Neues Jahr, neues Ich. Das dachte sich MERIDA, als sie letztes Jahr ihre neue Designsprache vorgestellt haben. Denn das ONE-FORTY 10K kommt im neuen, eleganten Look und teilt sich die Rahmenplattform mit dem ONE-SIXTY, das uns bei Tests in der Vergangenheit bereits beeindruckt hat. Doch was kann der kleine Bruder?

MERIDA ONE-FORTY 10K | 150/143 mm (v/h)
14,1 kg in Größe L | 11.699 € | Hersteller-Website

MERIDA ist einer der größten Bike-Hersteller der Welt, doch auf den Trails sind Bikes der Taiwanesen nur selten zu sehen. Mit den neuen Modellen könnte sich das jedoch schnell ändern, denn sie kennzeichnet ein schicker Look und ein ziemlich spannendes Geometrie- und Größenkonzept. Der Clou: Die Rahmen sind nicht nach Höhe, sondern nach Länge geordnet und mit einem steilen, weit vorgezogenen Sitzwinkel ausgestattet. Zudem wird der Dämpfer Tune an die Rahmengröße angepasst, sodass größere – und damit meistens schwerere – Fahrer auch das volle Potenzial des Hinterbaus nutzen können. Der elegante Carbon-Rahmen mit flexiblen Sitzstreben bringt 14,1 kg auf die Waage und ist mit 150 mm Federweg an der Front und 143 mm am Heck ausgestattet. Seltsame Zahlenspiele: Das ONE-FORTY 10K kostet, entgegen dem, was der Name vermuten lassen könnte, „glatte“ 11.699 €. Damit ist das MERIDA das teuerste analoge Bike im Test. Doch bedeutet viel Geld gleich viel Fahrfreude?

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Das MERIDA ONE-FORTY 10K 2023 im Detail

Der Rahmen des ONE-FORTY 10K hat eine schlichte, gerade Linienführung und sticht durch den edel wirkenden grün-braun schimmernden Lack sofort ins Auge. Dezent: Auch an kleinen Details, wie der Bremsaufnahme, die hinter der Sitzstreben versteckt ist, wirkt das MERIDA elegant und durchdacht. Ein Toolstrap an der vorderen Dämpferaufnahme sowie ein kleines Multitool unter dem Sitz sind bereits vorinstalliert – nice! Beim ONE-FORTY ist zudem eine Serviceklappe unten am Unterrohr verbaut, die gleichzeitig als Staufach dient. Im Inneren befindet sich eine Tasche, in der ein kleines Pannenset verstaut ist, was super praktisch ist. Zum Öffnen braucht ihr einen 6er-Inbus, der clever in der hinteren Steckachse verstaut ist. Auf den Kettenstreben ist neben dem großzügigen und effektiven Schutz ein großer Fender angebracht, der das Hauptlager des Hinterbaus und das Sattelrohr vor Dreckbeschuss schützt. Die Züge laufen mit dem weit verbreiteten Acros-System durch den Steuersatz. Weniger gut: Im Bereich des Hinterbaus geben sie aber ein deutliches Klappern von sich.

Die Ausstattung des MERIDA ONE-FORTY 10K 2023

Wie man es bei dem Preispunkt erwarten kann, hat das ONE-FORTY 10K eine durchweg edle Ausstattung verbaut. Das FOX Factory-Fahrwerk besteht aus einer 36er-Gabel und einem FLOAT DPS-Dämpfer. Während die Gabel mit der GRIP2-Dämpfungskartusche gewohnt top Performance und maximale Einstellbarkeit bietet, handelt es sich beim DPS-Dämpfer um die abgespeckte Version – ohne Ausgleichsbehälter des in vielen anderen Bikes verbauten FLOAT X. Das Gewicht, das dabei gespart wird, bedeutet allerdings Einbußen in Trail-Performance. Die LIMOTEC-Sattelstütze lässt sich zwischen 30 und massiven 230 mm Hub verstellen. Zudem ist sie über alle Rahmengrößen voll versenkbar – mega! Damit ist das MERIDA eines der wenigen Bikes mit einer schön langen Dropperpost im Test. Gebremst wird mit Shimano XTR, die zusammen mit den 200er-ICE-TECH-Scheiben an Front und Heck für ordentliche Verzögerung sorgen. Als Schaltung dient die SRAM XX Transmission, die direkt am Rahmen des MERIDA befestigt wird. Das Schaltauge – und auch die Einstell-Schräubchen – fallen dabei weg! Durch den Mix aus Shimano-Bremsen und SRAM-Schaltung setzt das ONE-FORTY 10K auf eine Infinity-Klemme, die sehr viele Einstellmöglichkeiten des Schalt-Pods zulässt. Auf die Reynolds BL 329 Carbon-Laufräder ist die Kombination aus MAXXIS DHF und MAXXIS DISSECTOR aufgezogen. Die gute Reifenwahl wird mit einer soliden Wahl der Karkasse ergänzt. Eine EXO-Variante an der Front und eine EXO+ am Heck. Allerdings kommen beide Reifen in der härteren MaxxTerra-Gummimischung. Tuning-Tipp: Wenn ihr zusätzlich an der Front noch einen Reifen mit weicherer MaxxGrip-Gummimischung fahrt, bekommt ihr massig Extra-Grip.

Die Ausstattung des ONE-FORTY ist durchweg edel und besonders die superlange, voll versenkbare Dropper ist ein Highlight.

Ausgleich benötigt
Das MERIDA ist neben dem SCOR das einzige Bike, das einen Dämpfer ohne Ausgleichsbehälter verbaut hat. Die Trail-Performance leidet darunter allerdings.
Long John Silver
Der Name ist hier Programm, denn das MERIDA in Größe L ist wirklich lang – das Bike mit dem längsten Reach im Test.
Versteckt
Im Unterrohr ist eine Serviceklappe, die gleichzeitig als Staufach dient – inklusive Pannenreparatur-Tasche.
Ungleiche Partner
Da das MERIDA Shimano-Bremsen mit einer SRAM-Schaltung mischt, muss der Trigger an einer extra Schelle angebracht werden. Das schränkt die ergonomische Einstellung etwas ein.
Custom-Lösung
Die Hinterbremse ist an einer speziellen Aufnahme geschützt innerhalb der Sitzstrebe angebracht – schick!

MERIDA ONE-FORTY 10K

11.699 €

Specifications

Fork FOX 36 Factory GRIP2 150 mm
Rear Shock FOX FLOAT DPS Factory 143 mm
Seatpost LIMOTEC Merida Team TR II 230 mm
Brakes Shimano XTR 200/200 mm
Drivetrain SRAM XX SL Transmission 1x12
Stem MERIDA Expert 60 mm
Handlebar MERIDA TEAM TR 780 mm
Wheelset Reynolds BL 329 Carbon 29"
Tires MAXXIS DHF, EXO, MaxxTerra/MAXXIS DISSECTOR, EXO+, MaxxTerra 2,5"/2,4"

Technical Data

Size XS S M L XL
Weight 14,1 kg

Specific Features

Toolstrap
Tool unter Sattel
Flip-Chip

Tuning-Tipp: robustere Reifen mit EXO+ Karkasse und weicherer Gummimischung vorne

Helm Sweet Protection Bushwhacker 2Vi Mips | Brille Delayon Line Tracer | Shirt 7Mesh Roam Shirt LS
Hose Monserat Trailpants | Schuhe Ride Concepts Accomplice

Die Geometrie des MERIDA ONE-FORTY 10K 2023

Das ONE-FORTY 10K wird in 5 Größen von XS bis XL angeboten. Allerdings nutzt MERIDA ein Geometriekonzept, das die Bikes nach Länge aufteilt, statt nach Höhe. S steht dabei für Short und L für Long. Und in der von uns getesteten Größen Long ist es genau das: lang! Ihr solltet eure Rahmengröße daher mit Bedacht wählen. Gut zu wissen: Zugunsten der Agilität lohnt sich der Griff zur kleineren Rahmengröße. Mit einem Reach von 509 mm ist es mit Abstand das längste Bike im Test, wobei das Sattelrohr mit einer Höhe von 445 mm dafür schön kurz ist. Die Kettenstreben sind über alle Rahmengrößen hinweg 437,5 mm lang und wachsen nicht mit. Da sich der Reach aber ändert, verändert sich auch die Balance auf dem Bike über die Größen hinweg. In der Dämpferaufnahme befindet sich ein Flip-Chip, mit dem ihr das Bike zu einem Mullet mit gemischter Laufradgröße umbauen könnt.

Größe XS S M L XL
Oberrohr 532 mm 559 mm 586 mm 618 mm 649 mm
Sattelrohr 400 mm 410 mm 425 mm 445 mm 470 mm
Steuerrohr 95 mm 95 mm 95 mm 105 mm 120 mm
Lenkwinkel 65,0° 65,0° 65,0° 65,0° 65,0°
Sitzwinkel 80,0° 80,0° 80,0° 80,0° 80,0°
Kettenstrebe 438 mm 438 mm 438 mm 438 mm 438 mm
Tretlagerabsenkung 35 mm 35 mm 35 mm 35 mm 35 mm
Radstand 1.177 mm 1.204 mm 1.232 mm 1.265 mm 1.298 mm
Reach 426 mm 453 mm 480 mm 509 mm 535 mm
Stack 607 mm 607 mm 607 mm 616 mm 629 mm

Das MERIDA ONE-FORTY 10K 2023 auf dem Trail

Erste Überraschung: Geht es mit dem MERIDA zum Trail-Einstieg, sitzt man durch den steilen Sitzwinkel nicht so gestreckt, wie es der lange Reach vermuten lassen würde. So ist die Position auf dem Bike komfortabel, ohne zu viel Druck auf den Händen. Dennoch bleibt die Front auch in steilen Passagen am Boden und ihr könnt weiterhin Lenkimpulse geben. Das Fahrwerk ist straff, von Wippen keine Spur, und so tritt man mit dem ONE-FORTY effizient und spritzig jeden Berg hoch.

Das MERIDA ist das längste Bike im Test, was auf der einen Seite Laufruhe bringt, aber auch einiges an Agilität kostet.

Startet man dann in Richtung Tal, spürt man die Länge des Bikes aber deutlich. Zweite Überraschung: Die Balance zwischen Front und Heck bleibt dennoch gut. Weniger gut ist aber, dass man recht hoch im Bike steht, statt darin integriert zu sein. Dies erzeugt mitunter ein etwas stelziges Fahrgefühl. Enge Haarnadeln oder Umsetz-Trails gehören somit nicht zum Spezialgebiet des ONE-FORTY. Am Anfang fühlt sich zudem die Position des Sattels, der durch den steilen Sitzwinkel sehr weit vorne zwischen den Beinen sitzt, ungewohnt an, nach ein paar Laps hat man sich aber daran gewöhnt. Das Bike lässt sich intuitiv steuern und braucht somit keine lange Eingewöhnungszeit. Je härter man das ONE-FORTY pusht, desto mehr geht es ab. Das liegt unter anderem an dem straffen Fahrwerk, das viel Feedback vom Untergrund liefert, allerdings etwas an Sensibilität vermissen lässt. Ein Update auf einen Dämpfer mit Piggy-Back wäre hier hilfreich. Damit ist das MERIDA perfekt geeignet für glatt geschleckte Flowtrails mit vielen Anliegern, Wellen und Jumps. Die enorme Länge des Bikes kostet allerdings einiges an Spritzigkeit und so gehört das MERIDA zusammen mit dem GHOST und dem CUBE zu den am wenigsten agilen Bikes im Test. Auf der Gegenseite profitiert ihr von der Länge, wenn es richtig schnell wird. Denn hier bietet es eine gute Laufruhe, die auf einem Level mit dem Cannondale oder Santa Cruz Hightower ist.

Für wen ist das MERIDA ONE-FORTY 10K?

Das ONE-FORTY 10K ist für alle, die Bock auf eine starke Rahmenplattform mit durchdachten Details haben. Aber Augen auf bei der Größenwahl, denn ein zu langes Bike kostet schnell Agilität, was den Fun-Faktor des Trail-Bikes etwas killt. Für stolze 11.699 € leidet so auch das Preis-Leistungs-Verhältnis des ONE-FORTY. Pluspunkt: Bei MERIDA hat man den Komfort eines großen Händlernetzwerks und somit kein Problem, Werkstätten für Service- oder Reparaturarbeiten zu finden.

FAHREIGENSCHAFTEN

UPHILL

  1. schwerfällig
  2. effizient

AGILITÄT

  1. träge
  2. verspielt

LAUFRUHE

  1. nervös
  2. laufruhig

HANDLING

  1. fordernd
  2. gutmütig

FAHRWERK

  1. unsensibel
  2. feinfühlig

FAHRSPAß

  1. langweilig
  2. lebendig

PREIS-LEISTUNG

  1. schlecht
  2. sehr gut

EINSATZBEREICH

Cross Country

Trail

Enduro

Downhill

Das Fazit zum MERIDA ONE-FORTY 10K

Das MERIDA ONE-FORTY 10K ist das teuerste Analog-Bike im Test, fällt aber durch das edle Design auf. Es bietet eine gute Rahmenplattform mit einigen smarten Features wie einem Toolstrap oder der langen Dropperpost. Auf dem Trail legt das MERIDA zwar viel Laufruhe, aber auch ein träges, sperriges Handling an den Tag, was den Fun-Faktor trübt. Das Fahrwerk lässt zudem etwas an Sensibilität vermissen, brilliert dafür aber mit viel Gegenhalt, wodurch es auf Flowtrails ordentlich Meter machen kann.

Tops

  • gute Laufruhe bei Highspeed
  • einzigartiges Geometriekonzept
  • nützliche Rahmen-Features

Flops

  • sperrig in engen Kurven
  • unsensibles Fahrwerk

Mehr Informationen findet ihr unter merida-bikes.com

Das Testfeld

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Text: Simon Kohler Fotos: Peter Walker

Über den Autor

Simon Kohler

Simon liebt Geschwindigkeit. Als Downhill Skater ist er lange Zeit Rennen gefahren und mit seinem Longboard Alpenpässe runtergeknallt. Inzwischen hat er vier gegen zwei Reifen eingetauscht und heizt jetzt mit seinem Mountainbike auf Trails und Bikepark Lines. Bei verschiedensten Roadtrips durch die Alpen hat er seither einige der feinsten Trails Europas ausgekostet. Da er einige Zeit in Österreich gelebt hat, kennt er zudem die lokalen Bikeparks wie seine Westentasche. Durch sein Ingenieurstudium und seine Liebe zum Detail ist er ein echter Technik-Nerd und testet jetzt als Redakteur die aktuellsten Bikes und Parts auf Herz und Nieren. Als Frühaufsteher und selbsterklärter Müsli-Connaisseur lebt er sein Leben frei nach dem Motto „Powered by Oats. And also Legs.“