallt ist, fühlt sich eine MTB-Abfahrt recht langsam an. Und natürlich ist es der ideale Sport, um eine solide Fitness-Grundlage zu schaffen. Vor allem Grundlagentraining lässt sich mit dem Rennrad super absolvieren, da man damit besser in einem definierten Intensitätsbereich bleiben kann. Die Beine sind also lange Pedalier-Einheiten schon gewohnt und man ist super vorbereitet für ausgiebige Tage auf den Trails. Eventuell muss man sich etwas Gespött der MTB-Kumpels anhören, wenn man das erste Mal in Lycra schlüpft, das verstummt aber wieder ziemlich schnell, sobald man sie auf dem Trail komplett versägt. Dass Rennradfahren richtig Spaß machen kann, haben wir mit unserem Rennrad-Magazin GRAN FONDO bewiesen. Denn bei der Gründung waren wir auch alle Mountainbiker ohne Roadbike-Vorkenntnisse. Das hat es uns auch ermöglicht, Rennrad so zu interpretieren, wie wir mögen. Und das könnt ihr natürlich auch! Roadbiken ist also für alle, die sich nicht von dem etwas trockenen Image abschrecken lassen und auch ohne Mountainbike ihren Fix an Frischluft und in die Pedale treten haben wollen.

Indoor-Biking – Roadbiking ohne Wettereinfluss

Indoor-Biking ist vor allem eine Möglichkeit, auf dem Sattel zu sitzen, ohne dabei an Tageszeiten oder das Wetter gebunden zu sein. Denn auch wenn es im ersten Moment etwas zäh klingt, so gibt es inzwischen verschiedene Methoden, den Spaß daran zu maximieren. Wer schon einen Rollentrainer besitzt oder Omas alten Hometrainer aus dem Keller holen kann, für den ist Zwift interessant. Die App mit dem monatlichen Abo kann auf fast alle digitalen Endgeräte heruntergeladen werden und sobald man einen Powermeter oder Geschwindigkeitsmesser an sein Indoor-Setup angebracht hat, kann es losgehen. Einen detaillierten Guide, wie ihr mit eurem Mountainbike bei Zwift durchstarten könnt, findet ihr hier. Man startet in einer fiktiven Welt, in der man durch Pedalieren auf seinem Bike herumfahren kann. Dabei gibt es die Möglichkeit, mit anderen Spielern auf Live-Ausfahrten zu gehen oder um gegen sie um KOMs zu fahren. Die gesammelten Daten können dann auch an Strava übertragen werden. Durch diese Art der Gamefication wird eurem Workout somit Videospiel-Charakter eingehaucht.
Wenn Gaming nicht so euer Ding ist und ihr lieber Spinning-Class-Feeling ins Wohnzimmer holen möchtest, dann könnte Peloton das Richtige sein. Auch hier wird eine monatliche Subskription benötigt, aber darüber hinaus auch noch ein recht teures Peloton-Bike. Damit erhaltet ihr Zugriff auf ein großes Angebot an Live- und on-demand-Workouts. Zusätzlich zu den Bike-Kursen gibt es auch noch andere Angebote wie Pilates, Krafttraining oder Boxen. Dank vieler verschiedener Trainer bleibt es auch nach längerer Zeit noch abwechslungsreich und spaßig. Indoor-Biking ist also für all diejenigen, die die Fitness-Benefits des Roadbikens haben wollen, ohne sich dem Wetter, kurzen Tagen oder sonstigen Einflüssen unterzuordnen.

Yoga – Beweglich und ausbalanciert

Sind wir mal ehrlich: Niemand dehnt sich wirklich gerne. Klar, wir wissen alle, dass das gut für den Körper ist, aber den inneren Schweinehund überwinden, ist trotzdem schier unmöglich. Yoga kann aber mehr sein als nur stumpfes Dehnen. Durch die Bewegungsabläufe und die Konzentration auf den Atem kann es als physischer und psychischer Ausgleich fungieren. Die einseitige Körperhaltung, die wir durch viel Zeit auf dem Bike oder im Büro haben, wird ausgeglichen und es ist eine kleine Pause vom oft stressigen Alltag. Benötigt wird dafür zunächst nur eine Yoga- oder Sportmatte und die Vorteile, die es bringen kann, sind vielfältig: Es verbessert Beweglichkeit und Körperkontrolle, was sich auch auf die Körperposition auf dem Bike auswirkt. Man kann sich so ausrichten, wie das Gewicht gut verteilt ist, was auch zu einer erhöhten Sicherheit führt und in brenzligen Situationen helfen kann, den Körper so zu bewegen, dass man unerwartete Reaktionen des Bikes ausgleichen kann. Auch Fokus und mentale Stärke werden verbessert, was wiederum dabei hilft, sich besser auf den jetzigen Moment konzentrieren zu können und das Optimum aus jeder Session herauszuholen. Zudem werden Balance und Kraft – vor allem der Rumpfmuskulatur – gestärkt. Ein ganz wichtiger Aspekt dabei ist, dass Yoga kein Sprint ist, sondern ein Marathon. So kann eine Stunde pro Woche bereits gute Ergebnisse liefern und macht deutlich mehr Sinn, als ein überzogener Plan, der sich nicht mit eurem Alltag kombinieren lässt. Für den Einstieg gibt es eine Vielzahl von Youtube-Videos mit unterschiedlichen Längen, die einen guten ersten Kontakt mit niedriger Schwelle darstellen. Um die Basics richtig zu lernen, macht es aber auch hier Sinn, einen Kurs zu besuchen und herauszufinden, welcher Stil einem am meisten Spaß macht und welcher Lehrer das für euch am besten vermitteln kann. Und keine Sorge, niemand wird euch hier auslachen, wenn ihr in eurer ersten Stunde steif wie ein Stock seid. Denn obwohl Yoga Marathon-Charakter hat, so ist es doch kein Wettbewerb, jeder kann es so machen, wie es einem gefällt. Durch die verschiedenen Stile kann Yoga sowohl als ausgleichende Ergänzung zum Biken oder als Krafttraining genutzt werden. In jedem Fall wird dadurch euer Körpergefühl verbessert und es ist ein gutes Werkzeug, um eine kleine Pause vom Alltag zu haben.

Atemtechnik – Bewusst atmen für mehr Konzentration und Regeneration

„You are stronger than you think you are”, bewirbt der „Iceman“ Wim Hof auf seiner Website. Der Holländer ist hauptsächlich für seine Eisbade-Weltrekorde bekannt und beruft seine Kälteresistenz auf eine spezielle Atemtechnik. Tatsächlich hat ein Training der Atmung keinen Materialaufwand, kaum Zeitaufwand und einen großen Nutzen für Mountainbiker. So atmen wir in Stresssituationen oft kurz und flach und schränken damit unsere Sauerstoffaufnahme ein. Das passiert zum Beispiel, wenn wir vor einer wichtigen Prüfung oder einem wichtigen Termin stehen. Aber auch, wenn wir uns einen üblen Climb hochquälen oder einen besonders technischen Trail herunter arbeiten. Durch tiefes, bewusstes Atmen durch die Nase können wir in diesen Situationen Konzentration und Ausdauer verbessern. Das hilft auf dem Trail, sich voll auf die Abfahrt konzentrieren zu können und auch nach dem Climb weniger erschöpft auf dem Berg anzukommen. So kann eine Minute bewusstes Atmen am Tag bereits das Bewusstsein für den Atem langsam, aber stetig verbessern. Durch das Integrieren in Alltagsroutinen – zum Beispiel während der Kaffee durchläuft – kann so die Atemgewohnheit Stück für Stück verändert werden. Es gibt auch sehr viele Apps, die geführte Übungen anbieten. Wer direkt tief in das Thema einsteigen möchte, kann natürlich auch eine Expedition mit Wim Hof nach Spanien oder Polen buchen, und vom „Iceman” selbst mehr über das Thema lernen.

Oder einfach fahren trotz widriger Bedingungen?

Ja stimmt, es ist vor allem im Winter oft – gefühlt immer – nass, matschig und kalt auf den Trails. Aber manchmal muss man einfach über seinen eigenen Schatten springen. Denn gerade die Rides, die schwierig, unangenehm oder einfach nur anders sind, bleiben in Erinnerung. Oder könnt ihr euch noch daran erinnern, als ihr zum 134. Mal euren Hometrail bei normalen Bedingungen gefahren seid? Wenn man es nicht gewohnt ist, braucht es natürlich etwas Zeit, um sich an die anderen Geschwindigkeits- und Gripverhältnisse anzupassen, aber wenn man das mal geschafft hat, macht es auch im Matsch richtig Bock. Außerdem ist das Fahren unter diesen Bedingungen ein super Training für eure Technik, Balance und die Tiefenmuskulatur. Worauf es bei Winter-Rides ankommt, haben wir euch hier zusammengefasst.

Fazit

Ausgleichssport tut jedem gut. Egal, ob Ausgleich zum Alltag oder zum Biken. Für alle Bedürfnisse und Vorlieben gibt es das passende Training. Wichtig ist, sich nicht zu viel vorzunehmen, um den Jojo-Effekt zu vermeiden. Und einfach mal anfangen, nur so könnt ihr nach und nach neue Routinen für euren Alltag schaffen. Wir hoffen, wir konnten euch inspirieren, damit ihr eure nächste Trail-Runde mit einem dicken Grinsen, statt mit übersäuerten Oberschenkeln und schmerzenden Schultern beenden könnt.

„Das beste Fitnessprogramm ist das, was man auch macht


Hat dir dieser Artikel gefallen? Dann würde es uns sehr freuen, wenn auch du uns als Supporter mit einem monatlichen Beitrag unterstützt. Als ENDURO-Supporter sicherst du dem hochwertigen Bike-Journalismus eine nachhaltige Zukunft und sorgst dafür, das die Mountainbike-Welt auch weiter ein kostenloses und unabhängiges Leitmedium hat. Jetzt Supporter werden!

Text: Simon Kohler Fotos: Julian Lemme

Über den Autor

Simon Kohler

Simon liebt Geschwindigkeit. Als Downhill Skater ist er lange Zeit Rennen gefahren und mit seinem Longboard Alpenpässe runtergeknallt. Inzwischen hat er vier gegen zwei Reifen eingetauscht und heizt jetzt mit seinem Mountainbike auf Trails und Bikepark Lines. Bei verschiedensten Roadtrips durch die Alpen hat er seither einige der feinsten Trails Europas ausgekostet. Da er einige Zeit in Österreich gelebt hat, kennt er zudem die lokalen Bikeparks wie seine Westentasche. Durch sein Ingenieurstudium und seine Liebe zum Detail ist er ein echter Technik-Nerd und testet jetzt als Redakteur die aktuellsten Bikes und Parts auf Herz und Nieren. Als Frühaufsteher und selbsterklärter Müsli-Connaisseur lebt er sein Leben frei nach dem Motto „Powered by Oats. And also Legs.“