Kann ein E-Bike das beste Trail-Bike 2024 werden? Das Mondraker Neat RR SL ist eins von vier E-Bike-Anwärtern im großen Trail-Bike-Vergleichstest. Befeuert wird es als einziger Vertreter vom leichten TQ-HPR-50-Motor. Hat es mit dem Bonus von 50 Nm Drehmoment und 160/150 mm Federweg Chancen auf den Thron oder macht ihm die Ausstattung einen Strich durch die Rechnung?

Mondraker Neat RR SL | TQ-HPR 50/360 Wh | 160/150 mm (v/h)
18,3 kg in Größe L | 11.999 € | Hersteller-Website

Mondraker spielt mit dem Neat Verstecken auf höchstem Niveau. Spuren von einem E-Motor zur Unterstützung sind hier Fehlanzeige. Der schlanke TQ-HPR-50-Motor verschwindet fast unsichtbar hinter der Kurbel – achtet man nicht auf die kleine Lenkerremote und den Ladeport, fällt nichts Ungewöhnliches auf. Die Proportionen am Mondraker sind so schlank wie an manch analogem Konkurrenten und mit 160/150 mm Federweg bringt das Neat 18,3 kg auf die Waage. Die Kilos hat es aber gut kaschiert. Gepaart mit der hochwertigen und auf Gewicht getrimmten Ausstattung kommt es auf einen Preis von 11.999 € und gehört damit zu den drei teuersten Bikes im Test.

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Trail-Bike 2024 – Die 15 spannendsten Bikes im großen Vergleichstest

Das Mondraker Neat RR SL 2023 im Detail

Trotz des E-Motors hat das Mondraker Neat RR SL einen sehr cleanen Look und die typische Fast Forward-Geometrie, die schon im Stand schnell wirkt. Alle Züge und Leitungen verlegt Mondraker durch den Steuersatz, wodurch eines der cleansten Cockpits im Test entsteht – obwohl es ein E-Bike mit zusätzlicher kabelgebundener Remote ist. Dazu tragen auch die SRAM Level Ultimate Stealth-Bremsen bei, die sehr nah am Lenker verlaufen, ohne dass die Kabel einen weiten Bogen gehen müssen. Downer: Selbstschraubern wird mit den vollintegrierten Leitungen das Leben schwer gemacht. Flaschenhalter-Optionen bietet das Mondraker gleich zwei: eine am Unter- und eine am Oberrohr. Alternativ lässt sich auch noch einen Range-Extender und zusätzlich noch eine Trinkflasche anbringen, wenn man Reichweiten-Angst oder eine besonders lange Tour geplant hat. Das funktioniert über alle Rahmengrößen hinweg – top! Die Anschraubpunkte wurden so weit in den Rahmen versenkt, dass ein FIDLOCK-Halter mit dem Rahmen bündig abschließt. Alternativ kann aber auch jeder andere Trinkflaschenhalter verwendet werden. Für Ruhe im Kettenbereich sorgt der umfangreiche Kettenstrebenschutz, der alle relevanten Stellen abdeckt und Kettenklappern vollständig unterdrückt. Zum Schutz des Dämpfers gibt es noch einen kleinen Fender, der Dreckbeschuss verhindert.

Die Ausstattung des Mondraker Neat RR SL 2023

Das Fahrwerk am Mondraker besteht, wie bei drei Viertel der getesteten Bikes, aus einer FOX 36 Factory-Federgabel mit der GRIP2-Kartusche, die super diverse Einstellmöglichkeiten bietet. Am Heck arbeitet ein FOX FLOAT X Factory-Dämpfer mit einem Twin-Link-Hinterbau mit zwei Wippen und einem virtuellen Drehpunkt und erzeugt so 150 mm Federweg. Wie der Name schon vermuten lässt, bietet der TQ-HPR-50-Motor 50 Nm Drehmoment. Der Akku mit 360-Wh-Kapazität kann um einen 160-W- Range-Extender erweitert werden. Nützliche Infos, wie Restreichweite oder Ladestand in Prozent, zeigt das TQ LED-Display auf dem Schwarz-Weiß Screen. Es ist samt Ein-Schalter unauffällig ins Oberrohr eingelassen. Gemeinsam mit der kleinen Remote links am Lenker sorgt das für E-Bike-Understatement. Die verdammt schnelle, aber etwas kurze Reverb AXS-Dropperpost mit 170 mm Hub kommt von RockShox und funktioniert ebenso wie die SRAM X0 Eagle Transmission-Schaltung elektronisch. Dank der kleinen Taster am Lenker ist kaum Daumenkraft notwendig, zudem leistet die Gangschaltung auch unter Volllast des Motors butterweiche Schaltvorgänge. Ein Bike, das schnell gefahren werden will, sollte auch stark verzögern können. Das kann man von den Bremsen am Mondraker allerdings nicht erwarten. Die SRAM Level Ultimate Stealth-Bremsen sind eigentlich für den Cross-Country-Einsatz entwickelt worden und brauchen die Fingerkraft eines Profi-Kletterers, um euch zum Stehen zu bringen. Bei langen steilen Abfahrten neigen sie noch dazu zu Bremsfading. Immerhin: Die einzige unterdimensionierte Bremse im Test kommt mit hitzebeständigen SRAM HS2-Bremsscheiben in 200 mm Durchmesser vorn und hinten. Lenker und Vorbau stammen aus der KRYPTON-Serie von ONOFF Components, der Komponenten-Tochter von Mondraker. Der Carbon-Lenker ist 800 mm breit und der Vorbau nur 30 mm lang, um ins Fast Forward-Geometrie-Konzept der Spanier zu passen. Die verbauten E-Crossmax-Laufräder aus Carbon kommen von Mavic. Kombiniert werden die Laufräder mit Minion DHF-Reifen von MAXXIS vorn und Minion DHR II hinten. Beide kommen inder härteren MaxxTerra-Gummimischung und mit einer EXO+ Karkasse. Am Vorderrad würde sich ein Upgrade auf die weichere MaxxGrip-Gummimischung für mehr Kurvengrip lohnen.

Verpasst man die Linie, wird’s auf dem Mondraker Neat RR SL schnell zum Ritt auf der Kanonenkugel.

Spaßbremsen
Die Bremsen werden dem Tempo, das das Mondraker Neat verlangt, nicht annähernd gerecht. Hier ist Nachrüsten angesagt.
Wo isser denn?
Der unauffällige TQ-Motor versteckt sich fast erfolgreich hinter der Kurbel. Integration: Top!
In too deep
Der Dämpfer ist tief im Rahmen verbaut und wird von einem kleinen Mudguard vor Dreckbeschuss bewahrt.
Ungefiltert
Die Laufräder und der Lenker aus steifem Carbon tragen zum sehr direkten Fahrverhalten des Mondrakers bei.
Heimwerkerdebakel
Das Cockpit gehört mit den Stealth-Bremsen und der internen Zugverlegung zu einem der cleansten im gesamten Testfeld – zum Selbstschrauben ist es aber kaum geeignet.

Mondraker Neat RR SL

11.999 €

Specifications

Motor TQ-HPR 50 50 Nm
Battery TQ HPR Battery V01 360 Wh
Display TQ 0-LED
Fork FOX 36 GRIP2 Factory 160 mm
Rear Shock FOX FLOAT X Factory 150 mm
Seatpost RockShox Reverb AXS 170 mm
Brakes SRAM Level Ultimate Stealth 200/200 mm
Drivetrain SRAM X0 Eagle Transmission 1x12
Stem ONOFF KRYPTON FG 30 mm
Handlebar ONOFF KRYPTON Carbon 800 mm
Wheelset Mavic E-Crossmax Carbon 29"
Tires MAXXIS Minion DHF, EXO+, MaxxTerra/MAXXIS Minion DHR II, EXO+, MaxxTerra 2,5"/2,4"

Technical Data

Size S M L XL
Weight 18,3 kg

Specific Features

E-Bike
Toolmount

Tuning-Tipp: neue Bremsanlage, angemessen zum Einsatzzweck des Bikes

Helm POC Kortal | Brille Delayon Line Tracer | Shirt 7Mesh Roam Shirt LS
Hose 7Mesh Glidepath | Schuhe Northwave Overland Plus | Socken Stance

Die Geometrie des Mondraker Neat RR SL 2023

Das Mondraker Neat wird in vier Größen von S–XL angeboten und soll damit Fahrer mit einer Körpergröße von 1,65 m bis 1,95 m abdecken. Mondraker pflegt den Fast Forward-Geometrie-Ansatz, was so viel heißt wie: langes Bike plus kurzer Vorbau. Unser Test-Bike in Rahmengröße L hatte dementsprechend einen langen Reach von 495 mm. Die Kettenstreben sind über alle Größen hinweg 450 mm lang und wachsen nicht mit den einzelnen Rahmengrößen mit, was vor allem in den „Randgrößen“ zu einer unausgeglichenen Bike-Balance führen könnte. Geometrie-Anpassungen via Flip-Chip sind nicht möglich. Somit bleibt der Lenkwinkel beständig bei 65° und der Sitzwinkel beträgt über alle Größen hinweg 77°.

Größe S M L XL
Oberrohr 595 mm 615 mm 640 mm 660 mm
Sattelrohr 380 mm 420 mm 450 mm 490 mm
Steuerrohr 110 mm 110 mm 130 mm 140 mm
Lenkwinkel 64,5° 64,5° 64,5° 64,5°
Sitzwinkel 76,5° 76,5° 76,5° 76,5°
Kettenstrebe 450 mm 450 mm 450 mm 450 mm
Tretlagerabsenkung 25 mm 25 mm 25 mm 25 mm
Radstand 1.235 mm 1.255 mm 1.275 mm 1.295 mm
Reach 450 mm 470 mm 495 mm 515 mm
Stack 626 mm 626 mm 642 mm 650 mm

Das Mondraker Neat RR SL 2023 auf dem Trail

Bei Erstkontakt sitzt man nicht so gestreckt auf dem Bike, wie man vielleicht erwarten würde. Es herrscht eine angenehme Lastverteilung zwischen Lenker und Sattel. Das Mondraker Neat RR SL ist eindeutig das unauffälligste E-Bike im Test. Der Preis, den diese Auszeichnung kostet, bezahlt Mondraker mit einer der schwächsten Motorleistungen. Die 50 Nm Drehmoment, die der TQ-Motor sprichwörtlich auf die Kette bringt, gleichen zwar auf dem Papier dem Output des Specialized Levo SL, fühlen sich aber in der Realität noch ein wenig schwächer an. Geht es bergauf, zeigt sich das Bike antriebsneutral und traktionsstark. Das Fahrwerk harmoniert wunderbar mit dem TQ-Motor, welcher nicht unvorhersehbar oder brutal in die Unterstützung geht. Die Motorpower folgt immer gut kontrollierbar genau dem eigenen Pedaldruck. So entsteht kein unerwarteter Schlupf am Hinterrad, wie etwa bei den stärkeren Bikes mit FAZUA- und Bosch-Motoren. Eins könnt ihr euch sicher sein: Mit dem TQ-Motor kommt kein Shuttle- aber ein sehr kräftige Oberschenkel-Feeling auf. So ordnet sich das Mondraker zwischen dem stärkstem Analog-Bike Scott Genius ST und den restlichen E-Bikes ein.

Im Uphill greift der TQ-Motor im Mondraker am zurückhaltendsten von allen E-Bikes im Test unter die Arme – dafür ist das Fahrgefühl sehr natürlich.

Wechselt man die Hangseite gen Tal, bleibt das Fast Forward-Konzept der Brand aus Alicante sehr deutlich bestehen. Auf dem Mondraker geht es richtig vorwärts. Das Neat RR SL zeigt sich schnell von seiner direkten Seite. Das Fahrwerk gibt mehr Feedback vom Trail als einigen Einsteigern recht sein wird. Lenkimpulse werden vom Bike ohne zu zögern umgesetzt, ähnlich wie beim SCOTT Genius ST. Das Mondraker bleibt ständig reaktiv und will gefordert werden, wie ein junger Welpe, der seinen Spieltrieb im Park auslebt. Wird der Pilot unaufmerksam, geht das Mondraker mit einem durch – denn Fahrfehler werden nur spärlich verziehen. Das sorgt dafür, dass der Ritt auf dem Neat bei unpräziser Fahrweise schnell zum Ritt auf der Kanonenkugel wird. Deshalb sollte man als Neat-Fahrer stets konzentriert sein und genau zielen, dann wird man vom Bike mit Tempo und einer Menge Fahrspaß belohnt. Zu dem direkten Fahrverhalten tragen beim Mondraker Lenker und Laufräder aus steifem Carbon maßgeblich bei. Präzise Linienwahl und aktives Ziehen und Pushen über Wellen sind auf dem Neat ausdrücklich erwünscht. Auch schnelle Kurvenwechsel – egal ob eng oder weitläufig – gehen mit dem Neat besonders leicht von der Hand. Die Agilität liegt auf einem Level mit dem E-Bike-Kollegen Santa Cruz Heckler SL oder dem analogen Trek Fuel EX im Testfeld. Und am Ende eines langen Trail-Tages ist man – dank E-Motor-Unterstützung – nicht mal so erschöpft wie der junge, vierbeinige Welpe nach einem ganzen Tag austoben im Park.

Für wen ist das Mondraker Neat RR SL 2023?

Das Mondraker Neat spricht versierte Fahrer an, die mit dem Bike richtig schnell werden können. Auch wenn das Bike innerhalb unseres Testfelds anspruchsvoll zu fahren ist, verhält es sich gutmütiger als die meisten Mondraker-Modelle, die wir bisher im Test hatten. Außerdem ist das Bike als Light-E-Mountainbike-Ersatz zum Bio-Bike denkbar, um an seinen besonders fitten Kumpels dranbleiben zu können. Zudem richtet sich das Neat direkt an Design-Liebhaber, die am liebsten mit Style unterwegs sind und das Bike während der Off-Season gerne mal auf einem Podest im Wohnzimmer ausstellen.

FAHREIGENSCHAFTEN

UPHILL

  1. schwerfällig
  2. effizient

AGILITÄT

  1. träge
  2. verspielt

LAUFRUHE

  1. nervös
  2. laufruhig

HANDLING

  1. fordernd
  2. gutmütig

FAHRWERK

  1. unsensibel
  2. feinfühlig

FAHRSPAß

  1. langweilig
  2. lebendig

PREIS-LEISTUNG

  1. schlecht
  2. sehr gut

EINSATZBEREICH

Cross Country

Trail

Enduro

Downhill

Das Fazit zum Mondraker Neat RR SL 2023

Emoción-Spaßmaschine für Erfahrene? Das Mondraker Neat RR SL ist das Baller-E-Bike auf Liniensuche. Optimiert man seine Linienwahl, wird man mit dem Mondraker garantiert zum Schnellsten auf dem Hometrail. Fest steht: Das Bike passt durch die hohe Agilität auch mit Motor ideal in unsere Trail-Bike-Kategorie und belohnt erfahrene Piloten mit ordentlich Spaß und einer Menge Feedback. Damit landet das Mondraker Neat RR SL im gehobenen Mittelfeld des Tests.

Tops

  • sehr direktes Bike, das viel Feedback vermittelt
  • unauffällige und cleane E-Bike-Optik
  • TQ-Motor passt perfekt ins Trail-Bike-Konzept

Flops

  • unterdimensionierte Bremsen kosten Sicherheitsgefühl
  • forderndes Handling für unerfahrene Piloten

Mehr Informationen findet ihr unter mondraker.com

Das Testfeld

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Text: Julian Schwede Fotos: Peter Walker

Über den Autor

Julian Schwede

Juli ist es gewohnt, mit großen Kalibern umzugehen. Er schraubt nicht nur gerne an seinem Bike, sondern hat nach seiner Ausbildung zum KFZ-Mechatroniker an der Königsklasse der Kraftfahrzeuge – Omnibussen – getüftelt und gewerkelt. Als ihm die Entwicklung auf Elektroantriebe im Großformat zu langsam ging, hat er technische BWL studiert und nebenher Tische aus Carbon gebaut. Während sein Dirtbike aus dicken Alu Rohren geschweißt ist, besteht sein Fully ebenfalls aus den schwarzen Fasern und hat ihn schon auf einige Gipfel gebracht. Doch auch angeseilt erklimmt er Berge gern über Klettersteige oder senkrecht an der Wand. Mittlerweile fährt er statt seinem eigenen Bike fast nur noch Bikes aus dem Office-Keller und testet sie auf Leib und Lenker. Neben Bike Reviews kümmert Juli sich auch um das tägliche Newsgeschäft und bezeichnet sich selbst als rasenden Reporter “Carlos Columbus”.