Das neue SCOTT Lumen eRide 900 SL sticht aus der Masse heraus. Auch in unserem Testfeld aus 8 High-End Light-E-MTBs zieht das elegante Lumen die Blicke auf sich. Es ist das leichteste, teuerste und das Bike mit der meisten Integration. Doch ist es auch das sportivste in unserem Vergleichstest?
SCOTT setzt seit einiger Zeit beim Design ihrer Bikes nicht nur auf Leichtbau, sondern auch auf extrem hohe Systemintegration. Bei ihrer neuen Generation an Mountainbikes ist dabei der Dämpfer in den Rahmen integriert und auch das Lumen eRide 900 SL macht da keine Ausnahme. Mit seinen 130 mm Federweg an Front und Heck liegt es sehr nah am Down-Country-Bike Spark und setzt ebenfalls auf einen abgestützten Eingelenker-Hinterbau mit flexibler Sitzstrebe. Mit einem Gewicht von genau 16 kg ist es leichter als so manches unmotorisierte Bike, aber mit einem Preis von 15.999 € auch teurer als so mancher Neuwagen.
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Light-E-MTB 2023 – 8 Modelle im Test
Das Light-E-MTB SCOTT Lumen eRide 900 SL 2023 im Detail
Der verbaute TQ HPR 50-Motor ist passend zur Formensprache des Lumens sehr dezent und elegant integriert. Kombiniert ist er mit dem TQ Display im Oberrohr, der minimalistischen Remote an der linken Lenkerseite und einer 360-Wh-Batterie. Diese ist fest im Rahmen verbaut und kann zum Laden nicht entnommen werden. Wer seine Reichweite mit dem Lumen erhöhen möchte, kann einen 160-Wh-Range-Extender statt einer der zwei Flaschenhaltern anbringen. Passend zum Thema Integration hat das SCOTT Minitools verstaut, wo es nur geht: in der hinteren Steckachse, im Flaschenhalter und sogar in beiden Lenkerenden. Ebenfalls SCOTT-typisch ist die TwinLoc-Funktion, mit der ihr mit zwei Hebeln am Lenker Gabel und Dämpfer zwischen den drei Modi Lockout, Traction Control und Descent umschalten könnt. Für ein Down-Country-Bike wie das Lumen hat das seine Daseinsberechtigung, benötigt allerdings etwas Eingewöhnungszeit und stört den sonst so cleanen Look durch die zusätzlichen Kabel und Hebel.
Die Ausstattung des Light-E-MTB SCOTT Lumen eRide 900 SL 2023
Die Ausstattung des SCOTT Lumen eRide 900 SL ist komplett auf Leichtbau getrimmt, wofür sie allerdings auch Abstriche bei der Trail-Performance macht. Das erste Beispiel dafür ist die FOX 34 Factory mit FIT4-Dämpfungskartusche: Die ist zwar sehr leicht und auch mit dem TwinLoc-System vom Lenker aus bedienbar, büßt aber dafür im Vergleich zur GRIP2 Sensibilität und Gegenhalt ein. Der FOX Nude 5T-Luftfederdämpfer ist eigens für SCOTT entwickelt und kann durch die Öffnung am Unterrohr eingestellt werden. Ebenfalls von FOX kommt die Transfer Factory-Dropperpost, die mit 150 mm den kürzesten Hub des Tests bietet und so eure Bewegungsfreiheit auf dem Bike einschränkt. Gestoppt wird das Lumen mit der Shimano XTR Vierkolbenbremse, die sowohl vorne als auch hinten auf 180-mm-Bremsscheiben beißt. Für schwere Fahrer oder bei langen Abfahrten raten wir euch zu größeren 200er-Scheiben für eine verbesserte Standfestigkeit. Die Gänge wechselt ihr mit der kabellosen SRAM XX1 Eagle AXS-Schaltgruppe. Das Fraser iC Onepiece-Carbon-Cockpit stammt von der Eigenmarke Syncros, hat eine Breite von 760 mm und Halterungen für Accessoires wie Lichter, Navi oder GoPro. Allerdings lässt der vorgeschriebene Shape keine Anpassung von Vorbaulänge oder Lenker-Rotation zu und zum Senken der Lenkerhöhe muss der Gabelschaft gekürzt werden. Ebenfalls von Syncros sind die Silverton SL2 Carbon-Laufräder, die zwar stylisch aussehen, mit einem Preis von 4.800 € pro Satz jedoch auch teuer zu ersetzen sind. Das kommt besonders zum Tragen, da das Lumen vorne und hinten Schwalbe Wicked Will-Reifen in mega dünner Super Race-Karkasse aufgezogen hat. Vorne mit speziell für Scott entwickelter ADDIX SpeedSoft Gummimischung und hinten mit ADDIX Speedgrip. Sie passen zwar zum Leichtbau-Konzept des Bikes, hier muss sich aber jeder selbst fragen: lieber 200 g Mehrgewicht für Reifen mit Super Trail-Karkasse oder ein neues 2.000-€-Laufrad? Für mehr Trail-Performance lohnt es sich zudem, Reifen mit weicherer Gummimischung zu verbauen.
SCOTT Lumen eRIDE 900 SL
15.999 €
Specifications
Motor TQ HPR 50 50 Nm
Battery TQ HPR Battery V01 360 Wh
Display TQ 0-LED
Fork FOX 34 Factory FIT4 130 mm
Rear Shock FOX Nude 5T 130 mm
Seatpost FOX Transfer Factory 150 mm
Brakes Shimano XTR 180/180 mm
Drivetrain SRAM XX1 Eagle AXS 1x12
Stem Syncros Fraser iC 70 mm
Handlebar Syncros Fraser iC Carbon 760 mm
Wheelset Syncros Silverton SL2 Carbon 29"
Tires Schwalbe Wicked Will Super Race ADDIX Soft/Schwalbe Wicked Will Super Race ADDIX Speed Grip 2,4/2,4
Technical Data
Size S M L XL
Weight 16 kg
Perm. total weight 128 kg
Max. payload (rider/equipment) 112 kg
Trailer approval nein
Kickstand mount nein
Specific Features
inkl. 160 Wh Range-Extender
TyreWiz
Tuning-Tipp: robustere Reifen wie Schwalbe Super Trail an Front und Heck | Reifen mit weicherer Gummimischung für mehr Trail-Performance
Die Geometrie des Light-E-MTB SCOTT Lumen eRide 900 SL 2023
Auch wenn das SCOTT Lumen eRide 900 SL das einzige Down-Country E-Bike im Test ist, sind die Geometriewerte sehr ähnlich zu den anderen Bikes im Test. Das Sattelrohr ist allerdings mit 480 mm bei einem Reach von 476 mm das längste im Test. Zudem lässt sich die kurze 150-mm-Dropper nicht vollständig im Rahmen versenken und schränkt eure Bewegungsfreiheit noch weiter ein. Die Kettenstreben haben über alle Rahmengrößen hinweg eine Länge von 450 mm und sind damit die längsten im Test. Um euer Setup zu vereinfachen, ist an der linken Außenseite des Rahmens ein SAG-Indikator angebracht, und die Klappe, mit der man an den Dämpfer herankommt, ist leicht zu öffnen. Im Vergleich zum Setup bei herkömmlichen Dämpfern ist es dennoch etwas umständlicher.
Größe | S | M | L | XL |
---|---|---|---|---|
Sattelrohr | 415 mm | 440 mm | 480 mm | 520 mm |
Oberrohr | 562 mm | 589 mm | 620 mm | 645 mm |
Steuerrohr | 110 mm | 110 mm | 120 mm | 135 mm |
Lenkwinkel | 65.5° | 65.5° | 65.5° | 65.5° |
Sitzwinkel | 76.8° | 77° | 77.2° | 77.5° |
Kettenstrebe | 450 mm | 450 mm | 450 mm | 450 mm |
BB Drop | 38 mm | 38 mm | 38 mm | 38 mm |
Radstand | 1.176 mm | 1.206 mm | 1.240 mm | 1.270 mm |
Reach | 416 mm | 446 mm | 476 mm | 501 mm |
Stack | 615 mm | 615 mm | 625 mm | 638 mm |
Das Light-E-MTB SCOTT Lumen eRide 900 SL 2023 auf dem Trail
Das Motorfeeling des TQ passt zum SCOTT wie süßer Senf zu Weißwürscht. Man bekommt nur minimale Unterstützung, und das auch nur bei einer sportlich hohen Trittfrequenz. Zudem ist der Motor klein, leicht und elegant integriert. Die Sitzpositionauf dem Lumen ist sportlich, genau wie man es erwarten würde. Dennoch sitzt man auf dem SCOTT komfortabel und auch bei langen Fahrten nicht ungemütlich. Durch die nach vorne gebeugte Position lassen sich auch steile Rampen erklimmen, ohne extra Druck auf die Front zu bringen. Das macht das Lumen zu einem guten Kletterer, auch wenn es nicht die stärkste Unterstützung bietet. Mit seinen gerade einmal 16 kg ist es aber auch leicht eine Passage hochgetragen ;). Auch im offenen Modus ist der Hinterbau angenehm straff und der Griff zum TwinLoc lohnt sich nur, wenn man auf der Jagd nach Uphill-KOMs ist oder an seinen Kumpels vorbeisprinten will. Zumal der Traction Control-Modus auf technischen Climbs bereits zu straff ist und Traktion kostet.
Das SCOTT Lumen ist ohne Frage der Meister der Integration und kombiniert das mit einem eleganten Look.
Bergab bietet das SCOTT ein spritziges, direktes Fahrgefühl mit viel Gegenhalt. Auf flachen, flowigen Trails bringt es einen hohen Fun-Faktor. Von einem Anlieger in den nächsten zu fliegen, über jede kleine Bodenwelle drüberzupumpen und das Heck in Kurven rein schnalzen zu lassen, geht nur mit dem Pivot Shuttle SL noch besser. Wird der Trail anspruchsvoller, ist man im ersten Moment erst einmal überrascht, dass der kleine Down-Country-Flitzer auch immer noch gut mithalten kann – auch wenn der verbaute Syncros-Mudguard am Vorderrad mit rougheren Trails mehr und mehr nervig klappert. Wird es dann aber zu wild, wird die Trail-Performance des SCOTT durch seine Komponenten eingeschränkt. Der schmale Syncros-Lenker drückt durch seine Form die Ellenbogen nach innen, was in der Abfahrt Kontrolle und Selbstvertrauen kostet. Durch die super dünnen und harten Reifen muss man zudem viel Luftdruck fahren, um Schäden an den sensiblen Laufrädern zu vermeiden. Dadurch wird die Traktion verringert und das kostet noch mehr Sicherheit. Auch wenn sich das Bike noch gut handeln lässt, fehlt es ihm an Reserven und so kommt man schnell an das Ende der 130 mm an Federweg – und fährt dann auch schnell über das Limit hinaus.
Auf dem Trail hätte das Lumen eigentlich mehr Potenzial als man zunächst vermuten würde, wird aber durch seine Ausstattung ausgebremst.
Fazit
Das SCOTT Lumen eRide 900 SL ist ohne Zweifel ein außergewöhnliches Bike. Mit seinem extrem hohen Maß an Integration zieht es die Blicke auf sich. Allerdings bei einem sehr hohen Preis mit einem kleinen Einsatzgebiet. Als Down-Country-Bike ist das Lumen ein effizienter Kletterer und bietet auf flowigen Trails viel Spaß. Es hätte zwar ein größeres Trail-Potenzial, werden die Trails aber anspruchsvoller, wird das Lumen jedoch durch seine Ausstattung ausgebremst und erreicht dann schnell das Limit.
Tops
- extrem hohes Maß an Integration
- effizienter Kletterer
- hoher Spaßfaktor auf flowigen Trails
Flops
- sehr hoher Preis bei kleinem Einsatzgebiet
- Trail-Potenzial wird durch Ausstattung ausgebremst
Mehr Informationen findet ihr unter scott-ports.com
Das Testfeld
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Light-E-MTB 2023 – 8 Modelle im Test
Alle Bikes im Test: Focus Jam² SL 9.9 2023 (Zum Test) | Forestal Siryon Diode (zum Test) | Haibike LYKE CF SE (zum Test) | Orbea Rise M-LTD (Zum Test) | Pivot Shuttle SL Pro X01(Zum Test) | SCOTT Lumen eRIDE 900 | SIMPLON Rapcon Pmax TQ (Zum Test) | Trek Fuel EXe 9.9 XX1 AXS (Zum Test)
Hat dir dieser Artikel gefallen? Dann würde es uns sehr freuen, wenn auch du uns als Supporter mit einem monatlichen Beitrag unterstützt. Als ENDURO-Supporter sicherst du dem hochwertigen Bike-Journalismus eine nachhaltige Zukunft und sorgst dafür, das die Mountainbike-Welt auch weiter ein kostenloses und unabhängiges Leitmedium hat. Jetzt Supporter werden!
Text: Simon Kohler Fotos: Peter Walker, Mike Hunger