Seit der Gründung 1976 ist Öhlins Racing ein integraler Bestandteil der Motorsport-Rennszene. Auch über Mountainbikes wissen die Schweden einen riesigen Erfahrungsschatz, doch erobert die Öhlins RXF36 M.2 auch gegen ernstzunehmende Konkurrenz die Poleposition?

Öhlins RXF 36 M2 Air | 2,14 kg | 1.189 € | Hersteller-Website

Öhlins ist stolz auf seine hochdekorierte Racing-Vergangenheit und die kultigen, schwarz-goldenen Stoßdämpfer schmücken schon seit Jahrzehnten führende Rennwagen und Motorräder aus der MotoGP-Serie bis hin zur Rallye-Weltmeisterschaft. Zudem wissen die Schweden die ein oder andere Sache über Mountainbike-Fahrwerke – und die neue, 2,14 kg leichte Öhlins RXF36 M.2-Federgabel steht dafür als Beweis. Die Öhlins RXF36 M.2 ist Öhlins Antwort auf die FOX 36 und RockShox Lyrik, besitzt ein steifes Casting mit 36-mm-Standrohren und eine überarbeitete Gabelkrone, die nicht länger über den polarisierenden eingebauten Gabelkonus verfügt. Erhältlich ist die RXF36 M.2 mit 120, 130, 140, 150, 160 und 165 mm Federweg als Stahlfeder-Version und mit 150, 160, 170 und 180 mm als Luftfedergabel. Zudem ist die Gabel als 27,5”-Modell mit einem Offset von 38 oder 46 mm verfügbar sowie als 29”-Modell mit 44 oder 51 mm Offset. Das Casting besitzt markante blaue SKF-Dichtungen. Genau wie FOX mit der Kabolt-Achse der FOX 38 nutzt auch Öhlins eine schwimmend gelagerte Achse mit Klemmschraube, die es der Federgabel erlaubt, verschiedene Toleranzen hinsichtlich der Naben-Breiten aufzunehmen. Die Luftfeder verfügt über drei Kammern: je eine konventionelle Positiv- und Negativkammer, die über einen Transfer-Port zum Ausgleich der Drücke miteinander verbunden sind, sowie eine dritte Ramp-Kammer, mit der sich die Progression der Federgabel kontrollieren lässt. Im Gegensatz zur IRT-Kammer der Manitou Mezzer sitzt die Ramp-Kammer unter der Hauptkammer und arbeitet mit einem höheren Druck als die Positivkammer. Federt die Gabel ein, erhöht sich der Druck in der Positivkammer, sodass diese beginnt, nach unten auf den Kolben der Ramp-Kammer zu drücken. Die unterschiedlichen Luftdrücke in den beiden Kammern beeinflussen sowohl den Mittel- als auch Endbereich des Federwegs. Mehr Druck in der Ramp-Kammer bedeutet mehr Progression und einen steileren Anstieg der Kennlinie, doch anders als beim Einsatz von Tokens ist dieses System dynamischer und erlaubt eine stufenlose Einstellung. Auf Seiten der Dämpfung kommt Öhlins’ TTX-18-Dämpfung mit Twin-Tube-Konstruktion zum Einsatz. Diese besitzt 16 Klicks an Low- sowie 4 Klicks an High-Speed-Druckstufeneinstellung und 18-Klicks an Zugstufenkontrolle. Die High-Speed-Druckstufe wird mittels eines Shimstacks kontrolliert, sodass in einem Service-Center verschiedene Abstimmungen der Gabel gewählt werden können, wenn ein anderer Tune der Gabel gewünscht ist. Die Verarbeitungsqualität ist erste Sahne: Alles fühlt sich super robust und wertig an, sämtliche Einstellrädchen besitzen interne Dichtungsringe aus Gummi und geben ein knackiges Feedback.

Die Luftfeder besitzt drei Kammern: je eine selbstausgleichende Positiv- und Negativkammer und eine dritte Ramp-Kammer, die die Progression der Federgabel beeinflusst.
Die Twin-Tube-Dämpfung erlaubt es dem Öl, sich zwischen den beiden Tubes hin und her zu bewegen und verringert so das Risiko von Kavitation.
Die Verarbeitungsqualität der Öhlins RXF36 M.2 Air ist erstklassig. Alles fühlt sich robust und wertig an und der komplett schwarze Look ist äußerst elegant.

Setup der Öhlins RXF36 M.2

Genau wie bei den anderen Federgabeln mit drei Luftkammern in diesem Test muss man sich strikt an die Reihenfolge halten, in welcher die drei Kammern der Federgabel mit Luft zu befüllen sind. Der Luftdruck der Ramp-Kammer wird durch den Druck in der Hauptkammer beeinflusst, daher ist es wichtig, zuerst die Ramp-Kammer unter Druck zu setzen. Öhlins hat die empfohlenen Luftdrücke auf den Tauchrohren angebracht und bietet zudem online einen detaillierten Setup-Guide an. Die Luftdrücke in der Haupt- und Ramp-Kammer sind hoch, ca. 100 bzw. 200 psi bei einem 80 kg schweren Fahrer. So sind kleine Veränderungen des Drucks von 1–2 psi weniger bedeutend als bei Federgabeln wie der Manitou Mezzer – wichtig zu wissen, wenn man nicht der Genaueste im Umgang mit einer Dämpferpumpe ist. Die Druckstufen- und Zugstufen-Einstellrädchen besitzen äußerst markante und definierte Klicks, was das Setup einfacher macht. Wir hielten uns an die von Öhlins empfohlenen Einstellungen und erhielten ein erstklassiges Setup für natürliche Trails, mit ausgewogenem Support und sehr gutem Grip.

Die Öhlins RXF36 M.2 auf dem Trail

Auf dem Trail beeindruckte uns die Federgabel absolut, gleichzeitig bietet sie auch ein äußerst einzigartiges Fahrgefühl, das sich schwer beschreiben lässt. Während man bei Federgabeln wie der FOX 36 das Gefühl hat, von der Feder getragen zu werden, fühlt es sich mit der Öhlins eher an, als würde man auf einem Kissen aus ölgedämpfter Luft unterwegs sein, dabei arbeitet sie jedoch von Beginn an feinfühlig. Mittelgroße Schläge schluckt die Dämpfung problemlos weg. Bei kleineren Unebenheiten fehlt ihr das Feedback und die Sensitivität der Rockshox Lyrik oder FOX 36, arbeitet dafür im mittleren Federwegsbereich geschmeidig. Die Federgabel ist spürbar stärker gedämpft als die anderen Gabeln im Test. Deshalb nutzten wir auf natürlichen Trails eine nahezu komplett geöffnete Druckstufen-Einstellung. Von der Öhlins profitieren am meisten erfahrene Biker, die mit Vollgas unterwegs sind. Bei unseren Experimenten mit den Luftdrücken in der Ramp-Kammer zeigte sich, dass die Federgabel sich so abstimmen lässt, dass sie äußerst unterschiedliche Persönlichkeiten aufweist. Abhängig vom Luftdruck reicht das Spektrum dabei von sensibel und linear bis hin zu „noch immer geschmeidig“, aber mit einer absolut straffen Progression für extrem schnelle Fahrer. Auch wenn wir nicht ständig Veränderungen vornahmen, schätzten wir die Fähigkeit, die Federgabel im Handumdrehen und allein mit einer Dämpferpumpe an die eigenen Bedürfnisse anpassen zu können. So lässt sich die Performance des Mittel- und Endbereichs des Federwegs je nach Location anpassen.

Die Federgabel ist stark gedämpft, weshalb wir die Druckstufe auf natürlichen Trails nahezu komplett offen fahren. Die Öhlins funktioniert am besten in den Händen von erfahrenen Bikern, die mit Vollgas unterwegs sind.

Die Öhlins RXF36 M.2 Air-Federgabel verfügt über hochwertige SKF-Staubdichtungsringe und erwies sich zwischen unseren Services als robust und geschmeidig.
Auch wenn die Öhlins RXF36 M.2 Air-Federgabel relativ komplex ist, erwies sie sich als leicht einstellbar – solange man dem Handbuch folgt.

Wie schlägt sich die Öhlins RXF36 M.2 im Vergleich zur Konkurrenz?

Die 1.189 € teure Öhlins ist eine herausragend arbeitende Federgabel. Die Dämpfung der Federgabel fällt relativ stark aus, sodass Fahrer, die nach einem super schluckfreudigen Setup für gemächliche Geschwindigkeiten suchen, sie als weniger sensibel empfinden könnten als die FOX 36 oder DVO Onyx. Sie ist definitiv eine Federgabel, die sich umso besser anfühlt, je schneller man fährt. Auf natürlichen Trails mit großen Schlägen und in Bikeparks (bei höherem Druck in der Ramp-Kammer) bietet die Öhlins einen außerordentlich starken Support und eine Menge Grip. Sie arbeitet genauso gut wie die Lyrik und Manitou Mezzer und frisst sich mit Leichtigkeit durch die ruppigsten Trails. Allerdings ist sie ein wenig zu teuer, sodass sie die RockShox Lyrik nicht ganz von ihrem Kauftipp-Thron stoßen kann. Doch als Race-Federgabel würden wir die Öhlins der FOX 36 vorziehen, da sie über eine vergleichbare Performance im Mittel- bis Endbereich ihres Federwegs verfügt, dabei jedoch eine weitaus feiner abstimmbare Kennlinie besitzt.

Fazit

Auch wenn zusätzliche Luftkammern zur Optimierung kompliziert klingen mögen, lässt sich die Öhlins in der Praxis super easy einstellen und performt außerordentlich stark. Sie ist steifer und besser als die originale RXF und daher eine ernstzunehmende Alternative zu den Giganten FOX und RockShox. Mit ihrer straffen Dämpfungsabstimmung arbeitet die Öhlins RXF36 M.2 etwas weniger sensibel als die besten Modelle im Test. Insgesamt ist sie eine Federgabel, die sich für schwere oder aggressivere Fahrer am besten anfühlt – und je schneller ihr unterwegs seid, desto besser wird sie.

Tops

  • fein abstimmbar dank der Ramp-Up-Kammer
  • Support und Performance sind exzellent

Flops

  • zu stark gedämpft für leichtere Fahrer
  • mäßiges Ansprechverhalten bei kleinen Schlägen

Mehr Infos gibt es auf der Hersteller-Website. Ihr wollt wissen wie sich die Öhlins RXF36 M.2 im Vergleich zur Konkurrenz schlägt? Dann seid ihr hier fündig!

Alle Federgabeln im Test: DVO Onyx SC D1 | FOX 36 2021 Grip2 Factory | FOX 38 2021 Grip2 Factory | Manitou Mezzer PRO | Marzocchi Bomber Z1 Coil | MRP Ribbon Coil | Öhlins RXF36 M2 Air | RockShox Lyrik Ultimate 2021 | RockShox ZEB Ultimate


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Text: Fotos: Finlay Anderson